Thondras Kinder - Am Ende der Zeit
lächelte. »Diesmal soll es anders sein.«
Rudgarr suchte noch immer nach Worten. Doch der Elfenkönig deutete entschieden in Richtung Tirman’oc. »Du musst jetzt gehen. Nimm mein Pferd und reite schnell. Ich werde deinem Sohn das Leben zurückgeben.«
»Aber …«, setzte Rudgarr an, doch Thalien pfiff nach seinem silbernen Hengst und half dem Steppenmann mit sanfter Gewalt hinauf. Dann redete er in seiner Sprache mit dem Pferd, sodass es den Hügel hinabstürmte.
Anschließend kniete sich Thalien neben Rijana, die ihn gar nicht wahrzunehmen schien. Er nahm ihre Hand und erklärte, was er vorhatte.
»Du kannst ihn zurückholen?«
Thalien nickte. »Mit deiner Hilfe und deiner Liebe. Wenn Ariac aufgewacht ist, werde ich nur noch kurze Zeit leben. Versucht nicht, mich zu retten, und reitet, so schnell ihr könnt, nach Tirman’oc.« Er lächelte. »Und sag Elli’vin, Bali’an, Tja’ris und den anderen, dass ich sie liebe und dass es meine freie Entscheidung war.«
Unentschlossen blickte Rijana auf Ariac, der leblos in ihren Armen lag, und dann auf den König vom Mondfluss.
»Aber du kannst doch nicht … würdest du wirklich … Thalien …«
Er streichelte über ihre Wange. »Auch Elfen werden eines Tages wiedergeboren. Hab keine Angst, wir werden uns wiedersehen.«
Rijanas Stimme zitterte, als sie Ariacs kalte Hand streichelte und den König vom Mondfluss hoffnungsvoll und ängstlich zugleich ansah. »Du bringst ihn mir zurück?«
Thalien nickte, nahm Rijanas und Ariacs Hände in seine und begann, den mächtigsten aller elfischen Zauber zu sprechen. Währenddessen stieg das Wasser immer weiter an, und die Erde bebte. Blitze zuckten durch den nachtschwarzen Himmel und beleuchteten Thaliens, Ariacs und Rijanas Gesichter.
Rijana konnte sich später an nichts mehr erinnern, nur, dass Ariac plötzlich hustete, sich bewegte und zögernd die Augen aufschlug. Sie weinte und lachte gleichzeitig und drückte ihn fassungslos an sich. Thalien dagegen schien um Jahre gealtert zu sein. Sein glattes Gesicht wirkte erschöpft und zerbrechlich.
»Geht jetzt und beeilt euch.«
Obwohl sie wusste, was er gesagt hatte, zögerte Rijana, sie wollte Thalien nicht zurücklassen. Doch als sie ihn ein letztes Mal umarmte, wusste sie, dass es sein musste.
Rijana half Ariac auf.
»Kannst du reiten?«
Er wirkte noch immer verwirrt, blickte auf den toten Scurr, dann auf die Wunde in seiner Brust. »Ich denke schon«, keuchte er und hielt sich schwankend an Nawárrs Sattel fest.
Rijana half ihm hinauf, dann drehte sie sich zu Thalien um, der auf dem Hügel kauerte und ihr beruhigend zulächelte.
»Du brauchst mir nicht zu danken. Werdet glücklich!« Er hob seine Hand, dann umhüllte ihn der Nebel.
»Was ist mit Thalien?«, fragte Ariac, der sich seltsam benommen fühlte und die Welt um sich herum wie durch einen Schleier wahrnahm.
Rijana hatte Tränen in den Augen, doch dann drückte sie seine Hand. »Es ist schon gut. Komm, wir müssen fort von hier.« Sie galoppierte mit Lenya an, und Nawárr folgte ihr wie ein Schatten. Das Wasser war bereits mehr als fesselhoch, und die gewaltigen Wellen kamen bedrohlich näher.
Rijana stürmte auf Lenya voran und warf immer wieder
besorgte Blicke nach hinten. Doch wie es aussah, konnte sich Ariac im Sattel halten.
Nur durch das Licht der Blitze konnte Rijana erkennen, wohin sie ritt. Das Wasser stieg immer weiter und verlangsamte den rasenden Galopp von Lenya und Nawárr. Leichen schwammen im Wasser, aber Rijana versuchte, sie zu ignorieren. Ihr einziges Ziel war der bewaldete Hügel von Tirman’oc, dort wären sie in Sicherheit, aber dieser schien noch unendlich weit entfernt zu sein.
Sie hielt ihre Stute zurück und blickte besorgt auf Ariac, der vornübergebeugt auf seinem Hengst saß und sich am Sattel festhielt. Von dem Inferno, das um sie herum tobte, schien er gar nichts mitzubekommen.
»Es ist nicht mehr weit«, sagte Rijana beruhigend und legte ihre Hand auf seine.
»Wo bin ich eigentlich?«
»Du musst noch kurz durchhalten. Wir müssen weiter.«
Wasser umspülte die Beine der Pferde und machte sie unruhig.
»Ariac, nicht einschlafen«, drängte Rijana und schüttelte ihn.
Schließlich hob er den Kopf und nickte.
Nawárr und Lenya trabten tapfer durch das steigende Wasser, während ununterbrochen Blitze vom Himmel zuckten und ein heftiger Regen auf sie niederging.
Falkann war einer der Letzten, der auf dem Hügel von Tirman’oc ankam. Seine Freunde
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