Thondras Kinder - Am Ende der Zeit
…«
»Doch«, sagte Falkann ernst. »Mich haben sie auch vor dem Erfrieren gerettet.« Er verzog das Gesicht. »Und ich glaube, ich war wirklich halb erfroren.«
Brogan gab schließlich seine Zustimmung. »Gut, ich glaube, das könnte gehen. Aber Tovion und Nelja, seid vorsichtig! Und falls ihr in Schwierigkeiten geratet, dann schickt einen Falken.«
Nelja nickte, flüsterte ihrem Falken etwas zu, woraufhin er auf Brogans Arm flatterte.
»Wir passen auf«, versicherte sie lächelnd.
Also ritten die beiden an diesem Morgen mit ihren Pferden los. Dick eingepackt, mit ausreichend Proviant versorgt und in die Elfenmäntel gehüllt, ritten sie nach Norden. Die Umhänge hielten zwar so warm wie nichts anderes, aber ihre Gesichter, Hände und Füße blieben ungeschützt und froren fast ein. Mehr als einmal bereuten die beiden es in den nächsten Tagen, die Höhle verlassen zu haben.
Gronsdale war ein wildes Land mit tiefen Schluchten und wenigen Schutz bietenden Bäumen. Die vereinzelten Wälder waren zudem von wilden Tieren besiedelt. Nicht selten sahen Tovion und Nelja ausgehungerte Bären und Wölfe, die sich ihnen gefährlich näherten. Zum Glück waren ihre Pferde schnell und wachsam und warnten sie rechtzeitig, wenn Gefahr drohte.
Dann endlich erblickte Tovion die kleine Schmiede mit der angebauten Holzhütte, aus deren Kamin Rauch aufstieg.
»Wir sind da«, murmelte er mit halb erfrorenen Lippen.
Nelja, die zusammengekauert auf ihrem Pferd saß, nickte erleichtert.
Beide sprangen auf die Erde und banden ihre Pferde an einem Balken vor dem Haus an. Dann nahm Tovion Nelja an der Hand und klopfte an die hölzerne Tür.
Ein kräftiger Mann, der die Hälfte seines Lebens schon überschritten hatte, öffnete und betrachtete die beiden vermummten Gestalten misstrauisch.
»Was wollt Ihr?«
»Ich bin es, Vater«, nuschelte Tovion.
Lonrinn hielt für einen Augenblick vollkommen fassungslos inne und konnte es auch noch nicht glauben, als Tovion seine Kapuze abgenommen hatte und sich das Tuch vom Gesicht wickelte.
»Falls es dir nicht allzu viel ausmacht, würden wir gern hereinkommen«, sagte er mit blaugefrorenen Lippen und einem etwas angespannten Grinsen.
»Du liebe Güte, natürlich«, rief Lonrinn, der sich wieder gefasst hatte und seinen Sohn und Nelja hereinzog. Auch Nelja schälte sich nun aus ihrem Mantel. Der Schmied blickte sie überrascht an.
»Das«, sagte Tovion stolz, »ist meine Gefährtin. Sie heißt Nelja und ist eine Zauberin.«
»Eine Zauberin?«, flüsterte Lonrinn entgeistert und zog die Hand wieder zurück, die er ihr gerade freudig entgegengestreckt hatte.
Nelja lächelte jedoch ihr warmes Lächeln, dem niemand widerstehen konnte, und sagte: »Keine Angst, selbst wenn ich wollte, könnte ich Euch nicht in einen Stein verwandeln, so etwas machen nur Zauberer in Märchen.«
Auf Lonrinns Gesicht zeichnete sich ein unsicheres Grinsen ab. Nur zögerlich kam er auf Nelja zu und umarmte sie vorsichtig.
»Auf jeden Fall hat sich mein Sohn ein sehr hübsches Mädchen ausgesucht«, sagte er und blickte noch immer ungläubig auf Tovion und Nelja.
Nelja musterte Lonrinn ebenfalls neugierig, stellte aber schnell fest, dass Tovion ihm überhaupt nicht ähnlich sah. Lonrinn war groß, kräftig, mit borstigen grauen Haaren und einem wilden Bart. Tovion dagegen war schlank, eher feingliedrig und hatte dünne hellbraune Haare und ein glattrasiertes Gesicht, das immer ein wenig verträumt wirkte.
»Er geht mehr nach seiner Mutter«, erklärte Lonrinn schmunzelnd, der Neljas Blick gesehen hatte.
Nelja errötete ein wenig, aber Lonrinn winkte ab. »Ich habe mich an die dummen Sprüche der Bauern gewöhnt. Sie sagen alle, meine Frau hätte mich sicher mit einem Lord betrogen.« Er grinste verhalten. »Vor allem, seitdem bekannt wurde, dass Tovion nach Camasann gegangen ist.«
Dann brachte er den beiden heißen Wein, Brot und geräuchertes Fleisch. Als sie ein wenig aufgetaut waren, trug Tovion
seinem Vater seine Bitte vor. Der hörte ungläubig zu. Er konnte gar nicht fassen, was sein Sohn ihm erzählte. Lonrinn war ein einfacher Mann, der von Politik und Intrigen nichts verstand. Er verließ sich auf seine Handwerkskunst und galt als einer der besten Schmiede.
Einige Zeit dachte er nach und schüttelte immer wieder skeptisch den Kopf. »Ich kann noch immer nicht glauben, dass mein Sohn einer der Sieben ist.«
Tovion zuckte verlegen die Achseln. Er wusste, dass sein Vater es lieber gesehen
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