Thondras Kinder - Roberts, A: Thondras Kinder
schließlich so vorsichtig wie möglich auf die Arme nahm und durch den neu entstandenen Felsspalt trug, in der Hoffnung, einen Ausgang zu finden. Ariac schnaufte heftig. Rijana war nicht sehr schwer, aber auf Dauer strengte ihr Gewicht ihn doch an. Außerdem hatte er selbst Schmerzen. Er musste einen besseren Ort finden. Endlich, als es schon dämmerte, konnte er das Ende des Felsspalts sehen. Das einzige Hindernis, das er noch überwinden musste, war ein steiler Abhang. Allerdings würde er das mit Rijana auf dem Arm wohl kaum schaffen. Erschöpft ließ Ariac sich und Rijana zu Boden sinken. Dann wickelte er sie in seinen Umhang und lehnte sich an den Fels. Er wusste nicht weiter, sie hatten nicht einmal etwas zu trinken.
Am Morgen begann es leicht zu regnen. Ariac wurde von den Tropfen auf seinem Gesicht geweckt. Rijana lag bewegungslos in seinen Armen. Er beugte sich ängstlich über sie. Zu seiner Erleichterung atmete sie. Mit schmerzverzerrtem Gesicht richtete er sich auf und blickte sich um. Es gab keinen anderen Weg als den Abhang hinauf. Erneut versuchte er Rijana zu wecken, aber sie reagierte nicht. Anschließend schnallte er ihr den Schwertgurt ab und legte ihn sich selbst an. Dann nahm er sie erneut auf die Arme und bemühte sich, den Abhang hinaufzustolpern. Auf der Hälfte konnte er nicht
mehr, sodass er Rijana heftig atmend hinuntergleiten ließ. Erschöpft setzte er sich auf das Geröll. Doch dann begann sie leise zu stöhnen und ihre Augen zu öffnen. Ariac richtete sich wieder auf und nahm ihre Hand.
»Rijana, endlich«, rief er erleichtert.
Sie blinzelte und verzog das Gesicht, dann drohten ihr die Augen wieder zuzufallen.
Ariac klatschte ihr leicht gegen die Wange. »Nicht einschlafen, bitte wach auf.«
»Was ist denn«, murmelte sie.
»Rijana, wie geht es dir? Was tut dir weh?«, fragte er besorgt.
Sie hob mühsam die Augenlider. »Weiß nicht«, murmelte sie. »Wo sind wir? Wo sind denn Saliah und die anderen?«
»Was?«, fragte er erschrocken und richtete sie vorsichtig auf, woraufhin Rijana stöhnte.
»Entschuldige«, sagte er und nahm sie vorsichtig in den Arm. »Kannst du aufstehen? Wir müssen den Berg hinauf.«
Rijana blinzelte erneut verwirrt und nickte dann. Langsam und unsicher kam sie auf die Füße. Sie konnte kaum stehen, und um sie herum drehte sich alles, aber sie biss die Zähne zusammen. Ariac stützte sie und schob sie den steinigen Abhang hinauf. Endlich hatten sie eine mit Gras überzogene Ebene erreicht. Rijana lächelte ihn noch einmal an, aber dann knickten ihr die Beine weg, und sie verlor das Bewusstsein. Ariac fing sie erschrocken auf und drückte sie an sich. Er hatte keine Ahnung, wo sie sich jetzt befanden oder was aus ihren Pferden geworden war. Schließlich hob er Rijana auf und trug sie in die Richtung des nächsten Waldes, um Schutz zu finden. Es regnete immer stärker, und bald mischten sich Schneeflocken unter die Tropfen. Als er endlich den Waldrand erreicht hatte, war er zu Tode erschöpft und vollkommen durchgeweicht. Er legte Rijana unter einen Baum und deckte sie mit seinem Umhang zu. In der Nähe plätscherte
ein kleiner Bach. Ariac brach ein Stück Rinde von einem dicken Baum ab und rannte zum Bach. Dann schöpfte er Wasser und hielt es Rijana an die Lippen.
»Bitte trink das«, sagte er verzweifelt, aber sie schluckte nur reflexartig und wachte nicht auf. Ariac ging selbst zum Bach, um zu trinken, dann ließ er sich zitternd neben sie sinken. Nach einiger Zeit begann es heftiger zu schneien. Ariac erhob sich steifgefroren, legte sich seinen Umhang über und hob Rijana auf. Er musste einen besseren Unterschlupf finden, sonst würden sie beide erfrieren. Außerdem brauchte er Kräuter. Allerdings wusste er selbst, dass er keine Ahnung davon hatte, welche Heilkräuter in Errindale wuchsen. Er kannte nur die wenigen, die in Ursann und in der Steppe zu finden waren, aber darum kümmerte er sich später. Zunächst würde er einen trockenen Platz suchen.
Ariac war den Tränen nahe, als er in der einbrechenden Dunkelheit noch immer nichts gefunden hatte. Rijana war nicht wieder aufgewacht, und er selbst konnte kaum noch weiter.
Als er dann eine kleine Holzhütte erblickte, aus deren Kamin Rauch aufstieg, glaubte er schon zu halluzinieren, rannte aber dann mit letzter Kraft darauf zu und klopfte mit einer Hand heftig an die Tür.
Eine verängstigte Frau mittleren Alters öffnete. Sie hatte grau durchzogene Haare, die zu einem Knoten aufgesteckt
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