Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thorn - Die letzte Rose

Thorn - Die letzte Rose

Titel: Thorn - Die letzte Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kastenholz
Vom Netzwerk:
musste.
    Ausgenommen vielleicht einige Beamte, denen beim Anblick, der sich ihnen geboten hatte, schlecht geworden war.
    Nicht nur das bemerkte Thorn, sondern auch vier Leichenwagen: dunkle Kombi-Limousinen, dicht nebeneinander am Straßenrand geparkt. Die Fahrer in ihren schwarzen Anzügen lungerten beieinander, aßen belegte Brote und tranken dazu lauwarmen Kaffee aus Thermokannen. Sie rauchten und scherzten, für sie war der Umgang mit dem Tod Alltag. Deckel zu und auf Nimmerwiedersehen. Ein Job wie jeder andere, mit dem man seine Brötchen und zwei Mallorca-Urlaube pro Jahr verdiente.
    Was Thorn jedoch fast erdrückte, als wolle der düstere Herbsthimmel auf sie hinabstürzen, war das Wissen um die Geschehnisse der zurückliegenden Nacht. Jene Aura des Bösen, die von hier ausging und über allem lastete. Sie war immens, fast greifbar. Jedenfalls kam es ihr so vor.
    Die Hände tief in den Taschen ihres Trenchcoats verborgen ging sie weiter. Außer der Pistole war sie unbewaffnet, die Schwerter hatte sie im Wagen zurückgelassen. Nicht jeder musste sich sofort fragen, aus welchem Zoo sie entlaufen war. Mit ihrem weißen, schulterlangen Haar und dem schwarzen Hosenanzug samt Stiefel, die sie trug, fiel sie hier ohnehin mehr auf, als ihr lieb war. Außerdem bestand hier keine Gefahr; der Sensenmann war bereits hier gewesen, um reiche Ernte zu halten.
    „Sind Sie Tatjana Thorn?“
    Als sie von irgendwoher ihren Namen hörte, blieb sie stehen und wandte sich dorthin um. Ihr Blick suchte nach demjenigen, der sie gerufen hatte und entdeckte einen jungen Mann, etwa in ihrem Alter, der mit eiligen Schritten auf sie zukam. Er trug einen grauen Anzug, die Füße steckten in Slippern, und das kurze, blonde Haar wurde auf der Stirn allmählich schütter. Hinter der wuchtigen Hornbrille blitzten zwei wasserblaue Augen. Er wirkte ohnehin sehr unauffällig. Einer, der sich bevorzugt im Hintergrund hielt. Genau wie sein Anzug: Eine graue Maus.
    „Hendrik Urbanski“, stellte er sich vor, als er sie erreicht hatte und hielt ihr auffordernd die Hand hin - so freundlich, dass er wahrscheinlich selbst Luzifer zum Grinsen gebracht hätte.
    Nicht so Thorn; ihre Stimmung streifte in den düstersten Kammern der Depression umher; nichts und niemand konnte sie aufheitern.
    Grimmig verwehrte sie ihm den Händedruck und ließ ihre behandschuhten Fäuste stattdessen in den Manteltaschen.
    „Sie sind ...?“ Thorn musterte ihn sorgfältig von Kopf bis Fuß. Er war ein Schreibtischtäter, eindeutig. Wirklich eine graue Maus.
    „Hendrik Urbanski“, stellte er sich erneut vor und ließ sich nicht anmerken, ob er beleidigt war, während er seine Rechte zurückzog.
    „Ja, ja, das sagten Sie bereits. Aber ...“
    „LKA, Landeskriminalamt. Ich …“ Seine Stimme wurde leiser, fast verschwörerisch. So als befürchtete er, andernfalls könne jemand mithören, der nicht dafür bestimmt war. „Ich bin über die ROSE eingeweiht. Um ehrlich zu sein, eigentlich arbeite ich sogar hauptsächlich für die ROSE.“ Er versuchte ein etwas verlegenes Lächeln, das ihm gründlich misslang. Er war fürchterlich aufgeregt. „Für … den Prokurator.“
    So war das also! Urbanski sollte den wahren Tathergang verschleiern und damit sicher stellen, dass niemand in der Öffentlichkeit dieses Massaker mit Vampiren in Zusammenhang brachte. Nicht, dass es jemand getan hätte. Vampire waren eine Erfindung von kranken Geistern mit zu viel noch kränkerer Phantasie. Trotzdem … unangenehmen Fragen beugte man besser rechtzeitig vor. Nicht dass es für plausible Antworten irgendwann zu spät geworden war.
    „Dann haben Sie mir die Mail geschickt?“, wollte sie wissen.
    „Ja, das war ich“, nickte er diensteifrig und setzte sich zaghaft in Bewegung, auf das Einfamilienhaus vor ihnen zu. Thorn folgte ihm, obwohl alles in ihr danach schrie, wegzurennen, als seien ihr Satans Horden dicht auf den Fersen.
    „Es kam zu einem ... Überfall?“
    „Weiß der Geier, woher die verdammten Blutsauger von Mrs. Sinclair erfahren haben“, meinte er. „Dabei haben wir extra drei Bodyguards für sie abgestellt.“
    „Ritter oder Knappen?“
    „Weder noch. Männer, die ...“ Urbanski schluckte hart. „ ... die es noch nicht zum Knappen geschafft haben.“
    Thorn rollte vielsagend die Augen.
    Aber die gut genug waren, um jemanden zu ‚beschützen‘ und selbst dabei umgebracht zu werden.
    Die Indizien sowie die Aussagen der Nachbarn sprachen laut Urbanski dafür, dass etwa

Weitere Kostenlose Bücher