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Thorn - Die letzte Rose

Thorn - Die letzte Rose

Titel: Thorn - Die letzte Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kastenholz
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gegen Mitternacht einige Personen in das Einfamilienhaus eingedrungen waren. Es mussten mehrere sein, die drei Wachen im Parterre hatten nicht die geringste Chance gegen sie, waren ermordet worden, noch bevor die imstande gewesen waren, zu reagieren. Nicht einmal die Waffen hatten sie ziehen können; der Tod war blitzschnell über sie gekommen. Wie ein jäher Albtraum.
    Damit war die Mordlust der Angreifer jedoch längst nicht gestillt, sie wollten mehr. Viel mehr! Danach hatten sie offenbar systematisch sämtliche Zimmer des Gebäudes durchsucht und waren dabei fündig geworden: Steffen Hellersdorff, Susanna Sinclairs Lebensgefährte, war ihnen ebenso zum Opfer gefallen wie der Hund. Kein Schoßhündchen, kein getrimmter Pudel aus dem Salon, sondern ein Husky, der sich normalerweise seiner Haut zu erwehren wusste. Vergebens. Sie alle waren auf dieselbe Weise gestorben, man hatte ihnen den Hals umgedreht, wie einem Hühnchen. Und sie waren nahezu blutleer.
    Nur von Susanna fehlte jede Spur.
    Von Susanna, die Witwe von Robert Sinclair, einem Knappen von Thorns Mentor Magnus.
    Sinclair selbst war im Kampf gegen einen Sucker-Clan gefallen. Nicht irgendeinen, sondern den, den Rotauge angeführt hatte, damals, während des Mordes an Thorns Eltern.
    Das war natürlich lange vor Thorns eigenen, aktiven Zeit gewesen. Dennoch fühlte sie sich auf eine Weise, die kaum in Worte zu fassen war, verantwortlich dafür.
    Susannas klaffende Wunden des Verlusts waren zwar tief gewesen, von den Schmerzen in ihrer zerrissenen Seele ganz zu schweigen, doch irgendwann waren sie zu Narben geworden. Nicht verheilt. Narben hatten es so an sich, ihren Trägern vorzugaukeln, alles sei wieder in Ordnung. Doch seelische Narben neigten dazu, bei der erstbesten Gelegenheit wieder aufzubrechen und dann mehr zu schmerzen als jemals zuvor.
    Susanna hatte hier im Markgräfler Land, im südwestlichsten Zipfel Deutschlands, zusammen mit Hellersdorff ein neues Glück gefunden. Aber allein durch ihre Heirat mit Sinclair war sie ins Fadenkreuz eines jeden Vampirs gerückt, dem es ein diebisches Vergnügen bereitete, es der ROSE heimzuzahlen. Allerdings waren bislang nie Anschläge auf sie verübt worden. Offenbar war der Prokurator der ROSE deshalb davon ausgegangen, die Vampire hätten Susanna vergessen oder aus den Augen verloren, und es reiche, ihr prophylaktisch drei Wachen zuzuteilen.
    Wunschdenken, das sich nun gerächt hatte ...
    Langsam schlenderte Thorn die beiden Stufen zur Haustür hoch und fühlte sich, als laste sämtliches Leid der Welt allein auf ihren Schultern. Mehrfach war sie hier zu Besuch gewesen, wann immer sie in der Gegend gewesen war, hatte sie die Gelegenheit zu einer Stippvisite genutzt. Manchmal stundenlang hatten sie und Susanna zusammen gesessen und geplaudert, bei Elsässer Gugelhupf oder Käse und einem Glas Spätburgunder Rotwein. Beide waren so verschieden und doch so ähnlich. Beide hatten geliebte Menschen im Krieg verloren hatten.
    Und dann weist man ihr ausgerechnet drei Knappen-Anwärter zu ... Thorn konnte über so viel Dilettanz nur den Kopf schütteln. Nicht, dass sie den Männern Feigheit unterstellte, auch nicht Stümperhaftigkeit. Garantiert waren es hervorragende Soldaten gewesen. Gewiss hätten sie jeder Elite-Einheit zur Ehre gereicht. Um gegen Vampire zu bestehen, bedurfte es indes ein wenig mehr.
    Lange verharrte sie, erstarrt in sich selbst. In ihrem Kopf arbeitete es, während sie ihre Augen beschattete und unwillkürlich hinauf zum Malteserschloss blickte, dem ehemaligen Sitz der Malteserritter und dem Zentrum des maltesischen Fürstentums Heitersheim. Bis zur Säkularisation 1806. Heute teilten sich das Schloss Einrichtungen der Caritas sowie die Schwestern des ‚Heiligen Vinzenz von Paul‘. Im historischen Gewölbekeller befand sich das sogenannte Malteser-Museum: Für Thorn jedes Mal aufs Neue wie ein Fahrstuhl in die Vergangenheit.
    „Was sagen die Spuren?“, erkundigte sie sich bei Urbanski und versuchte das viele Blut zu ignorieren, das scheinbar überall klebte. Die Mörder mussten ein wahres Schlachtfest gefeiert haben, trotzdem fehlte mehr als genug, dass sie sich ihre Mägen vollgeschlagen hatten. „Sucker?“
    „Unwahrscheinlich“, erwiderte er. „Die Bande ist zu organisiert vorgegangen.“
    „Mhm“, knurrte sie, in Gedanken lichtjahreweit entfernt. Sucker mochten die gefährlichsten Vampire von allen sein – und zugleich die mächtigsten. Blutrünstige Bestien, mit denen man

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