Thorn - Die letzte Rose
funktionierte … Thorn hatte daran so ihre berechtigten Zweifel.
„Mit dessen Hilfe werden Sie sich ins BLUE MOON wagen können“, sprach er die Weißhaarige direkt an. „Sie können sich unerkannt dort bewegen und sich umhören.“
Wunder über Wunder! Allmählich begann der Prokurator die ROSE nicht nur zu reformieren und zu modernisieren, inzwischen dachte er sich sogar Pläne aus. Mit welchen Überraschungen würde dieser Mann noch aufwarten?
Dass er sie dabei in Gefahr brachte, war dabei das geringste Problem. Selbst wenn sein Plan aufging, würde es kein Spaziergang werden. Und wenn nicht - nun, sie hatte sich damit abgefunden! Fast ihr ganzes Leben befand sie sich nun schon in Gefahr und hatte es jedes Mal geschafft, sich irgendwie aus den haarsträubendsten Situationen herauszuhauen.
„Haben Sie Einwände?“ Seine Frage war rhetorisch; sie hatte noch niemals ein Risiko gescheut.
„Nein. Aber ...“ Sie machte eine Geste. „Wenn ich wie ein Vampir aussehe, muss ich mich dann auch von Blut ernähren?“
„Die Veränderung bezieht sich nur aufs Äußere“, schüttelte er ein wenig zu gönnerhaft den Kopf. „Das bedeutet allerdings auch, Sie verfügen nicht über die Selbstheilungskräfte eines echten Mondvampirs und auch nicht über dessen Schnelligkeit und Kraft.“
Solange sie niemanden beißen musste, war ihr das recht.
„Moment, Moment!“, erklang unerwartet aus Richtung des Kamins Widerspruch, als sich der Schweizer meldete und beider Blicke auf sich zog. „Wer behauptet denn, dass Signorina Thorn das BLUE MOON besucht? Selbstverständlich werde ich inkognito in die Bar gehen.“ Leises Kichern. „Könnte ziemlich spaßig werden, der ganzen Mischpoke eine Nase zu ziehen.“
„Sie sind Knappe ...“ Den Rest ließ Thorn unausgesprochen, doch allein ihr Tonfall ließ ihn seinen Anflug von Ritterlichkeit rasch vergessen.
Was immer sie soeben brauchte - garantiert keine Killermaschine, deren Zügel sie losließen.
Beleidigt sackten Cesaros Schultern hinab; seine Lippen schlossen sich und würden geschlossen bleiben. Jedenfalls vorerst.
„Wie lange hält die Wirkung des Amuletts an?“
„Man hat mir versichert, es besitze genügend magische Energie für mehrere Monate.“
„So lange werde ich hoffentlich nicht brauchen.“
„Auch die Gestalt, die Sie wählen, ist beliebig“, versicherte er lächelnd; er genoss es sichtlich, sie zu belehren. „Ob Mann, Frau oder auch Hund ... Sie haben die freie Auswahl. Sie müssen lediglich den kleinen Computer, der im Amulett integriert ist, mit den entsprechenden Daten speichern, am besten einem dreidimensionalen Scann.“
„Bevor Bruno im Kugelhagel umgekommen ist, sagte er, die Mondvampire würden von den Straßen verschwinden.“ Thorn bewegte dabei kaum ihre Lippen; geistig war sie lichtjahreweit entfernt und legte sich bereits einen ‚Schlachtplan’ zu Recht. „Angeblich würde jemand alle Mondvampire anheuern. Jemand, der eine große Sache plant ...“
„Sie wollen doch nicht das Aussehen eines ...“ Endlich begriff Cesaro, was sie vorhatte. Sein Mund war doch nicht so lange verschlossen, wie sie gehofft hatte, doch ein strafender Blick ließ ihn erneut verstummen.
„Ich will nicht“, versicherte Thorn. Ihre Finger strichen über die schwarze Scheide ihrer Katana, als versuche sie aus der Berührung Kraft zu schöpfen. „Ich muss!“
*
Scharf sog Thorn am darauffolgenden Abend die kühle Luft ein und stieß sie gleich darauf wieder hervor. Ihr Atem oxidierte, trieb in sämtliche Himmelrichtungen und verflüchtigte sich dann irgendwo im Nirgendwo.
Die Stadt war hell erleuchtet, vor allem zu dieser abendlichen Stunde, wenn die Nächte länger wurden und die Menschen sich weigerten, das zu akzeptieren, indem sie scheinbar jedes elektrische Licht einschalteten, das vorhanden war. Damit schienen sie die Dunkelheit vertreiben und sich am liebgewonnenen Sommer klammern zu wollen, obwohl die Temperaturen längst dagegen sprachen.
Für Thorn bedeutete der Einbruch der Dunkelheit vor allem eines: Vampire!
Nachts kamen die Blutsauger aus ihren Tagverstecken. Meist alte Bunker, die Keller leer stehender Häuser und Fabriken oder auch die eine oder andere wohnliche Gruft, wie Bruno sie bevorzugt hatte. Das waren die ‚harmlosen’, weil sie meist nicht lange genug existierten, um ernst zu nehmenden Schaden anzurichten. Die wirklich Gefährlichen hingegen hatten während ihres langen Lebens genügend Reichtümer
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