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Thorn - Die letzte Rose

Thorn - Die letzte Rose

Titel: Thorn - Die letzte Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kastenholz
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Aber ich hab es nachgeprüft - sie wurde nicht infiziert, sie wird kein Vampir. Jedenfalls noch nicht!“
    „Gott sei Dank.“ Thorn widerstand nur mühsam dem Impuls, die Freundin sofort zu befreien. „Das war die Arbeit, jetzt das Vergnügen: Heute Abend kommt Rotauge her.“
    „Hab ich gestern schon gehört. De Bors nennt ihn Adamus.“
    „Sollte uns das etwas sagen?“, knurrte die Vampirjägerin zurück. Rotauge konnte nicht so alt sein. Andererseits hätte sie auch nie und nimmer geahnt, jemals mit Ahasvers, inzwischen Verwalter der ROSE, Tee zu trinken und Kekse zu knabbern.
    „Jules ist gerade eingetroffen“, meinte sie, um das Thema zu wechseln.
    „Jules?“ Obwohl Cesaro sein Aussehen verändert hatte, war ihm deutlich anzusehen, dass er das bezweifelte. „Das kann nicht sein.“
    „Ich hab ihn eben gesehen, wie er mit de Bors irgendwelche Schweinereien ausheckt.“
    Der Knappe antwortete nicht, jedenfalls nicht verbal. Belehrend wie ein Dozent an der Uni hob er den rechten Zeigefinger, schob sich an Thorn vorbei und öffnete lautlos die Tür am Ende des Flurs. Dahinter wurde ein dunkles Loch erkennbar, das nach unten führte.
    Es war also tatsächlich der Keller. Wie sie vermutet hatte.
    Cesaro schaltete das Licht an und ging die Treppe hinab. Er bedeutete seiner Begleiterin mit einer Geste, ihm zu folgen, und Thorn tat ihm diesen Gefallen gern, obwohl sie Geheimniskrämerei nicht ausstehen konnte.
    Während sie die Tür wieder hinter sich verschloss, bemerkte sie, von der Decke baumelte eine trübe Funzel; eine schwache Glühbirne nur in einer Fassung, das Gehäuse fehlte völlig. Wenigstens mussten sie nicht darauf achten, leise zu sein, die Treppe bestand aus grobem Beton, ein hölzerner Balken diente als provisorisches Geländer. Vor vielen, vielen Jahren war er einst rot lackiert worden, doch inzwischen war die meiste Farbe längst abgesprungen.
    Es roch modrig, nach abgestandener Luft. Ein süßer Hauch von Agonie.
    Überall hafteten Spinnweben, und irgendwo hockten auch deren Inhaber auf der Lauer. Teilweise wurden die Netze nicht mehr genutzt und hingen als braune, widerwärtige Masse schlaff herab.
    Das Gebäude war nobel eingerichtet, überall strahlte es fast vor Sauberkeit. Dafür sorgte das Lamier-Personal. Der Keller war von ihnen allerdings vernachlässigt worden, machte einen verkommenen Eindruck, als habe man fast vergessen, dass er existierte. Oder de Bors züchtete in dieser Umgebung Monster-Kakerlaken von der Größe eines Schäferhunds, die sich hier gewiss pudelwohl fühlten.
    Der Kellerboden war unbetoniert, grobes Erdreich, längst erhärtet, befand sich unter dem schmutzigen Laminat, das ohne große Sorgfalt darüber geworfen worden war. Die Wände bestanden aus derb gemauertem Stein. Vor Jahren waren sie weiß verputzt worden und inzwischen fleckig gelb. Die Mauern flankierten einen schmalen Gang, offenbar war das Gebäude nicht auf der gesamten Fläche unterkellert. Rechts und links befanden sich mehrere mit Holzgittern verschlossene Räume, die ein wenig an Verschläge erinnerten. Geradeaus führte er zu einer schmalen Stiege, die in dem zweiten Ausgang, eine einfache Luke in der Decke, mündete.
    „Knappe, du gehst mir gewaltig auf den Keks“, brummte Thorn, ihr Bedarf an Rätseln war spätestens gedeckt, seitdem sie einen Nachmittag lang im geheimen Vatikanischen Archiv gestöbert hatte. „Was gibt’s hier so Tolles, dass du mich auf die Folter spannst?“
    Cesaro schien auch jetzt nicht daran zu denken, ihr reinen Wein einzuschenken. Er ging weiter und blieb dann vor dem ersten Gitter auf der linken Seite stehen.
    Das matte Glühen der Birne sorgte zwar für miserable Lichtverhältnisse, doch die genügten Thorn, um zu erkennen, dahinter befand sich Susanna Sinclair.
    Das Herz der Vampirjägerin schien schneller zu schlagen, plötzlich war ihr Mund trocken, ihre Lippen rau und spröde.
    Deutlich sah sie ihre schlanke Gestalt und das schulterlange, schwarze Haar. Bekleidet war sie mit einem gelb-weißen Nachthemd, wahrscheinlich demselben, das sie zum Zeitpunkt ihrer Entführung getragen hatte. Sie rührte sich kaum, doch ihre Brust hob und senkte sich regelmäßig. Cesaro schien mit seiner Vermutung Recht zu haben, dass man sie ‚ruhig gestellt’ hatte.
    Thorns Blick streifte das Schloss, mit dem das Zaun gesichert war. Lose hing es um die Schiene. Der Knappe hatte für die Flucht vorgearbeitet; jemand musste sich die Geisel lediglich über die Schulter werfen

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