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Thorn - Die letzte Rose

Thorn - Die letzte Rose

Titel: Thorn - Die letzte Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kastenholz
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einer Gruft zu kommen. „Leugne es meinetwegen, aber ich gehöre endgültig zu ihnen! Früher oder später werde ich den Sensei töten. Nicht um meinen Hunger zu stillen, sondern weil er der Erstbeste sein wird, den ich packen und ermorden kann.“
    „Red’ keinen Unsinn!“
    „So liegt es in meiner Natur.“
    Außer ungläubig mit dem Kopf zu schütteln, konnte Thorn nicht antworten. Was ihre Schwester da von sich gab, war hanebüchener Unsinn. Es konnte einfach nicht sein, dass Ryuki je zur Bestie wurde. Weil Thorn es nicht wollte.
    „Der Sensei sagte, wenn es dazu kommt, würde nur er die Entscheidung, mich am Leben zu lassen, bereuen. Er hat Unrecht. Du und Magnus, ihr beide werdet es auszubaden haben.“
    Thorn warf ihr einen fragenden Blick zu.
    „Wenn Takenaka-san tot ist und ich zum Monstrum geworden bin, wird es vor allem an dir liegen, mich aufzuhalten. Magnus …“ Sie blickte zu Boden, während sie zögernd mit dem Kopf schüttelte. „Verzeih meine Offenheit, doch er hat seinen Zenit bereits überschritten. Selbst heute, jetzt und hier, wäre er kein ernstzunehmendes Hindernis für mich. Niemand, der mich aufhalten kann.“
    Die Ehrlichkeit, mit der sie sprach, erschreckte Thorn. Natürlich, Rosenritter erlebten nicht die Rente, das war ihr Schicksal. Sie trug lediglich den einen Wunsch in sich, vor Magnus zu sterben.
    „Aber ich soll dazu in der Lage sein?“
    „Jedenfalls eher als Magnus.“ Plötzlich sah Ryuki sie frontal an. „Versprichst du mir, dass du mich aufhältst, wenn der Tag gekommen ist?“
    „Das ist doch ...“
    „Versprichst du es mir?“, beharrte sie und nagelte Thorn mit ihrem unnachgiebigen Blick fest.
    Die Weißhaarige nickte. Halbherzig und widerwillig. Am liebsten wäre sie davongelaufen.
    „Versprichst du es?“ Ihr Ton wurde schärfer, drängender.
    „Ja doch!“ Thorn klang ärgerlich, sie ließ sich nicht gern zu etwas zwingen.
    „Gut“, gab sich die Vampirin damit zufrieden und blickte wieder unter sich. „Aber vertrau mir: Wenn es hart auf hart kommt, werde ich es dir nicht leicht machen.“
     
    *
     
    „Connichi-wa“, sagte Thorn in die Düsternis des Raums hinein, ohne sich zu rühren, kein Muskel zuckte. Doch ihr Körper spannte sich unmerklich an, wie ein Bogen, dessen Sehne bald ein todbringender Pfeil verlassen würde.
    „Connichi-wa“, antwortete es aus Richtung der Eingangstür. Leise, kaum hörbare Schritte erklangen, die sich ihr näherten. Die Zeit des Versteckspiels war vorüber und machte der Entscheidung Platz.
    Die Tür zu dem Zimmer wurde fast lautlos aufgeschoben. Flamme und Finsternis sorgten für ein dubioses Schattenspiel, und es hätte Thorn nicht gewundert, wäre sie jetzt und hier den Geistern von Magnus und Takenaka begegnet.
    Doch es zeichnete sich lediglich der Umriss einer schlanken Frau mit einem fein geschnittenen, fast fragilem Antlitz ab. Mit schulterlangem, schwarzem Haar wie Ebenholz und heller Haut wie eine Kirschblüte. Ihre Bewegungen waren gleichermaßen flink wie ein Marder und geschmeidig wie eine Katze, nur dass sie diese beiden Attribute weitaus besser beherrschte als ihre tierischen Namensgeber.
    Die Vampirin trug ähnliche Kleidung wie Thorn, einen dunklen Hosenanzug, weiten Mantel und Stiefel. Auch an ihrem Gürtel hingen zwei Katanas.
    Takenaka-sans Schwerter.
    Thorn erkannte sie sofort, es gab nur zwei Paar davon auf der Welt, und das andere trug sie selbst als legitime Erbin von Magnus.
    „Die Mörderin kommt an den Tatort zurück“, meinte sie auf Japanisch, und ihre Stimme wirkte wie nicht von dieser Welt. „Ich habe auf dich gewartet.“
    „Ich fürchte, es ist anders, als du denkst.“ Ryuki betrat das Schlafzimmer.
    Aber sie fiel Thorn nicht an! Kam nicht im maßlosen Blutrausch hereingestürmt mit ihren gefletschten Zähnen, scharfen Krallen, gezogenen Schwertern und bluttriefenden Mordgedanken. Stattdessen waren ihre Schritte langsam, fast bedächtig, als betrete sie eine Trauerhalle.
    Thorn schwieg noch immer, wagte nicht, ihren Wunsch zu denken. Alles hätte sie dafür gegeben, zu wissen, ob sie immer noch die geliebte Schwester im Geiste vor sich hatte oder das Monstrum, das sie insgeheim befürchtete.
    Jederzeit war sie bereit, einen Angriff nicht nur abzuwehren, sondern ebenso hart und unnachgiebig zurückzuschlagen. Um ihre beiden Unterarme, versteckt von ihrer Kleidung, befanden sich kleine Schienen, die sie sich angelegt hatte: ein Druck auf den Sensor am Handgelenk genügte, dass die

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