Thorn - Die letzte Rose
drückte aus, wie ernst er es meinte. „Und nur ich!“
Thorn hielt sich aus der Diskussion heraus, wie es sich für eine Siebzehnjährige in Anwesenheit von zwei Lehrmeistern geziemte. Sowohl Magnus als auch Takenaka waren erfahrene Rosenritter, ihren eigenen Fähigkeiten um Lichtjahre voraus. Da hielt sie es für angebracht, ihre Klappe zu halten, so schwer ihr das auch fiel.
Ihr Schweigen bedeutete hingegen nicht, dass sie auch ihren Verstand ausschaltete. Lag es an ihrer besonderen Beziehung zu Magnus, dass sie seine Sorge teilte? Takenaka spielte mit dem Feuer und seinem eigenen Leben. Vermutlich ... Oder auch nicht …
Sie kannte die besondere Beziehung zwischen ihm und Ryuki. Fast in- und auswendig. Eine der ersten Geschichten, die Magnus ihr erzählt hatte, nachdem er sie unter seine Fittiche genommen hatte:
1980 war Takenaka Kyoshi Knappe gewesen. Zusammen mit seinem Sensei hatte er in der Nähe von Hirosaki ein Vampir-Nest gesäubert. Ein Routinejob, einer von vielen - und nicht einmal ein sonderlich schwieriger: Ein Meister und ein junges Ehepaar, das er zu seinen Suckern gebissen hatte.
Gemeinsam brachen der Rosenritter und sein Knappe den Zugang zum unterirdischen Bunker auf, in dem sich der kleine Clan verkrochen hatte. Der Meister war schnell besiegt und von einer Lanze aufgespießt, ebenso seine beiden Anhänger.
Doch etwas war diesmal anders.
Die Frau stand kurz vor der Niederkunft. Und Takenaka sowie sein Sensei wussten, sie war erst vor zwei Tagen zum Vampir gebissen worden.
Inwieweit war das Vampir-Virus auch auf das Kind übertragen worden? Bestand noch Hoffnung für das Ungeborene?
Immerhin, die tote Mutter war zu Staub zerfallen, wie bei vernichteten Suckern üblich. Der Säugling in ihr nicht. Hilflos lag er in der Asche seiner Mutter und brüllte sich lauthals den Geburtsschock aus dem Leib.
Takenakas Sensei entschied sich dagegen, das Kind am Leben zu lassen. Er wollte die Angelegenheit hinter sich bringen, sosehr es ihm auch widerstrebte, sich an einem zerbrechlichen Etwas zu vergehen. Doch ein Vampir war ein Vampir und blieb es auch, selbst im Säuglingsalter. Das Mädchen war infiziert worden, es trug die Blutgruppe X in sich.
Ihnen blieb gar keine andere Wahl, als auch ihrem Leben ein Ende zu setzen.
Takenaka widersetzte sich unter Androhung des Schwerts, wollte retten, was noch zu retten war. Er sagte sich von seinem Sensei los und nahm das Kind unter seinen persönlichen Schutz. Selbst wenn das kleine Mädchen bereits verloren war, sagte er sich - viel zu selten wurde man eines lebenden Vampirs habhaft. Er sah darin die Gelegenheit, endlich mehr über die Feinde herauszufinden als nur die kläglichen Erkenntnisse, die man während des Kampfes gegen sie gewann. Zudem wollte er studieren, wie sehr Vampire in ihrem Verhalten abhängig waren von ihren Genen. Ob es möglich war, durch entsprechende Erziehung ein Geschöpf ohne den Raubtierinstinkt der Bestie und deren Blutdurst zu erziehen.
Insgeheim mochte Takenaka auch einen Traum in Erfüllung gehen sehen. Den Traum von einer mehr als ebenbürtigen Epigonin, an die er den Stab nach seinem Tod weitergeben konnte. Wer vermochte besser auf Vampire Jagd zu machen, als eine von ihresgleichen, die jede ihrer Schwächen kannte? Vom gleichen und doch nicht identischem Blut.
Ryuki wuchs heran, und sie war fast ein Mädchen wie jedes andere, das mit dem Wissen aufwuchs, ihre leiblichen Eltern waren als Vampire elendig verbrannt und zerfallen. Das beim Mörder ihrer Eltern lebte und ihn nicht nur abgöttisch liebte, sondern nicht minder intensiv zurückgeliebt wurde.
Wie Vater und Tochter.
Sie war ein normales Kind, das nicht das Geringste mit den barbarischen Bestien gemein hatte, die sich tagsüber vor dem Sonnenlicht verkrochen und des Nachts auf Menschenjagd gingen. Nein, Ryuki war anders. Eine tagtägliche Freude, ein Glück und immer wieder auf Neue eine Offenbarung.
Und doch, niemand konnte seinem Unheil entfliehen. Ihr Vampirblut ließ sich weder verleugnen noch unterdrücken.
Mit zwölf Jahren machte sich ihre Allergie gegen das Sonnenlicht bemerkbar, begann sie bei einem Spaziergang plötzlich Feuer zu fangen. Vermutlich wäre sie elendig verbrannt, hätte sie sich nicht geistesgegenwärtig die Jacke über den Kopf gezogen und sich in Sicherheit gebracht.
Etwa ein halbes Jahr später übergab sie sich nach dem ersten Bissen beim Frühstück. Ihr Körper wurde von heftigen Krämpfen geschüttelt, kalter Schweiß schoss
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