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Thorn - Die letzte Rose

Thorn - Die letzte Rose

Titel: Thorn - Die letzte Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Kastenholz
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ihr auf die Stirn, und die aufkeimende Panik drohte ihr den Verstand zu rauben. Wenig später fiel sie ins Koma.
    Takenaka erahnte die Wahrheit. Er wusste, was ihr half: Das Blut, das er sich selbst abzapfte und ihr einflößte, ließ ihre Lebenskraft zurückkehren, sie erholte sich fast sofort.
    Seitdem besorgte er ihr Blutkonserven aus dem Krankenhaus und Schlachthöfen: die einzige Nahrung, die Ryuki vertrug und doch so viel mehr als nur Nahrung. Ein Lebenselixier, das binnen eines Wimpernschlags aus einem kraftlosen Stück Fleisch ein Energiebündel machte.
    Doch sie mordete noch immer nicht.
    Ryuki wurde zur lebensbejahenden jungen Frau. Trotz ihrer Lichtempfindlichkeit und ihrem Blutdurst hasste sie Vampire weiterhin wie die Pest. Durch ihre Annäherung zu der Brut vielleicht stärker denn je, fast mehr als Takenaka selbst. Denn im Gegensatz zu ihm trug sie das Übel in sich.
    Nur noch ein Lebensziel stand in ihrem Fokus: Alle von ihrem verfluchten Blut zu töten und in die Fußstapfen des Sensei zu treten, wie er es für sie vorgesehen hatte.
    Dafür wollte sie bereit sein, obwohl die ROSE sie vermutlich niemals akzeptieren würde; eine erste Anfrage war kurzerhand abgelehnt worden.
    Dies änderte allerdings nichts daran, dass das Trainingsprogramm, das Ryuki sich auferlegte, um für diese Aufgabe gefeit zu sein, brutal war. Kompromisslos gegen sich selbst, fast besessen.
    Thorn kannte Ryuki seit Jahren. Magnus traute dem vermeintlichen Frieden nicht und besuchte Vater und Tochter oft auf Hokkaido, zusammen mit ihr. Dabei war die schwarzhaarige, junge Frau ihre beste Freundin geworden. Kein Wunder, die Auswahl an Kandidatinnen war nicht allzu hoch, wenn man den Großteil seines Lebens hinter dicken Klostermauern verbrachte und dort alles gelehrt bekam, um schnell, sauber und vor allem effizient Vampire vom Diesseits ins Jenseits zu befördern.
    Mehr noch: Ryuki war die Schwester, die Thorn nie hatte, noch je haben würde. Sie waren die einzigen, die füreinander Verständnis hatten, weil sich ihr Schicksal so ähnelte.
    Doch Ryuki blieb nun einmal, was sie war. Sie hasste sich dafür, auch wenn Thorn mitunter sogar vergaß, mit wem sie es zu tun hatte. Dann wurde sie jedoch immerzu neu daran erinnert. Oft nur durch Kleinigkeiten, Banalitäten, jedoch prägnant: Einmal absolvierten sie gemeinsam das tägliche Trainingsprogramm, und Thorn gab nach der Hälfte erschöpft und halbtot auf.
    Ja, definitiv. Ryuki war eine Vampirin. Hatte deren Kraft, deren Ausdauer und deren physische Überlegenheit. Aber nicht ihren Todestrieb!
    Noch nicht ...
    Die Weißhaarige verließ den Schutz der Veranda und versank fast bis zu den Knöcheln im feuchten Sand. Tief sog sie die frische Luft ein, füllten ihre Lungen mit heftigen Atemstößen. Sie räumte den Kopf auf, ordnete die Gedanken und beschränkte sie aufs Wesentliche, sorgte für einen jener kostbaren Augenblicke absoluter Klarheit, in denen man sich nicht als Individuum fühlte, sondern als Teil des ewigen Universums. Nirgends war man ihr so nah wie auf Hokkaido.
    Sie liebte diese Gegend, die ihrem eigenen Naturell doch so ähnlich war. Unbeugsam und zornig, jedoch aufrichtig. Vielleicht förderte diese Landschaft auch nur ihre Depression, brachte sie zum Vorschein und verschaffte ihren Frustrationen ein dankbares Ventil.
    Ryuki sah mit glitzernd schwarzen Augen auf, als Thorn wortlos neben ihr zu Boden sank. Ein zartes Lächeln um die Mundwinkel der Asiatin erschien, doch es fehlte jede Fröhlichkeit darin.
    Vorgestern hatte die regelmäßige Untersuchung, der sie sich unterzog, ergeben, mittlerweile alterte Ryuki nicht mehr. Ihr ganzes Leben lang würde sie neunzehn Jahre bleiben. Grund genug für Magnus, sofort hierher zu kommen und nach dem Rechten zu sehen.
    „Bruder Magnus verachtet mich“, stellte die Japanerin tonlos fest, den Blick in weite Ferne gerichtet.
    „Red’ keinen Scheiß“, widersprach Thorn. Beide hatten es sich angewöhnt, nicht sehr japanisch miteinander umzugehen. „Er hat nun mal schlechte Erfahrungen gemacht ... Hast du eine Ahnung, wie viele Weggefährten er verloren hat …?“
    „Wir haben deine Eltern gekillt ...“
    Lautes Lachen. „Ihr? Du hast mit dem Tod meiner Eltern so viel oder so wenig zu tun wie ich mit Auschwitz und dem Holocaust.“
    „Ich habe ihre Unterhaltung mit angehört.“
    „Du kannst ...?“
    „Mittlerweile werde ich nicht nur nicht älter. Ich höre, sehe und rieche auch wie sie!“ Ihre Stimme schien aus

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