Thorn - Die letzte Rose
ansprang. Wie eine Zwangsjacke umschloss sie die Vampirjägerin mit den Beinen. Normalerweise eine ideale Position für einen Nackenbiss, doch das ließ sie besser bleiben. Durch das kollektive Gedächtnis der Brut schien jeder zu wissen, was Rotauge dabei zugestoßen war, das wollte die Angreiferin nicht ebenfalls riskieren.
Stattdessen schlangen sich ihre Arme wie ein Schraubstock um Thorns Hals, würgten sie und versuchtes jedes Quäntchen Leben aus ihr herauszupressen.
Auch darauf kannte sie die passende Antwort. Mit beiden Beinen stieß sich Thorn rasch nach hinten ab, geradewegs in den Müll hinein. Mit der ganzen Wucht ihres Körpers landete sie auf der Vampirin, einige alte Sperrholzplatten barsten unter ihrem gemeinsamen Gewicht. Zwei heftige Ellbogenstöße in das Gesicht der Rothaarigen genügten, dass sie ihren Griff soweit lockerte, um sich daraus zu befreien.
Noch während Thorn damit beschäftigt war, versuchte der Bärtige eine andere Strategie: Vom herumliegenden Sperrmüll holte er sich ein etwa armlanges, dünnes Metallrohr mit scharfen Zacken an beiden Enden. Dem Rost zufolge hatte es einst wohl als Wasserleitung oder ähnliches fungiert. Weit holte er damit aus und stürzte auf die Rosenritterin am Boden zu.
Schon drängte es Cesaro, einzugreifen; instinktiv wollte er seine Pistole Feuer und Silber spucken lassen. Töten konnte er den Burschen damit zwar nicht, das hatte er bereits versucht, jedoch lange genug aufhalten, um seiner Kameradin eine überlebenswichtige Pause zu verschaffen.
Bevor er sich einmischen konnte, wusste sie sich bereits selbst zu helfen. Ihre Gegner mochten Vampire sein, doch es waren keine ausgebildeten Kämpfer, die für jede Aktion die passende Gegenaktion kannten. Man hatte sie zu untoten, übermenschlichen Wesen gemacht und mit ihren neuen Fähigkeiten alleine gelassen. Thorn hingegen war von Kindheit an für Situationen wie diese geschult worden.
Auf ihrem Hintern wirbelte Thorn fast wie ein Breakdancer auf der Stelle und gab dabei ihrem Konkurrenten einen beidfüßigen Tritt in die Kniekehlen.
Wie von einer mächtigen Sense gefällt sackte er schwerfällig zusammen und holte sich blutige Knie, die sofort heilten. Gleichwohl war das sein Verhängnis, denn ansatzlos schnellte Thorn hoch auf ihre Füße, packte mit beiden Händen das Rohr und entwand es dem Bärtigen mit einem Ruck.
Ansatzlos, mit einer flüssigen Bewegung, versetzte sie dem Vampir damit einen so heftigen Schlag gegen den Kopf, dass dieser vom Rumpf getrennt wurde und irgendwo in die Anonymität der Finsternis, ans Ende der Sackgasse, geschleudert wurde. Als der Kopf ebenso wie der dazu gehörige Körper in helle, verzehrende Flammen aufging, verriet das Feuer seine Position.
Einer der anderen Männer hatte sich in der Zwischenzeit aufgerappelt, sah den Tod des Meisters und war fest entschlossen, es einerseits besser zu machen als er, andererseits ihn zu rächen. Ungestüm stürzte er von hinten auf Thorn zu. Oder hatte es vielmehr vor ...
Irgendwie musste sie ihn aus den Augenwinkeln bemerkt haben. Geistesgegenwärtig stieß sie das Metallrohr durch die Armbeuge nach hinten. Zielgenau bohrte es sich direkt in das Herz ihres Gegners, durchstieß und zerstörte es.
Der Kerl starb schnell und lautlos. Nur das einsetzende Feuer verursachte ein Knallen, wie wenn man Benzin ins Feuer goss, als es aufflammte, um das untote Fleisch binnen weniger Momente aufzufressen.
Noch immer fühlte sich Cesaro wie im falschen Film. Er konnte nur hilflos dastehen und aus seinen hellen Augen sprachlos beobachten. Doch allmählich begriff er, sie hatte wirklich keinen Knappen nötig.
Die Weißhaarige hielt sich nicht damit auf, sich im Triumph über die beiden toten Meister zu suhlen. Kaltblütig ließ sie sich rücklings zu Boden sinken, als sie aus den Augenwinkeln erkannte, wie der Dritte die Gunst des Moments ausnutzen wollte und sie ansprang.
Er flog ins Leere. Gerade als er über sie hinweg schoss und mit seiner säbelzahnbewehrten Visage vermutlich den Boden aufgewischt hätte, fuhr Thorn ihre provisorische Waffe aus und rammte sie ihm mit aller Wucht ins Herz. Es geschah bei ihr routiniert, fast automatisch, ohne lange zielen zu müssen. Die Erfahrung hatte ihr einen untrüglichen Instinkt verliehen, wo sich die lebensbedrohlichen Stellen der Vampire befanden.
Schwarzdunkles Vampirblut spritzte aus der tiefen Wunde; das Herz war ihm regelrecht ausgestanzt worden und klebte am anderen Ende des Rohrs,
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