Three-Night-Stand (German Edition)
über ihre Gefühle für Nick reden. Schon gar nicht in einer so aufregenden Situation wie der Geburt eines neuen Familienmitglieds. Nein, sie würde sehr wahrscheinlich bis morgen mit dem Gespräch warten müssen. Ein weiterer Tag, der ihnen verlorenging…
Sie schüttelte erneut den Kopf über sich, diesmal jedoch nur innerlich. Das war nicht der richtige Moment, sich derart egoistische Gedanken zu machen.
‚Gut, Lisa, genug Trauer und Enttäuschung. Konzentrier dich auf das Hier und Jetzt, auf den Menschen, der dir netterweise Gesellschaft leistet.‘
Und das war ja nicht irgendwer. Sie war ein weiteres Mal allein mit Liam Chandler. Wow, wie viele Leute wohl etwas dafür geben würden, an ihrer Stelle zu sein? Vor nicht allzu langer Zeit wäre ihr selbst ganz weich in den Knien geworden bei dieser Vorstellung und ganz eng ums Herz bei dem Gedanken daran, dass eine andere an ‚ihrem‘ Platz war. Gäbe es an dieser Stelle einen filmischen Flashback in Lisas Zimmer vor einigen Jahren – man fände sicherlich ein Filmposter von Liam Chandler an ihren Wänden – zum Beispiel das zu ‚Dawn of Fear‘, das eher einem geheimnisvollen Gemälde glich als einem Plakat zu dem Actionfilm, der er tatsächlich war. Daneben vielleicht auch eine selbstangefertigte Zeichnung seines Gesichts. An einer Pinnwand, halb versteckt unter unzähligen Zetteln, Postkarten, Fotos und Kettchen, die Eintrittskarten zu seinem letzten Film. Auf den ersten Blick würde man annehmen, sie fände ihn ‚ganz cool‘, mit Betonung auf dem zweiten, nicht dem ersten Wort.
In ihrem Kleiderschrank hing ein Männerhemd, das stark dem ähnelte, das er in ‚Y.e.a.r.s.‘ getragen hatte – einem früheren Film und der erste, in dem sie ihn gesehen hatte. Hach, damals. Wie oft hatte sie von ihm geträumt, sich seine Filme wieder und wieder angesehen, sich vorgestellt, sie wären real und sie darin an seiner Seite. Wie viele Geschichten hatte sie verfasst, in denen der Hauptcharakter seine Gesichtszüge hatte?
Und nun lief sie mit eben diesem Liam-Chandler-Superstar am Strand entlang, ganz ungezwungen und unterhielt sich. Der Zauber war verflogen, doch es war dadurch nicht weniger schön, ganz im Gegenteil. Es war echter, unverfälschter. Liam lief ganz entspannt neben ihr und hier, an einer etwas abgelegeneren Bucht, so wie vorher in den Menschenmassen, die sich am Pier von Santa Monica getummelt hatten, fielen sie auch gar nicht weiter auf. Sie waren einfach zwei Freunde, die sich einen schönen Abend machten. Um nicht aufzufallen, hatte Liam seine Geheimwaffe angewandt. Er nannte sie „seine beste Freundin im Kampf gegen die Wächter des Blitzlichtgewitters“ oder so ähnlich. Sie war die Heldin. Sie war der Lebensretter. SIE WAR… die Sonnenbrille .
Bereits in der ersten Woche nach ihrem Kennenlernen, bei ihrer Tour durch das Set von Schattenmond, war Lisa in die geheimen Fähigkeiten dieses Supergerätes eingeweiht worden. Und dabei ging es nicht um das maßgefertigte Gestell (Ja, bis jetzt hatte sie tatsächlich gedacht, man würde nur Kleidung und vielleicht noch Autos und Häuser ‚maßanfertigen‘. Das hatte ihre wieder einen Blick der Marke ‚dummer, kleiner Hollywoodneuling‘ eingebracht.), die doppelt entspiegelten Gläser oder derlei Dinge. Wenn Liam Chandler, der Superstar, der Mann, ER – sie aufsetzte, wurde er zu… irgendjemandem. Er hatte die Brille vor ihren Augen ein paar Mal auf- und absetzen müssen und es war verblüffend: sobald sie einen Teil seines Gesichts bedeckte, wurde er zu Otto Normalverbraucher. Gut, für Kenner der Brillen- sowie seiner Klamottenmarken würde er wohl eher Otto Superverdiener sein.
In jedem Fall ermöglichte sie Liam des Öfteren ein paar ungestörte Minuten, wenn er auch nicht so verfolgt wurde wie andere Prominente. Laut Nick war er ein ‚AB-Promi‘, nicht ganz erste Liga, aber auch nicht wirklich zweite. Lisa wollte sich gar nicht vorstellen, wie es war, so berühmt zu sein, dass man auf Schritt und Tritt verfolgt wurde. Bei Liams Party waren Kamerateams vorgefahren, doch weiter als bis zum Eingangstor waren sie nicht gekommen und es hatte auch kein Helikopter über dem Anwesen gekreist oder dergleichen. Dass am Morgen danach auch noch ein paar ruhelose Paparazzi versucht hatten, ihr Gehalt aufzubessern – meine Güte. Dennoch war das alles immer noch so neu für Lisa. Natürlich las sie auch ab und an die eine oder andere Klatschzeitung oder -seite und verbrachte viel zu viel Zeit
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