Throne of Glass – Die Erwählte
problemlos das Schloss verlassen, sich in Rifthold mit Proviant eindecken und am Morgen auf einem Schiff nach Süden reisen.
Celaena blieb an einem Fenster stehen und beugte sich bis dicht an die Scheibe vor. Ihre Wachen blieben ebenfalls stehen und wartetenschweigend. Von draußen drang Kälte herein und strich über ihr Gesicht. Würden sie damit rechnen, dass sie nach Süden wollte? Vielleicht wäre es die bessere Entscheidung, in den Norden zu gehen; niemand ging im Winter in den Norden, es sei denn, man wünschte sich den Tod.
Eine Bewegung spiegelte sich in der Fensterscheibe und Celaena wirbelte herum, als sie den Mann hinter sich entdeckte.
Aber Cain grinste sie nicht an, auch nicht auf seine höhnische Art. Stattdessen keuchte er und machte den Mund auf und zu wie ein Fisch auf dem Trockenen. Seine dunklen Augen waren weit aufgerissen und er hatte eine Hand um seine gewaltige Kehle gelegt. Hoffentlich war er dabei zu ersticken.
»Stimmt was nicht?«, fragte sie süffisant und lehnte sich an die Wand. Er blickte von einer Seite zur anderen, auf die Leibgardisten, auf das Fenster, erst dann richtete er den Blick auf sie. Der Griff um seinen Hals wurde fester, als wollte er die Worte abwürgen, die darum rangen herauszukommen, und der tiefschwarze Ring an seinem Finger schimmerte matt. Cain schien in den letzten paar Tagen noch weitere zehn Pfund Muskeln zugelegt zu haben, auch wenn das völlig unmöglich war. Tatsächlich sah er bei jeder Begegnung massiger aus als vorher.
Die Assassinin runzelte die Stirn und ließ ihre Arme sinken. »Cain«, sagte sie, aber da rannte er schon wie ein Hase durch den Flur davon, schneller, als er eigentlich laufen können sollte. Er spähte ein paarmal über die Schulter – nicht nach ihr oder den verwirrt murmelnden Wachen, sondern nach etwas dahinter.
Celaena wartete, bis das Geräusch seiner fliehenden Schritte verklungen war, und eilte zurück in ihre eigenen Gemächer. Dann ließ sie Nox und Pelor Nachrichten zukommen, in denen sie ihnen ohne Angabe von Gründen nahelegte, heute Nacht in ihren Zimmern zu bleiben und niemandem die Tür zu öffnen.
33
K altain kniff sich in die Wangen, als sie aus dem Ankleideraum kam. Ihre Dienerinnen versprühten Parfüm im Raum und die junge Frau stürzte Zuckerwasser hinunter, bevor sie die Hand auf die Klinke legte. Sie war gerade dabei gewesen, eine Pfeife zu rauchen, als man ihr Herzog Perrington gemeldet hatte. Daraufhin war sie in den Ankleideraum geflohen und hatte rasch die Kleider gewechselt in der Hoffnung, der Geruch würde nicht haften bleiben. Wenn der Herzog trotzdem herausfand, dass sie Opium rauchte, konnte sie es einfach auf das schreckliche Kopfweh schieben, unter dem sie in letzter Zeit litt. Kaltain ging durch ihr Schlafzimmer in den Vorraum und dann in den Salon.
Er sah wie immer aus, als könnte er sofort in den Krieg ziehen. »Euer Durchlaucht«, sagte sie und knickste. Die Welt war an den Rändern neblig und ihr Körper fühlte sich schwer an. Sie bot ihm die Hand und er küsste sie, seine Lippen drückten sich feucht auf ihre Haut. Als er aufsah, trafen sich ihre Blicke und die Welt schien aus den Fugen zu geraten. Wie weit wollte sie gehen, um sich auf eine Position an Dorians Seite zu manövrieren?
»Ich hoffe, ich habe Euch nicht gestört«, sagte er und ließ ihre Hand los. Zuerst tauchten die Wände des Raums wieder auf, dann Boden und Decke, und sie hatte das deutliche Gefühl, dass siein einem hübschen Käfig mit Gobelins und Sitzkissen gefangen war.
»Ich habe nur ein Nickerchen gemacht, Mylord«, sagte sie und setzte sich. Er schnupperte, und wäre Kaltains Verstand nicht von der Droge umnebelt gewesen, wäre sie sehr nervös geworden. »Welchem Umstand verdanke ich das Vergnügen dieses unerwarteten Besuchs?«
»Ich wollte nach Euch sehen. Ihr wart nicht beim Abendessen.« Perrington verschränkte die Arme – Arme, die aussahen, als könnten sie ihren Schädel zerquetschen.
»Ich war unpässlich.« Sie widerstand dem Drang, ihren zu schweren Kopf auf dem Sessel abzulegen.
Er sagte etwas zu ihr, aber sie stellte fest, dass ihre Ohren nicht mehr hörten. Seine Haut wirkte hart und glasig und seine Augen sahen aus wie seelenlose Marmorkugeln. Sogar das schütter werdende Haar war zu Stein gefroren. Sie staunte, als der weiße Mund sich weiterhin bewegte und den Blick auf einen Rachen aus gemeißeltem Marmor freigab. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Ich fühle mich nicht wohl.«
»Soll
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