Throne of Glass – Die Erwählte
mein Königreich repräsentieren soll – es kratzt mich, seit ich es angezogen habe!« Sie starrte auf Celaenas kunstvolles Gewand. »Wie haltet Ihr es aus, dieses riesige Ding zu tragen?«
Celaena zupfte an den Röcken ihres Kleids. »Ehrlich gesagt bricht es mir fast die Rippen.«
»Wenigstens bin ich nicht die Einzige, die leidet«, sagte Nehemia.
Chaol war vor einer Tür stehen geblieben und wies die sechs Wachen davor an, auf die beiden Frauen und die Wachen der Prinzessin zu achten. »Was tut er?«
»Er bringt Euch zum Rat zurück und sorgt dafür, dass Kaltain Euch nicht wieder herumführt.«
Nehemia ließ die Schultern sinken. »Ich bin erst einen Tag hier und würde am liebsten wieder abreisen.« Sie stieß einen langen Seufzer aus und wandte sich wieder dem Fenster zu, als könnte sie ganz bis nach Eyllwe zurücksehen. Plötzlich ergriff sie Celaenas Hand und drückte sie. Ihre Finger waren überraschend schwielig – an genau den Stellen, wo der Griff eines Schwertes oder Dolchs auflag. Ihre Blicke trafen sich und Nehemia ließ Celaenas Hand wieder los.
Vielleicht stimmen die Gerüchte über ihre Verbindung zu den Rebellen in Eyllwe …
»Werdet Ihr mir Gesellschaft leisten, solange ich hier bin, Lady Lillian?«
Celaena war überrascht über die Bitte – und fühlte sich unwillkürlich geehrt. »Selbstverständlich. Wenn ich abkömmlich bin, diene ich Euch sehr gern.«
»Dienerinnen habe ich genug. Ich brauche jemanden, mit dem ich reden kann.«
Celaena konnte nicht anders – sie strahlte. Chaol betrat wieder den Flur und verbeugte sich vor der Prinzessin. »Der Rat würde Euch gern sehen.« Celaena übersetzte.
Nehemia gab ein leises Stöhnen von sich, dankte aber Chaol, bevor sie sich Celaena zuwandte. »Ich freue mich, dass wir uns kennengelernt haben, Lady Lillian«, sagte sie mit leuchtenden Augen. »Friede sei mit Euch.«
»Und mit Euch«, murmelte die Assassinin und beobachtete, wie die Prinzessin davonging.
Sie hatte nie viele Freunde gehabt und war von den wenigen oft enttäuscht worden. Manchmal mit verheerenden Folgen, wie sie in jenem Sommer bei den Schweigenden Assassinen der Red Desert erfahren hatte. Danach hatte sie sich geschworen, nie wieder einemMädchen über den Weg zu trauen, insbesondere keinem mit eigenen Plänen. Mädchen, die alles tun würden, um zu bekommen, was sie wollten.
Aber als sich die Tür hinter der elfenbeinfarbenen Schleppe der Eyllwe-Prinzessin schloss, fragte sich Celaena, ob dieser Schwur ein Fehler gewesen war.
~
Chaol Westfall beobachtete beim Essen, wie die Augen der Assassinin von einer Schüssel zur nächsten wanderten. Kaum hatte sie ihre Räume betreten, hatte sie ihr Kleid abgestreift und trug nun einen rosa und jadegrünen Morgenrock, der ihr gut stand.
»Ihr seid so still heute«, sagte sie mit vollem Mund. Würde sie nie aufhören zu essen? Sie aß mehr als jeder andere, den er kannte – seine Gardesoldaten eingeschlossen. Bei allen Mahlzeiten nahm sie von jedem Gang noch einmal nach. »Noch verzaubert von Prinzessin Nehemia?« Man konnte die Worte kaum aus den Kaugeräuschen heraushören.
»Diesem eigensinnigen Mädchen?« Als Celaenas Augen schmal wurden, bedauerte Chaol seine Bemerkung sofort. Jetzt würde er etwas zu hören bekommen und ihm war wirklich nicht danach, sich belehren zu lassen. Er hatte wichtigere Dinge im Kopf. Bei seinem Aufbruch am Morgen hatte der König keinen einzigen der Männer mitgenommen, die Chaol vorgeschlagen hatte. Er hatte das Ziel seiner Reise nicht preisgegeben und es außerdem abgelehnt, Chaol selbst als Begleitung mitreisen zu lassen.
Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass einige der königlichen Jagdhunde verschwunden waren und man ihre halb aufgefressenen Überreste im Nordflügel des Schlosses gefunden hatte. Das war wirklich besorgniserregend; wer konnte so etwas Grausames tun?
»Und was ist verkehrt an eigensinnigen Mädchen?«, bedrängte Celaena ihn. »Außer der Tatsache, dass es keine dummen Gänse sind, die ihren Mund nur aufmachen, um Befehle oder Klatsch von sich zu geben?«
»Ich bevorzuge eben einen anderen Typ Frau.«
Zum Glück hatte er das Richtige gesagt, denn sie bedachte ihn mit einem Augenaufschlag. »Und welcher Typ Frau ist das?«
»Keine arrogante Assassinin.«
Sie zog einen Schmollmund. »Angenommen, ich wäre keine Assassinin. Würde ich Euch dann gefallen?«
»Nein.«
»Würdet Ihr etwa Lady Kaltain den Vorzug geben?«
»Seid nicht albern.« Es war
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