Throne of Glass – Die Erwählte
vergangenen zwei Wochen hatte sie Nehemia ziemlich oft gesehen – meist nur für kurze Spaziergänge oder zu Abendessen, bei denen sie darüber sprachen, wie Nehemias Kindheit in Eyllwe gewesen war, wie sie über Rifthold dachte und wer am Hof die Prinzessin an diesem Tag verärgert hatte. Was zu Celaenas Entzücken meistens alle waren.
»Ich bin nicht dazu ausgebildet, in einer Schlacht zu kämpfen«, erwiderte Chaol mit zusammengebissenen Zähnen.
»Ihr tötet auf Befehl Eures Königs.« Eures Königs. Nehemia mochte in der Sprache Adarlans nicht sehr bewandert sein, aber sie war klug genug, um die genaue Bedeutung dieser Worte zu kennen. Es war Chaols König, nicht ihrer. Celaena konnte Nehemia stundenlang dabei zuhören, wie sie über den König von Adarlan herzog, aber sie befanden sich in einem Garten und jemand konnte sie hören. Celaena lief es plötzlich kalt den Rücken hinunter und sie unterbrach die Prinzessin, bevor sie noch etwas hinzufügen konnte.
»Es ist sinnlos, mit ihr zu streiten, Chaol«, sagte Celaena und versetzte dem Captain der Garde einen leichten Rippenstoß. »Vielleicht hättet Ihr Euren Titel nicht an Terrin abtreten sollen. Könnt Ihr ihn zurückfordern? Dann käme man nicht so durcheinander.«
»Woher kennt Ihr den Namen meines Bruders?«
Sie zuckte mit den Schultern, ohne das Aufblitzen in seinen Augen zu verstehen. »Von Euch. Warum sollte ich ihn nicht kennen?« Er sah heute wirklich gut aus. Es lag daran, wie sein Haar mit der goldbraunen Haut kontrastierte – in den winzigen Lücken zwischen den Strähnen –, daran, wie es ihm über die Stirn fiel. »Ihr werdet das Bankett sicher genießen – wo ich schließlich nicht da bin, meine ich«, fügte sie missmutig hinzu.
Er schnaubte. »Macht es Euch so viel aus, dass Ihr es verpasst?«
»Nein«, erwiderte sie und strich sich das offene Haar über die Schulter. »Aber es ist nun mal eine Party und jeder geht gern auf Partys.«
»Soll ich Euch nachher eine Kleinigkeit vorbeibringen?«
»Höchstens vielleicht eine ordentliche Portion Lammbraten.«
Auf einmal war die Luft um sie herum wieder heiter und klar. »So aufregend wird das Bankett überhaupt nicht«, meinte er versöhnlich. »Es ist wie jedes andere Abendessen. Ich kann Euch garantieren, das Lamm wird trocken und zäh sein.«
»Als mein Freund solltet Ihr mich entweder mitnehmen oder mir Gesellschaft leisten.«
»Freund?«, fragte er.
Sie wurde rot. »Nun, ›missmutiger Begleiter‹ wäre wohl zutreffender. Vielleicht zieht Ihr aber auch ›widerstrebender Bekannter‹ vor.« Zu ihrer Überraschung lächelte er.
Die Prinzessin griff nach Celaenas Hand. »Ihr müsst es mir beibringen!«, sagte sie auf Eyllwe. »Bringt mir bei, Eure Sprache besser zu sprechen – und auch, sie besser zu schreiben und zu lesen. Dann muss ich nicht diese entsetzlich langweiligen alten Männer ertragen, die man hier Lehrer nennt.«
»Ich …«, begann Celaena auf Adarlan, stockte dann aber. Sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie Nehemia so lange aus der Unterhaltungausgeschlossen hatte. Sie hätten unglaublichen Spaß, wenn die Prinzessin beide Sprachen fließend spräche, aber sie musste Chaol zu jedem Treffen mühsam überreden, weil er dabei sein und sie im Auge behalten wollte. Er würde sich nie darauf einlassen, ganze Unterrichtsstunden lang neben ihnen herumzusitzen. »Ich weiß nicht, wie ich Euch meine Sprache richtig beibringen soll«, log Celaena.
»Unsinn«, widersprach Nehemia. »Ihr werdet mir Unterricht geben. Nach dem – was auch immer Ihr mit dem da macht. Jeden Tag eine Stunde vor dem Abendessen.«
Nehemia hob das Kinn auf eine Weise, die keine Widerrede duldete. Celaena schluckte und setzte ein möglichst freundliches Gesicht auf, bevor sie sich Chaol zuwandte, der sie beide mit gerunzelter Stirn beobachtete. »Sie wünscht sich, jeden Tag vor dem Abendessen von mir unterrichtet zu werden.«
»Ich fürchte, das wird nicht möglich sein«, erwiderte er. Sie übersetzte.
Nehemia warf dem Captain der Garde den vernichtenden Blick zu, der die meisten Leute ins Schwitzen brachte. »Warum nicht?« Sie verfiel ins Eyllwe. »Sie ist klüger als die meisten anderen in diesem Schloss.«
Zum Glück verstand Chaol den Kern ihrer Aussage. »Ich glaube nicht, dass …«
»Bin ich nicht Prinzessin von Eyllwe?«, unterbrach Nehemia ihn auf Adarlan.
»Eure Hoheit«, setzte Chaol an, aber Celaena brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. Sie standen in
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