Thunderhead - Schlucht des Verderbens
Schluchten und über die höchsten Berge fahren würde. Auf dem Weg gebe es Schlangen, Überschwemmungen, Erdbeben und Sandstürme, und noch nie sei einer zurückgekehrt, der nach der Stadt gesucht habe. Quivira bedeute in der Sprache seines Volkes >Haus der blutigen Felswänden«
Nora steckte das Blatt zurück in ihre Aktentasche. »Anderswo in diesem Bericht ist von >den Alten< die Rede, was ein klarer Hinweis auf die Anasazi-Indianer ist. >Anasazi< bedeutet...«
»Die alten Feinde«, ergänzte Blakewood mit sanfter Stimme. »Stimmt«, sagte Nora und nickte. »Wie dem auch sei, der Name >Haus der blutigen Felswände< weist meiner Meinung auf ein Pueblo hin, das sich in einem Canon mit rötlichem Gestein befinden dürfte. Manche Felsen glänzen, wenn sie vom Regen nass sind, nämlich wie Blut.« Nora tippte mit dem Finger auf die Karte. »Und wo könnte sich eine so große Stadt besser verbergen als in diesen Schluchten? Die Gegend ist berüchtigt für ihre plötzlichen Sturzfluten, die nach einem Unwetter ohne, jegliche Vorwarnung durch die Canons rauschen. Darüber hinaus liegt das Gebiet direkt über dem Kaibab-Vulkanfeld und weist daher eine mäßige seismische Aktivität auf. Alle anderen Gebiete in Utah sind archäologisch ziemlich gründlich erforscht worden, nur dieses nicht. Dabei gilt es als eines der Stammesgebiete der Anasazi. Ich bin mir sicher, Dr. Blakewood, die Stadt muss ganz einfach hier liegen. Außerdem habe ich noch eine andere Quelle, die eindeutig daraufhin weist, dass...« Nora hielt inne, als sie sah, dass der Direktor die Stirn runzelte.
»Was für Beweise haben Sie denn für Ihre Theorie?«, fragte er.
»Was ich Ihnen gerade gesagt habe, sind meine Beweise.«
»Verstehe«, sagte Blakewood und seufzte. »Und jetzt wollen Sie, dass das Institut eine Expedition finanziert, mit der Sie diese Gegend erkunden können.«
»Genau. Ich würde auch den Antrag für die Forschungsgelder schreiben.«
»Das hier, Dr. Kelly«, sagte Blakewood und deutete auf die Karte, »ist kein Beweis. Das ist nichts weiter als wilde Spekulation.«
»Aber...«
Blakewood hob die Hand. »Lassen Sie mich bitte ausreden. Das Gebiet, von dem Sie sprechen, ist etwa tausend Quadratmeilen groß. Nehmen wir einmal an, es gäbe dort wirklich eine große Ruine, wie wollen Sie die denn finden?«
Nora zögerte. Wie viel sollte sie Blakewood erzählen? »Ich habe da einen alten Brief«, begann sie, »in dem von einer Anasazi-Straße durch diese Region die Rede ist. Ich denke, dass diese Straße uns zu der Ruine führen wird.«
»Ein Brief?« Blakewood zog die Augenbrauen hoch.
»Ja.«
»Von wem denn? Von einem Archäologen?«
»Das würde ich im Augenblick noch gerne für mich behalten.«
Ein leicht gereizter Ausdruck huschte über Blakewoods Gesicht. »Dr. Kelly - Nora ich möchte, dass Sie sich über ein paar praktische Dinge im Klaren sind. Selbst wenn ich Ihren mysteriösen Brief mit in Betracht zöge, lägen mir einfach nicht ausreichend hieb- und stichfeste Fakten vor, um eine Suchexpedition zu bewilligen, geschweige denn den Auftrag zu einer Ausgrabung zu erteilen. Wie Sie selbst gerade gesagt haben, ist die Gegend bekannt für ihre extrem gefährlichen Gewitter und Sturzfluten, ganz abgesehen davon, dass die Canon-Systeme in der Gegend des Kaiparowits-Plateaus zu den verschlungensten auf dieser Erde zählen.«
Genau richtig also, um eine große Stadt zu verbergen, dachte Nora.
Blakewood musterte sie kurz, dann räusperte er sich. »Nora, ich würde Ihnen gerne als Fachmann einen Rat erteilen.«
Nora schluckte. So hatte sie sich das Gespräch nicht vorgestellt.
»Die Archäologie, die wir heute betreiben, ist nicht mehr dieselbe wie vor hundert Jahren. Wir gehen langsamer und gewissenhafter vor als damals, tragen die kleinsten Details zusammen und analysieren unsere Funde mit größter Sorgfalt.« Er beugte sich über den Schreibtisch in Noras Richtung. »Sie, Nora, scheinen mir eher zu dem Typ Forscher zu gehören, der ständig auf der Suche nach irgendwelchen sagenumwobenen Ruinenstätten ist, die dann am besten auch gleich noch die größten und ältesten sein sollten, die jemals entdeckt wurden. Aber derartige Stätten gibt es nicht mehr, Nora, nicht einmal am Kaiparowits-Plateau. Seit die Wetherills diese Canons zum ersten Mal betreten haben, haben sich dorthin mindestens ein halbes Dutzend archäologische Expeditionen aufgemacht.«
Nora hörte zu und kämpfte mit ihren eigenen Zweifeln. Sie
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