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Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Thunderhead - Schlucht des Verderbens

Titel: Thunderhead - Schlucht des Verderbens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston
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mit weißen trichterförmigen Blüten, die ganz in der Nähe aus dem
    Sand herauswuchs. »Das ist eine Datura meteloides«, sagte er. »Ihre Wurzeln sind reich an Atropin, einem Gift, das man auch in der Tollkirsche findet.«
    »Lassen Sie die Pflanze um Himmels willen nicht Bonarotti sehen«, meinte Smithback.
    »Manche Indianer essen die Wurzeln, um Visionen zu bekommen«, erklärte Nora.
    »Und eine dauerhafte Schädigung des Gehirns«, ergänzte Holroyd.
    Während sie alle an die Felswand gelehnt unter dem Überhang saßen und getrocknete Früchte und Nüsse aßen, nahm Sloane ihr Fernglas zur Hand und suchte damit eine Reihe von Öffnungen in der Wand gegenüber ab. Nach einer Weile sagte sie: »Wie ich's mir gedacht habe. Da oben ist eine kleine Klippensiedlung. Die erste, die ich seit unserem Aufbruch gesehen habe.«
    Nora nahm das Fernglas und schaute hinauf zu der kleinen Ruine, die hoch oben an der Felswand klebte. Sie befand sich in einem kleinen Alkoven und war, wie alle Pueblos der Anasazi, nach Süden ausgerichtet, so dass sie im Sommer Schatten und im Winter Sonne hatte. Nora konnte am unteren Rand des Alkovens eine niedrige Mauer erkennen, hinter der sie einige Räume und einen runden Kornspeicher entdeckte.
    »Lassen Sie mich mal sehen«, sagte Holroyd und schaute, nachdem Nora ihm das Glas gereicht hatte, eine ganze Weile gespannt hinauf zu der Ruine. »Das ist ja unglaublich«, hauchte er.
    »Hier im Canon-Land von Utah gibt es Tausende solcher kleiner Ruinen«, erklärte Nora.
    »Und wovon haben diese Menschen gelebt?«, wollte Holroyd wissen, der das Fernglas noch immer nicht von den Augen nehmen wollte.
    »Vermutlich hatten sie am Canon-Boden ein paar kleine Mais-, Kürbis- oder Bohnenfelder. Außerdem haben sie gejagt und wilde Pflanzen gesammelt. Ich schätze, dass in dieser Ruine eine Großfamilie gewohnt hat.«
    »Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie da droben ihre Kinder großgezogen haben«, sagte Holroyd. »Man muss ganz schön mutig sein, um so hoch oben an einer Felswand zu leben.«
    »Oder ängstlich«, meinte Nora. »Es gibt eine Menge unterschiedlicher Theorien, weshalb die Anasazi plötzlich ihre Pueblos in der Ebene aufgegeben und sich in diese entlegenen Felsbehausungen zurückgezogen haben. Manche gehen davon aus, dass sie sich dort vor Angreifern in Sicherheit bringen wollten.«
    »Mir kommen diese Anasazi ziemlich hirnlos vor«, tönte Smithback, der inzwischen herangeritten war und Holroyd das Fernglas aus der Hand nahm. »Niemand, der auch noch halbwegs bei Trost ist, würde da oben hausen. Wie soll denn da der Pizza-Service hinaufkommen, wo es noch nicht mal einen Aufzug gibt?«
    Nora sah den Journalisten strafend an. »Was die Sache wirklich mysteriös macht, ist der Umstand, dass man keinerlei Hinweise auf kriegerische Handlungen oder mögliche Invasoren gefunden hat. Wir wissen lediglich, dass die Anasazi sich plötzlich in diese Felsenstädte zurückgezogen haben. Dort sind sie eine Weile geblieben und dann ganz aus dieser Gegend verschwunden. Manche Archäologen sind der Meinung, dass die Ursache der völlige Zusammenbruch ihres Sozialsystems war.«
    Sloane, die während Noras Erklärungen mit bloßen Augen weiter hinauf zu der Ruine geschaut hatte, nahm Smithback den Feldstecher ab, um die Felswand noch einmal genauer zu untersuchen. »Ich denke, ich habe einen Weg nach oben gefunden«, sagte sie. »Am oberen Ende des Geröllhanges dort drüben kommt man zu einem alten Klettersteig, der bis zum Felssims vor der Ruine führt.« Sie nahm das Fernglas vom Gesicht und sah Nora mit ihren vor Erwartung leuchtenden, bernsteinfarbenen Augen an. »Haben wir genügend Zeit für einen Versuch?«
    Nora schaute auf die Uhr. Sie hinkten ihrem Zeitplan ohnehin schon hoffnungslos hinterher, so dass es auf eine Stunde mehr oder weniger auch nicht mehr ankam. Außerdem war es ihre Pflicht als Archäologin, so viele Ruinen wie möglich zu erkunden. Und vielleicht würde eine Aktion wie diese ja auch den Corpsgeist der Expedition wieder beleben, der während des harten Rittes merklich gesunken war. Sie blickte hinauf zu der kleinen Ruine und spürte, dass auch ihre Neugier geweckt war. Immerhin war es ja denkbar, dass auch ihr Vater diese Klippenbehausung erkundet hatte und vielleicht seine in eine Felswand geritzten Initialen oder irgendein anderes Zeichen seiner Anwesenheit hinterlassen hatte. »Na schön«, sagte sie und griff nach ihrer Kamera. »Sieht ja nicht allzu schwierig

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