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Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten

Titel: Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten Kostenlos Bücher Online Lesen
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mögen, beobachtet zu werden«, antwortete der Glücksdrache knapp. »Wenn du
Lots Kinder
bemerkst, nehmen sie dich auch wahr. Das wäre deiner Gesundheit ganz und gar abträglich.«
    Nadja befolgte Hadubeys Ratschläge. Sie atmete flach und trat so leise wie möglich auf die offene Fläche. Ihr kleiner Begleiter wuselte vorneweg, zwischen den Rauchschwaden kaum mehr zu erkennen. Sie wollte ihn zurückrufen und ermahnen, auf sie Rücksicht zu nehmen; doch kaum hatte sie den Mund geöffnet, zogen die Wolken herbei, wie magisch von ihr angezogen.
    Die Schwaden umwaberten sie, kreisten sie ein. Sie vermittelten eine Art
Gier
, und sie schmeckten nach ranziger Zuckerwatte.
Nur nicht drauf achten!
, erinnerte Nadja sich.
Immer geradeaus blicken und den Glücksdrachen unter keinen Umständen aus den Augen verlieren
.
    Sie spürte, dass rings um sie Bedrohungen lauerten. Die Gestalten, die sich im Nebel verbargen,
wollten
gesehen,
wollten
registriert werden. Sie gierten nach ihrer Aufmerksamkeit, denn nur diese würde ihnen jene Bedeutung geben, die sie benötigten, um sich lebendig zu fühlen – und aus einer sonderbaren Zwischenwelt zurück in die Realität zu kehren.
    Ein Blick aus hell leuchtenden Iriden streifte sie – und verging gleich darauf in einem Feuer aus Blau und Rot. Eine der Töchter Lots hatte sich zu weit vorgewagt und einen Tabubruch begangen, der augenblicklich von einer höheren Macht bestraft wurde. Hier unten herrschten Verhältnisse, deren Mechanismen Nadja nicht verstand – und mit denen sie so wenig wie möglich zu tun haben wollte. Das Wiedersehen mit David war wichtig, sonst nichts!
    Endlich erreichten sie das gegenüberliegende Ufer. Dort existierte keine sichtbare Grenze oder Linie; doch die Erleichterung, die Nadja mit einem Mal überkam, war ihr Beweis genug, dass sie es geschafft hatte.
    »Schade«, sagte Hadubey, der unvermittelt vor ihr auftauchte. »Ich hatte schon gehofft, dass dich Lots Töchter verschlingen würden. Dann wäre mein Problem gelöst. Aber du bist zäher, als du wirkst.«
    »Verzeih mir, dass ich noch lebe.« Nadja kümmerte sich nicht länger um den Kleinen. Denn vor ihr, im Halbschatten einer vorspringenden Wand verborgen, stand David.
    Er war mit schweren, silberglänzenden Gliedern ans Gestein gekettet und so sehr in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, dass er seinen Kopf kaum in ihre Richtung zu drehen vermochte.
Er hat die Arme weit erhoben; wie Jesus, den man ans Kreuz schlug …
, dachte Nadja entsetzt.
    »Du wartest hier!«, befahl sie Hadubey knapp. Langsam und sorgfältig darauf bedacht, nur ja kein Geräusch zu machen, schritt sie auf David zu. Nichts sollte diesen Moment des Wiedersehens zerstören, auch nicht die fürchterlichen äußeren Umstände.
    Der Blick des Elfenprinzen drückte all das Leid aus, das er durchmachen musste – und dennoch glühte in ihm tiefe, durch nichts zu erschütternde Liebe. »Du bischt verrückt …«, sagte er ächzend. Eine metallene Mundsperre, die an das Folterinstrument eines Zahnarztes erinnerte, behinderte ihn beim Sprechen. »Du hättescht nicht hierherkommen schollen.«
    »Pst!«, machte Nadja und ließ ihre Finger über sein Gesicht wandern. Sie fühlte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. »Ich befreie dich, bringe dich von hier weg …«
    »Geht nischt.« David schluckte schwer. »Vertschauberte Feschscheln. Verschwinde von hier, scho rasch wie möglich.«
    Nadja hörte nicht auf ihn. Sie tastete nach dem Verschluss der Mundfessel, doch es gab keinen. Die Klammer saß unverrückbar fest, und als Nadja versuchte, ihre Finger unter das Gerät zu quetschen und den Druck, den das Folterinstrument auf Davids Mund ausübte, zu mindern, glaubte sie, wachsenden Widerstand zu spüren. Es war, als wehrte sich die Fessel gegen ihre Einmischung.
    Seufzend wandte die junge Frau sich um und winkte Hadubey herbei. »Ich möchte mich mit dem Gefangenen unterhalten. Kannst du die Mundsperre beseitigen?«
    Der Kleine kam mit zitternden Flügeln näher gehüpft. »Irgendwie habe ich den Verdacht, dass du mich angelogen hast. Du bist gar keine Konkubine Alebins, nicht wahr? Du bist die Kuh des Gefangenen.«
    »Die Kuh?
    »Das ist Drachenjargon. Drachenkuh – Drachenbulle – Drachenkalb. Du verstehst?«
    »Wirst du ihn nun von der Fessel befreien oder nicht? Möchtest du wissen, was ich dir antue, wenn du mir nicht gehorchst?«
    »Immer auf die Kleinen …« Hadubey vollzog seltsame Bewegungen und murmelte ein paar Worte.

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