Thurner, M: Elfenzeit 18: Rache der Verbannten
sie sich den Frust aus dem Körper; eine köstliche Elfen-Mahlzeit versüßte ihr den Abend, und eine latyrische Pommer-Raunze im Stimmbruch sang sie in den Schlaf …
Rian erwachte, ohne sagen zu können, was sie aus dem Schlummer gerissen hatte. Sie hatte von Arun, dem Piraten geträumt, und, sie musste es sich eingestehen, der Traum war nicht der allerschlechteste gewesen. Doch nun schrien all ihre Sinne Alarm. Sie schlug das Tuch zurück und richtete sich auf. Wachsam und von einem Moment zum nächsten bereit, ihr Leben mit Zähnen und Klauen zu verteidigen.
»Hab keine Angst«, flüsterte eine Stimme, die Rian sattsam bekannt war.
»Bandorchu … Was wollt Ihr hier?«, fragte die Prinzessin mit laut pochendem Herzen. Die Silhouette der Königin zeichnete sich schwach gegen das große Fenster ab, das gegen Süden gerichtet war. Rian hatte es sich von den Zwergen ausbedungen.
»Ich möchte in Ruhe mit dir reden. Oder verhandeln, wie man’s nimmt.« Bandorchu lachte glockenhell. »Abseits vom Tagesgeschäft, abseits von allen Konventionen, denen selbst ich mich unterwerfen muss.«
»Ich wüsste nicht, was wir zu besprechen hätten.« Rian stand auf, fröstelte. Sie zog sich einen prachtvoll bestickten Schlafmantel über, der wie selbstverständlich in ihrem Ruhezimmer hing. »Ich bin Eure Gefangene, Königin. Aber Ihr werdet mich niemals als Druckmittel gegen meinen Vater einsetzen können. Ihr solltet Fanmór kennen. Er wird sich selbst dann nicht auf einen Handel mit Euch einlassen, wenn es um das Leben seiner Tochter geht.«
»Dein Vater ist kein besonders pflegeleichter Elf«, sagte Bandorchu und heuchelte Verständnis. Sie setzte sich ihr gegenüber auf eine gepolsterte Bank, die langen Beine gekreuzt. Ein hoher Schlitz zerteilte das schwarze Kleid. War es Zufall, dass der Mond ausgerechnet in diesem Moment seinen silbrigen Schimmer über ihre makellosen Beine warf? Wollte die Königin Rian etwa locken und verführen? In der Anderswelt machten die Elfen keinen Unterschied, mit wem sie sich amüsierten, ob mit dem gleichen oder einem anderen Geschlecht … Hauptsache, es war romantisch.
Liebe. Wie falsch ist dieses Wort doch in Bezug auf uns Elfen, wenn ich es mit den ungleich intensiveren – und schmerzhafteren – Empfindungen der Menschen vergleiche
…
Bandorchu beugte sich ein wenig vor, der Stoff ihres so raffiniert geschnittenen Kleids knisterte. Eine Wolke betörenden Duftes hüllte Rian ein. Sie roch weites, grünes Land. Die Frische des Frühlings, vom Regen benetzte Erde, den Brunftschrei eines Hirsches. Würde das Parfum, das die Königin aufgetragen hatte, einen Namen besitzen, hieße es »Leben«. Wildes, ungezügeltes, leidenschaftliches Leben.
Unbehaglich rieb Rian sich die Arme. Warum sagte die Dunkle Frau nichts? War das Teil ihrer Masche, um sie für sich einzunehmen?
»Ich wollte niemals, dass es so weit kommt«, flüsterte Bandorchu. »Manchmal bin ich der ewigen Streitereien müde. Ich wünschte, wir könnten dies mit einem Federstreich beenden und glücklich auseinandergehen. Aber die Umstände erlauben es nicht. Fanmórs Sturheit und Alebins Torheit stehen einer Einigung, mit der alle leben könnten, im Wege.« Sie seufzte. »Ich bin keinesfalls frei von Fehlern. Ich habe Dinge getan, die ich heute zutiefst bereue.«
»Warum erzählt Ihr mir das alles?« Rian gab sich möglichst unbeeindruckt. Obwohl sie spürte, dass ein wahrer Kern in Bandorchus Worten steckte.
Oder ließ die Königin einen Zauber wirken? Immerhin befanden sie sich auf Tara, dem derzeitigen Zentrum ihres Reiches, das sich, wenn es nach den Vorstellungen der Dunklen Frau ging, bald über alle Welten erstrecken sollte.
»Von dir kann ich keine Hilfe erwarten.« Bandorchus Stimme klang einlullend. Beruhigend. Sie zersetzte den Willen. »Aber vielleicht kannst du so etwas wie Verständnis für meine Situation aufbringen.«
Ihre Schenkel, so verführerisch … Ihr weißes, weiches Fleisch … Ihre Lippen, dunkelrot und voll … Alles an ihr ist Begierde und Lust und Trost
…
Rian fühlte sich mitgerissen und mitgezogen, auf diese Frau zu, die all das darstellte, was sie jemals als begehrenswert empfunden hatte. Vergessen war die Erinnerung an Arun. Nur noch Bandorchu zählte – und das, was sie zu geben bereit war.
Die Elfe setzte sich in Bewegung. Ihre Knie waren weich; mühsam setzte sie einen Schritt vor den anderen. Hin zu ihr, hin zu dieser verführerischen Göttin.
Fanmór war es nicht wert, auch
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