Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre
drei.«
»Ich kann es Ihnen nicht sagen …!«
»Eins.«
»Er würde mich umbringen.«
»Zwei.«
Das war mein Stichwort. »Wir könnten Sie in Schutzgewahrsam nehmen.«
»Schutz? Vor ihm?« rief Müller. »Daß ich nicht lache!«
»Drei!«
Müller schloß die Augen und begann zu zittern. Schitt ließ die Waffe sinken. So kamen wir nicht weiter. Plötzlich hatte ich eine Idee.
»Er hat das Manuskript gar nicht mehr, nicht wahr?«
Müller öffnete ein Auge und sah mich an. Genau darauf hatte ich gewartet.
»Mycroft hat es vernichtet, nicht?« fragte ich weiter. Ich versuchte, wie mein Onkel zu denken – offenbar mit Erfolg.
»Stimmt das?« wollte Jack Schitt wissen. Müller schwieg.
»Dann braucht er jetzt vermutlich dringend eine Alternative«, gab Hicks zu bedenken.
»Es gibt Tausende von Originalmanuskripten«, murmelte Schitt.
»Und die können wir unmöglich alle bewachen. Hinter welchem ist er her?«
»Das kann ich Ihnen nicht sagen«, stotterte Müller; seine Entschlossenheit ging langsam, aber sicher zum Teufel. »Er würde mich umbringen.«
»Er wird Sie mit Sicherheit umbringen, wenn er erfährt, daß Sie uns die Geschichte mit Mycroft und dem Manuskript verraten haben«, sagte ich mit ruhiger Stimme.
»Aber das habe ich doch gar nicht …!«
»Woher soll er das wissen? Wir können Sie schützen, Müller, aber wir müssen Hades fassen. Wo ist er?«
Müller blickte von einem zum anderen.
»Schutzgewahrsam?« stammelte er. »Dazu werden Sie eine kleine Armee brauchen.«
»Das läßt sich arrangieren«, versicherte Schitt, der für seinen sparsamen Umgang mit der Wahrheit berühmt war. »Die Goliath Corporation ist durchaus bereit, sich in dieser Angelegenheit großzügig zu zeigen.«
»Na schön … ich sag’s Ihnen.«
Er blickte in die Runde und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
»Ist es nicht ziemlich heiß hier drin?« fragte er.
»Nein«, antwortete Schitt. »Wo ist Hades?«
»Also, er ist … im …«
Plötzlich verstummte er. Sein Gesicht verzerrte sich vor Angst, ein heftiger Stich fuhr ihm ins Kreuz, und er schrie auf vor Schmerz.
»Raus mit der Sprache! Schnell!« rief Schitt, sprang auf und packte den Gepeinigten am Revers.
»Pen-de-rynnnnnn …«, kreischte er. »Er ist im …!«
»Weiter!« schrie Schitt. »Es gibt wahrscheinlich tausend Penderyns!«
»Das ist ein
Quizzzzzz
«, stöhnte Müller. »…
aaah!
«
»Ich hab die Nase voll von Ihren Spielchen!« brüllte Schitt und schüttelte Müller. »Raus mit der Sprache, oder ich erwürge Sie mit bloßen Händen!«
Doch Müller konnte nicht mehr klar denken und war auch für Schitts Drohungen nur noch begrenzt empfänglich. Sich in Krämpfen windend, fiel er zu Boden.
»Sanitäter!« schrie ich und kniete mich neben dem konvulsivisch zuckenden Müller hin, um ihm zu helfen. Aber es war schon zu spät.
Ein stummer Schrei entrang sich seiner Kehle, und er stellte die Augen auf Null. Der Geruch von versengter Kleidung stieg mir in die Nase. Ich wich zurück, als eine grelle, orangerote Flamme aus seinem Jackett schlug. Sie setzte seinen Körper in Brand, und wir räumten eilig das Feld, während er in der starken Hitze bis zur Unkenntlichkeit verkohlte; das Ganze dauerte keine vierzig Sekunden.
»Mist!« stieß Schitt hervor, als sich der Rauch verzogen hatte.
Müller war nur noch ein glühendes Häuflein Asche. Das reichte nicht mal, um ihn zu identifizieren.
»Hades«, murmelte ich. »Eine Art eingebaute Sicherung. Sobald Müller sich verplappert … puff, geht er in Flammen auf. Raffiniert.«
»Das hört sich an, als ob Sie ihn bewundern würden, Miss Next«, meinte Schitt. »Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich?«
»Ehre, wem Ehre gebührt.« Ich zuckte die Achseln. »Wie der Hai hat Acheron sich im Lauf der Jahre zu einem fast perfekten Räuber entwickelt. Ich habe noch nie Großwild gejagt und würde es auch niemals tun, aber ich verstehe jetzt, was manche Leute daran so reizvoll finden. Als erstes«, fuhr ich fort, ohne den qualmenden Aschehaufen zu beachten, der noch vor kurzem Müller gewesen war, »müssen wir überall dort, wo Originalmanuskripte aufbewahrt werden, die Zahl der Wachtposten verdreifachen. Danach müssen wir jedes noch so abgelegene Penderyn durchsuchen.«
»Ich kümmere mich darum«, sagte Hicks, der nur auf eine Gelegenheit gewartet hatte, sich aus dem Staub zu machen.
Schitt und ich sahen uns an.
»Sieht aus, als stünden wir auf derselben Seite, Miss
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