Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre
Rover, bevor sie es sich anders überlegten. Mißtrauisch betrachtete er den Handschuh. Was, um Himmels willen, ging dort oben vor?
Der Land Rover setzte ihn am Osteingang der Hügelfestung ab, wo etwa fünfzig stahlbehelmte Männer und Frauen durcheinanderliefen.
In der Festungsmitte stand ein großes Zelt mit zahllosen Antennen und einer gigantischen Satellitenschüssel auf dem Dach. Ein Stück den Hügel hinauf drehte sich langsam eine Radarantenne. Er hatte ein riesiges Teleskop oder so etwas erwartet, doch nichts dergleichen war zu sehen.
»Name?«
Victor fuhr herum; vor ihm stand ein kleiner Mann und starrte ihn an. Er hatte ein Klemmbrett in der Hand, einen Stahlhelm auf dem Kopf und schien seine begrenzte Autorität über die Maßen zu genießen.
Victor versuchte es mit einem Bluff. »Das da bin ich«, sagte er und zeigte auf einen Namen am Ende der Liste.
»Dann sind Sie also Mr. Bitte Wenden?«
»Darüber«, entgegnete Victor eilig.
»Mrs. Trotswell?«
»Hmm, äh, nein. Ceres. Augustus Ceres.«
Der kleine Mann sah in seiner Liste nach und ging die Namen der Reihe nach mit seinem stählernen Kugelschreiber durch.
»Hier gibt es niemanden dieses Namens«, sagte er langsam und beäugte Victor mißtrauisch.
»Ich bin aus Berwick-upon-Tweed«, erklärte Victor. »Nachzügler. Hat Ihnen denn niemand Bescheid gesagt? Dr. Müller meinte, ich könne jederzeit vorbeikommen.«
Der kleine Mann erschrak. »Müller? Wir haben hier niemanden dieses Namens. Sie meinen vermutlich Dr. Cassiopeia.« Er zwinkerte ihm grinsend zu. »So weit, so gut«, setzte er hinzu, sah erst auf seine Liste und blickte sich dann in der Festung um, »die Außenposten sind schwach besetzt. Sie können B3 übernehmen. Haben Sie einen Handschuh? Gut. Wie steht’s mit einem Helm? Macht nichts. Hier, nehmen Sie meinen; ich hole mir einen neuen aus dem Lager. Einschlag um 14 Uhr 32. Schönen Tag noch.«
Victor nahm den Helm und ging in die Richtung, in die der kleine Mann gezeigt hatte.
»Haben Sie gehört, Thursday?« zischte er. »Dr. Cassiopeia.«
»Ja«, antwortete ich. »Mal sehen, ob wir was über ihn rausfinden können.«
Bowden sprach schon mit Finisterre, der im Büro auf eine ebensolche Anfrage gewartet hatte.
Victor stopfte seine Bruyèrepfeife und ging gemächlich in Richtung Posten B3, als ihn ein Mann in dicker Winterjacke fast über den Haufen rannte. Er kannte Dr. Müllers Gesicht von dem Verbrecherfoto. Victor lüftete den Hut, entschuldigte sich und ging weiter.
»Warten Sie!« rief Müller. Victor drehte sich um. Müller starrte ihn mit hochgezogener Augenbraue an.
»Habe ich Ihr Gesicht nicht schon mal woanders gesehen?«
»Nein, es war immer schon da, wo es ist«, versuchte Victor die Situation mit einem Scherz zu überspielen. Müller starrte ihn mit ausdrucksloser Miene an, während Victor weiter seine Pfeife stopfte.
»Ich weiß genau, daß ich Sie schon mal irgendwo gesehen habe«, fuhr Müller fort, doch Victor konnte so leicht nichts erschüttern.
»Das glaube ich kaum«, widersprach er und streckte die Hand aus.
»Ceres«, setzte er hinzu. »Vom Spiralarm Berwick-upon-Tweed.«
»Ach, Berwick-upon-Tweed?« sagte Müller. »Dann kennen Sie doch bestimmt auch meinen guten Freund und Kollegen Professor Barnes?«
»Nie von ihm gehört«, gestand Victor; Müller wollte ihn vermutlich auf die Probe stellen. Müller sah lächelnd auf seine Armbanduhr.
»Einschlag in sieben Minuten, Mr. Ceres. Sie sollten langsam Posten beziehen.«
Victor steckte seine Pfeife an und ging in die Richtung, die man ihm gewiesen hatte. In der Erde steckte ein Pflock mit der Aufschrift B3; er stellte sich daneben und kam sich reichlich albern vor. Die anderen Erdkreuzer hatten ihre Helme aufgesetzt und suchten den westlichen Himmel ab. Victor blickte sich um und erregte die Aufmerksamkeit einer attraktiven Frau seines Alters, die ein paar Schritte weiter an B2
Aufstellung genommen hatte.
»Hallo!« sagte er fröhlich und tippte sich an den Helm.
Die Frau klimperte verschämt mit den Wimpern.
»Alles in Ordnung?« fragte sie.
»Tipptopp!« erwiderte Victor elegant und setzte rasch hinzu: »Nun ja, nicht ganz. Das ist mein erstes Mal.«
Die Frau winkte lächelnd mit ihrem Handschuh.
»Es ist kinderleicht. Halten Sie die Augen offen, und fangen Sie nur mit ausgestrecktem Arm. Mal prasseln sie regelrecht vom Himmel, mal gucken wir buchstäblich in den Mond, aber
wenn
Sie einen erwischen, legen Sie ihn sofort ins Gras.
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