Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre

Titel: Thursday Next 01 - Der Fall Jane Eyre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
Vom Netzwerk:
entweder von langer Hand vorbereitet war, oder jemand hat die historischen Quellen manipuliert.«
    Er schwieg einen Moment, blickte sich um und senkte die Stimme noch weiter.
    »Bitte verraten Sie den anderen Marlowianern nichts, aber noch etwas spricht gegen einen vorgetäuschten Tod.«
    »Ich bin ganz Ohr.«
    »Marlowe kam im Verwaltungsbezirk des Coroners zu Tode.
    Sechzehn Juroren sahen seinen
angeblich
vertauschten Leichnam, und es ist äußerst unwahrscheinlich, daß sich der Coroner bestechen ließ. Ich an Walsinghams Stelle hätte Marlowes Tod in der Provinz getürkt, wo man einen Coroner wesentlich leichter kaufen konnte. Er hätte sogar noch weiter gehen und den Leichnam verstümmeln lassen können, um die Identifizierung unmöglich zu machen.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Daß Walsingham Marlowe womöglich
selbst
ermorden ließ, um ihn zum Schweigen zu bringen. Unter Folter hätte er vermutlich ausgepackt, und es spricht einiges dafür, daß Marlowe wußte, wieviel Dreck Walsingham am Stecken hatte.«
    »Und?« fragte ich. »Wie erklären Sie es sich dann, daß wir so gut wie nichts über Shakespeare wissen? Daß er ein kurioses Doppelleben führte? Und daß seine literarische Arbeit in Stratford praktisch unbekannt war?«
    Chris zuckte die Achseln.
    »Keine Ahnung. Aber außer Marlowe gab es im elisabethanischen London niemanden, der auch nur annähernd dazu in der Lage gewesen wäre, solche Stücke zu schreiben.«
    »Irgendwelche Theorien?«
    »Nein. Aber die Elisabethaner waren ein komischer Haufen. Höfische Intrigen, der Geheimdienst …«
    »Und alles wandelt sich ins Gegenteil …«
    »Sie sagen es. Prost.«
    Wir stießen an, und Chris ging davon, um einen anderen Gast zu bedienen. Ich spielte eine halbe Stunde Klavier und zog mich dann zurück. Ich fragte noch einmal bei Liz nach, doch Landen hatte sich nicht gemeldet.

27. Hades findet ein neues Manuskript
    Ich hatte gehofft, ein Manuskript von Austen oder Trollope, Thackeray, Fielding oder Swift zu finden.
Vielleicht auch einen Johnson, Wells oder Conan Doyle.
Ein Defoe wäre nicht schlecht gewesen. Und nun stellen Sie sich meine Freude vor, als ich erfuhr, daß Charlotte Brontës Meisterwerk
Jane Eyre
in ihrem Elternhaus zur Ansicht auslag. Wie sollte ich an so einer Gelegenheit vorbeigehen?
    ACHERON HADES Die Lust am Laster
    Unsere Sicherheitsempfehlungen waren dem Brontë-Museum übermittelt worden, und in jener Nacht taten fünf bewaffnete Wachleute Dienst. Es waren allesamt kräftige Burschen aus Yorkshire, die man für diese ehrenhafte Aufgabe ausgesucht hatte, weil sie auf den literarischen Ruhm von Charlotte Brontë natürlich besonders stolz waren. Einer beaufsichtigte das Manuskript, ein zweiter hielt im Gebäude Wache, Nummer drei und vier gingen auf dem Gelände Streife, und der fünfte saß in einem kleinen Raum vor sechs TV-Bildschirmen. Er aß ein Brot mit Ei und Zwiebeln und ließ die Fernseher nicht aus den Augen, konnte auf den Monitoren jedoch keinerlei Unregelmäßigkeit entdecken. Allerdings hatte er keine Ahnung, über welche besonderen Fähigkeiten Hades verfügte. Diese Informationen waren ausschließlich Mitarbeitern der Sektionen SO-1 bis 9 zugänglich.
    Es fiel Hades also nicht schwer, sich Zutritt zu verschaffen; er schlüpfte einfach durch die Küchentür, nachdem er das Schloß mit einem Stemmeisen aufgebrochen hatte. Der Wachmann, der im Haus seinen Rundgang machte, hörte Acheron nicht kommen. Sein lebloser Körper wurde später unter dem Ausgußbecken gefunden. Lautlos stieg Hades die Treppe hinauf. Dabei hätte er soviel Lärm machen können, wie er nur wollte. Er wußte, daß ihm die Wachleute mit ihren 38ern nichts anhaben konnten, aber mir nichts, dir nichts hineinzuspazieren und sich zu bedienen machte einfach keinen Spaß. Langsam tappte er den Flur entlang zu dem Zimmer, in dem das ausgestellte Manuskript lag, und spähte hinein. Das Zimmer war leer. Der Wachmann war aus irgendeinem Grund nicht da. Hades trat vor den Schaukasten aus Panzerglas und legte die Hand genau über das Buch. Das Glas unter seinem Handteller begann sich zu kräuseln und wurde weich; bald war es so biegsam, daß Hades die Finger hindurchstecken und das Manuskript ergreifen konnte. Die destabilisierte Oberfläche dehnte und streckte sich wie Gummi, als er das Buch herauszog, und verwandelte sich gleich darauf in festes Glas zurück; allenfalls eine leichte Sprenkelung ließ erahnen, daß seine Molekularstruktur verändert

Weitere Kostenlose Bücher