Thursday Next 02 - In einem anderen Buch
um zu sehen, wer da war. Dann warf er einen Blick auf die Uhr. »Na schön«, sagte er schließlich. »Aber spätestens um Mitternacht will ich mein Geld haben, sonst sind Sie dran!«
Ich zeigte Pickwick ein Marshmallow, um sie dazu zu kriegen, dass sie auf einem Bein stand, aber sie starrte mich bloß mit leerem Blick an, so dass ich es schließlich aufgab. Ich fütterte sie, wechselte das Papier in ihrem Körbchen, rief SO-27 an und fragte nach Spike. Es war nicht der beste Plan, aber er hatte den großen Vorteil, dass er der einzige Plan war, und schon deshalb hielt ich es für geboten, ihn auszuprobieren.
Es dauerte eine Weile, aber schließlich wurde ich tatsächlich zu Spike durchgestellt. Er war wie immer auf der Jagd in seinem Streifenwagen. Ich erzählte ihm von meiner Geldknappheit, und er sagte mir, sein Etat für freie Mitarbeiter sei bestens gefüllt, weil kein vernünftiger Mensch mehr Lust hätte, mit ihm auf Streife zu gehen. Wir verabredeten einen gigantischen Stundenlohn und einen Treffpunkt innerhalb der nächsten anderthalb Stunden. Erst als ich den Hörer auflegte, wurde mir klar, dass ich vergessen hatte, ihm zu sagen, dass wir vielleicht nicht gerade Vampirarbeit machen sollten. Ach, zur Hölle! Ich brauchte das Geld.
23. Spaß mit Spike
Van Helsing’s Gazette: Haben Sie eigentlich viel Zeit mit der ÜW-Bekämpfung verbracht?
Agent Stoker: Ja, allerdings. Das Einfangen Übelster Wesen - oder ÜWs, wie sie vom Fachmann genannt werden - ist die Hauptarbeit für SO-17. Wieso es überhaupt mehr als ein Übelstes Wesen geben kann, weiß ich nicht. Jedes einzelne Übelste Wesen, das ich geschnappt habe, hielt sich nicht nur für die schlimmste, sondern auch für die einzige Verkörperung des Bösen, die jemals auf der Welt unterwegs war. Sie müssen ziemlich überrascht und frustriert gewesen sein, wenn sie am Ende mit Tausenden von anderen ÜWs zusammen in den Glasbehältern der Behörde zur Aufbewahrung Hassenswerter Geschöpfe eingesperrt wurden. Wo sie alle herkamen, kann ich nicht sagen. Ich glaube, da muss irgendwo ein Loch in der Welt sein, durch das sie einsickern.
Wie ein tropfender Wasserhahn, wissen Sie. (Lacht.) Jemand sollte die Dichtung erneuern.
»SPIKE« STOKER ehemaliger SO-17-Agent in einem Interview mit Van Helsing's Gazette, 1996
Die Ereignisse, von denen ich jetzt berichte, fanden im Winter des Jahres 1985 an einem Ort statt, der aus Gründen der Diskretion besser ungenannt bleiben soll. Nur so viel: Das kleine Dorf, das ich in jener Nacht aufsuchte, war menschenleer, und das schon seit einiger Zeit. Die Häuser waren verlassen und von jugendlichen Vandalen zerstört worden. Das Wirtshaus, der Krämerladen und die Dorfgemeinschaftshalle waren nur noch leere Gehäuse. Als ich langsam die dunkle Straße hinunterfuhr, sprangen Ratten von den zurückgebliebenen Müllhaufen und kleine Nebelfetzen wehten über die Fahrbahn. Ich erreichte die alte Eiche am ehemaligen Dorfbrunnen, hielt an und stellte die Scheinwerfer und den Motor ab. Nichts war zu hören. Kein Lufthauch bewegte die Zweige, kein Zeichen von menschlichem Leben ermutigte mich. Es war nicht immer so hier gewesen. Ehedem hatten hier Kinder gespielt und Nachbarn hatten sich freundlich gegrüßt. Sonntag nachmittags hatten Rasenmäher gebrummt, und vom Village Green hörte man die Krocketschläger, die auf den Ball trafen. Aber das war vorbei. All dies war in einer Spätwinternacht vor zehn Jahren verloren gegangen, als sich die Mächte des Bösen erhoben und das Dorf und alle seine Bewohner für sich beanspruchten. Ich sah mich um, und in der kalten Nebelluft stand der Atem mir vor dem Mund. Die in den schwarzen Himmel ragenden Gerippe der Häuser wirkten wie ein Mahnmal an jene schreckliche Nacht. Direkt neben mir parkte ein anderer Wagen, und an seine Tür gelehnt stand der Mann, der mich hierher gebracht hatte. Er war hoch gewachsen und muskulös. Er hatte Schrecken gesehen, denen ich mich hoffentlich nie würde aussetzen müssen. Sein Herz war voller Pflichtbewusstsein, Treue und Mut. Als ich auf ihn zuging, erschien ein Lächeln auf seinen Zügen, und er sprach: »Ein ziemliches Scheißkaff, nicht wahr, Thurs?«
»Stimmt«, sagte ich, froh darüber, dass ich nicht länger allein war. »Mir sind gerade lauter unheimliche Gedanken durch den Kopf gegangen.«
»Wie geht's Ihnen denn? Hat Ihr Ehemann immer noch Existenzsorgen?«
»Ja, er ist immer noch weg, aber ich arbeite dran. Was steht denn hier
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