Thursday Next 02 - In einem anderen Buch
du bei der Vernissage verdient?«
»Über £ 2000 an Kommissionen. Eigentlich wollte ich davon das Kirchendach reparieren, aber dann dachte ich: Zur Hölle, ich werde es alles für Schnaps, Curry und Prostituierte ausgeben.«
Ich lachte. »Na klar, Joff!« Ich spülte zwei Tassen und fragte: »Kann ich irgendwas für dich tun?«
»Ich wollte die Sachen von Miles abholen.«
Ich hielt abrupt inne und drehte mich um. »Kannst du das bitte noch mal sagen?«
»Ich habe gesagt, ich wollte -«
»Ich weiß, was du gesagt hast, aber, aber - woher kennst du denn Miles?«
Joff lachte, aber als er sah, dass es mir bitterernst war, runzelte er die Stirn und sagte: »Er hat mir schon erzählt, dass du ihn bei Lord Volescamper irgendwie nicht erkannt hättest. Ist alles in Ordnung?«
Ich zuckte die Achseln. »Nein, überhaupt nicht, Joff. Aber sag doch: Woher kennst du Miles?«
»Aber Thursday, das kannst du doch nicht vergessen haben! Er ist mein Liebhaber!«
»Wie? Du und Miles, ihr .«
»Sicher! Warum denn nicht?«
Das waren wirklich gute Nachrichten. »Dann sind seine Kleider also in meiner Wohnung, weil -«
»- wir die gelegentlich von dir borgen.«
»Und die Wohnung borgt ihr euch, weil niemand wissen darf, dass ihr ... ?«
»Genau. Du weißt doch, wie altmodisch SpecOps ist, wenn seine Beamten mit Klerikern ... fraternisieren.«
Ich fing laut an zu lachen und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht.
»Was ist los, Schwesterherz?« fragte Joff und sprang auf.
Ich umarmte ihn innig. »Nichts ist los, Joff. Es ist wunderbar. Ich kriege kein Kind von ihm!«
»Von Miles?« sagte Joff. »Das wäre wirklich erstaunlich! He, warte mal, Schwester - du hast ein Brötchen im Ofen? Wer ist denn der Vater?«
Ich lächelte unter Tränen. »Es ist von Landen«, sagte ich mit neuer Zuversicht. »Bei Gott, es ist bestimmt von Landen!«
Vor lauter Freude hüpfte ich auf und nieder, und weil er nichts Besseres zu tun hatte, sprang Joffy auf und hüpfte ebenfalls auf und nieder, bis Mrs Scroggins aus der Wohnung unter uns mit einem Besenstiel an die Decke klopfte und sich beschwerte.
»Liebste Schwester«, sagte Joffy, sobald wir aufgehört hatten. »Wer im Namen von St. Zvlkx ist dieser Landen?«
»Landen Parke-Laine«, zwitscherte ich. »Die Chrono-Garde hat ihn genichtet, aber es ist etwas Wunderbares geschehen, ich trage sein Kind und das bedeutet, dass alles gut ausgeht, nicht wahr? Aber ich muss ihn jetzt sofort zurückholen; denn wenn mich Aornis erwischt, werden er und das Baby nie existieren, und das könnte ich nicht ertragen. Ich hab schon viel zu viel Zeit vertrödelt. Ich gehe jetzt in den ›Raben‹, ganz egal was passiert. Denn wenn ich es nicht tue, werd ich verrückt!«
»Ich freue mich wirklich sehr für dich«, sagte Joffy nachdenklich. »Du hast zwar den Verstand verloren, mein kleiner Doofus, aber ich freue mich trotzdem.«
Ich stürmte ins Wohnzimmer, wühlte auf meinem Schreibtisch herum, bis ich die Visitenkarte fand, die mir Schitt-Hawse in die Hand gedrückt hatte, griff nach dem Telefon und wählte die Nummer. Noch vor dem zweiten Läuten war er am Apparat.
»Ah, Next«, sagte er triumphierend. »Haben Sie Ihre Meinung geändert?«
»Ich gehe für Sie in den ›Raben‹, Schitt-Hawse. Aber wenn Sie mich reinzulegen versuchen, werde ich Sie und Ihren Halbbruder in die übelste Daphne-Farquitt-Schnulze sperren, die ich finden kann. Glauben Sie mir, ich habe damit keine Probleme.«
Es entstand eine Pause. Dann sagte er: »Ich schicke Ihnen den Wagen.«
28. ›Der Rabe‹
›Der Rabe‹ ist ohne Zweifel Edgar Allan Poes schönste und berühmteste Ballade. Sie war wohl auch sein persönliches Lieblingsgedicht, das er bei vielen Lesungen vortrug. Das 1845 veröffentlichte Gedicht zeigt starke Anklänge an Elizabeth Barretts Ballade ›Lady Geraldine's Courtship‹, was Poe in der ursprünglichen Widmung auch durchaus anerkannte, später aber in seinem Essay ›The Philosophy of Composition‹ wo er die Entstehungsgeschichte des ›Raben‹ erklärte, stillschweigend überging, was seine Angriffe auf Longfellows angebliche Neigung zum Plagiat einigermaßen fragwürdig erscheinen lässt. Poe war eines der schwer geprüften Genies, bei denen der Ruhm stets im umgekehrten Verhältnis zu seinen Einnahmen stand. Von seiner berühmten Erzählung Der goldene Käfer wurden 300 000 Exemplare verkauft, aber er verdiente damit nur 100 Dollar. Mit dem ›Raben‹ erging es ihm fast noch schlimmer. Seine
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