Thursday Next 04 - Es ist was Faul
kommen wolle. Aber jetzt war Hamlet plötzlich gar nicht mehr so glücklich mit dieser Idee und hielt einen weiteren endlosen Monolog, den Emma so langweilig fand, dass sie heimlich nach unten schlich, um sich etwas zu trinken zu holen. Als sie mit einem Bier nach oben zurückkehrte, redete Hamlet noch weitere fünf Minuten, ehe er schließlich aufhörte, ohne eine Entscheidung getroffen zu haben. Letztlich war ich darüber sehr froh, denn es gab ja zur Zeit gar kein Stück, in das er hätte zurückkehren können.
Ich überlegte gerade, ob ich es wohl schaffen würde, einen geklonten Shakespeare zu finden, als ich ein leises Jammern hörte. Ich ging nach unten und fand Friday an der Tür des Wohnzimmers vor. Er hatte wirre Haare und sah sehr verschlafen aus.
»Gut geschlafen, mein Sohn?«
»Sunt in culpa qui officia, deserunt mollit«
, erwiderte er, was ich mir etwa so übersetzte: Ich habe sehr gut geschlafen und brauche jetzt etwas zu essen, um die nächsten zwei Stunden zu überstehen.
Ich ging in die Küche und spürte, dass in meinem Hinterkopf etwas rumorte. Eine Bemerkung von meiner Mutter? Oder hatten Stig oder Emma etwas gesagt, das mich beunruhigen musste? Ich machte Friday ein Nutella-Brot, das er sich anschließend breit ins Gesicht schmierte.
»Ich glaube, ich habe genau die richtige Farbe für Sie«, sagte meine Mutter und suchte einen silbergrauen Nagellack heraus, der gut zu Melanies schwarzem Fell passte. »Du meine Güte, Sie haben wirklich kräftige Nägel!«
»Ich grabe nicht mehr so viel wie früher«, sagte Melanie mit leichtem Bedauern. »Trafford mag es nicht. Er sagt, die Nachbarn würden darüber reden.«
Mein Herz setzte für eine Sekunde aus. Und dann schrie ich völlig unkontrolliert:
»Deshalb!!!«
Meine Mutter zuckte zusammen, beschmierte Melanies Hand und kippte ihr obendrein noch die ganze Flasche Nagellack über das gelbe Kleid mit den weißen Punkten. »Jetzt schau mal, was du gemacht hast«, schimpfte sie lautstark. »Wie kannst du mich so erschrecken?« Auch Melanie sah nicht sehr glücklich aus.
»Herrje, Daisy! Verdammt noch mal, Daisy! Daisy Mutlar! Mama, sag mal! Warum hast du eben eigentlich Daisy Mutlar erwähnt?«
»Na ja … Ich dachte, du wärst vielleicht sauer, dass sie immer noch in der Stadt ist.«
Daisy Mutlar, das sollte an dieser Stelle vielleicht erwähnt werden, war eine aufgetakelte Person, die Landen beinahe geheiratet hätte, als wir uns mal zehn Jahre getrennt hatten. Aber darauf kam es nicht an. Wichtig war vielmehr, dass es ohne Landen völlig unwichtig war ob es eine Daisy gab oder nicht. Wenn Daisy in der Stadt war und meine Mutter das wusste, dann musste Landen ebenfalls in der Stadt sein – oder sonst irgendwo.
Ich warf einen Blick auf meine Hand. An meinem Ringfinger hatte ich – einen Ring. Einen
Ehering!
Ich zog ihn ein Stück weit herunter und sah, dass die Haut darunter schneeweiß war. Es sah aus, als wäre er schon jahrelang da. Und das konnte nur eins bedeuten …
»Wo ist eigentlich Landen?«, fragte ich unschuldig.
»Zu Hause, nehme ich an«, sagte meine Mutter und zuckte die Achseln. »Bleibst du zum Essen?«
»Heißt das, er ist
nicht
genichtet?«
Sie sah verwirrt aus. »Um Himmels willen! Natürlich nicht, Schätzchen.«
Meine Augen verengten sich unwillkürlich. »Und ich war auch nie bei den Anonymen NichtungsOpfern mit dir?«
»Natürlich nicht, Schätzchen. Du weißt doch, dass ich und Mrs Beatty die Einzigen sind, die da jemals hingehen. Und Mrs Beatty kommt auch bloß, um mich zu trösten. Was redest du eigentlich? He, komm zurück! Wo rennst du denn – ?«
Ich war schon aus der Tür und halb auf der Straße, als ich plötzlich merkte, dass ich Friday nicht bei mir hatte. Reumütig kehrte ich in die Küche zurück, um ihn zu holen, und musste feststellen, dass trotz des Lätzchens sein T-Shirt von oben bis unten mit Schokolade verschmiert war. Ich zog es ihm aus, streifte ihm sein Sweatshirt über, stellte fest, dass es ebenfalls dreckig war, und suchte ein frisches. Dann wechselte ich seine Windeln und fand keine Socken.
»Was machst du da, Schätzchen?«, fragte meine Mutter vorsichtig, als sie mich kopfüber in ihrem Wäschekorb herumwühlen sah.
»Es ist wegen Landen«, sagte ich aufgeregt. »Er war doch genichtet, und jetzt ist er wieder da, und ich möchte, dass er Friday kennen lernt, aber Friday ist jetzt einfach zu klebrig, um seinen Vater kennen zu lernen.«
»Landen? Genichtet? Wann soll das
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