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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Nostalgie dieses Ortes gegenüber, der starrköpfigen Weigerung neuhafener Traditionen, sich einem neuen Zeitalter anzupassen. Sie ignorierte die Drachenfüße, die Bündel duftender Kräuter, die bizarre Mischung verschiedener Gerüche, die ihre Sinne attackierten, taub gegenüber...
    »Sprachen Sie zu mir?« Plötzlich wurde ihr bewußt, daß sie nicht alleine vor dem Regal stand.
    »Ja. Sie scheinen die gepuderten Lougs entfernt zu haben. Könnten Sie mir sagen, wohin sie ...?« Eine dunkelhaarige, schlanke Frau mit feiner Haut, wahrscheinlich eine Eingeborene. Blind – Jerusha konnte den Lichtsensor sehen, den sie auf der Stirn trug.
    Jerusha überflog die Regale, der Ladenbesitzer tratschte gerade angeregt mit einem anderen Neuhafener, dann wandte sie sich wieder um. »Ich glaube, die sind an der Rückwand.« Sie trat einen Schritt auf das Regal zu, um die Blinde vorbeizulassen.
    Doch die Frau blieb im Korridor stehen, sie hielt den Kopf etwas gesenkt, als würde sie immer noch zuhören. »Inspektor ... PalaThion, nicht wahr?«
    »Kommandant PalaThion.« Sie vergalt Geringschätzung mit kaum verhohlener Geringschätzung.
    »Natürlich. Entschuldigen Sie. «
    Wenn die Sonne schwarz wird.
Jerusha sah weg.
    »Als ich das letztemal Ihre Stimme hörte, waren Sie noch Inspektor PalaThion. Ich vergesse nie eine Stimme, aber manchmal vergesse ich meine Manieren.« Sie lächelte humorvoll und entschuldigend, bis Jerusha spürte, wie ihre Unmutsmiene zerstob. »Das ist fast fünf Jahre her. Mein Laden ist direkt nebenan. Ich kam einmal mit Funke Dawntreader zu Ihrer Station.«
    »Die Maskenmacherin.« Endlich konnte Jerusha die Frau einorden. »Ja, ich erinnere mich.«
Ich erinnere mich genau. Diesen kleinen Bastard zu retten, war der zweitgrößte Fehler meines Lebens.
    »Ich sah, wie Sie sich draußen mit ihm unterhalten haben.«
(Sah?
Jerusha durchlebte einen Moment der Desorientierung, während sie darüber nachdachte, bemühte sich aber, ihre offensichtliche Unsicherheit zu verbergen). »Er besucht mich hin und wieder immer noch, wenn er Zuflucht sucht. Ich glaube, er hat nicht mehr viele Menschen, mit denen er frei sprechen kann. Ich bin froh, daß er mit Ihnen gesprochen hat.«
    Jerusha sagte nichts.
    »Sagen Sie, Kommandant – sind Sie über die Veränderung, die er durchmachte, ebenso traurig wie ich?« Sie überbrückte Jerushas Schweigen, als existierte es überhaupt nicht.
    Jerusha weigerte sich, auf die Frage und die Frau einzugehen. Sie berührte die hohlen Wangen ihres veränderten Gesichts mit tauben Fingern. »Soweit ich sehen kann, hat er sich überhaupt nicht verändert. Er scheint keinen Tag gealtert zu sein.«
Und vielleicht ist er das auch nicht, der elende Bengel.
    »Aber er ist ... er hat ...« – schwer seufzend – »er ist hundert Jahre gealtert, seit er nach Karbunkel kam.«
    »Sind wir das nicht alle?« Jerusha nahm ein kleines Fläschchen Viriolöl vom Regel, zögerte, dann noch eines. Unerwartet dachte sie an ihre Mutter.
    »Schlaftropfen, nicht wahr?«
    Jerusha umklammerte die Fläschchen besitzergreifend und verteidigend. »Ja.«
    Nicken. »Ich rieche das.« Die Frau verzog das Gesicht. »Hab' ich auch benützt. Ich litt schrecklich unter Schlafstörungen, bevor ich meine Sehsensoren bekam. Ich hatte alles versucht, aber ohne Augenlicht hatte ich keine Unterscheidungsmöglichkeit zwischen Tag und Nacht – und ich bin nicht so sehr an Tiamats Rhythmus gewöhnt. Aber das ist wahrscheinlich keiner von uns. Am Ende sind wir alle Fremde – oder am Beginn.«
    Jerusha sah auf. »Das kann schon sein. Darüber habe ich noch nicht näher nachgedacht ... Vielleicht ist das mein Hauptproblem: Wo ich auch hingehe, ich bin eine Fremde.« Sie sprach laut aus, was sie nur gedacht hatte, schüttelte dann aber den Kopf, da es ihr egal war. »Je mehr Schlaf ich möchte, desto weniger bekomme ich. Ich könnte ewig schlafen.« Sie wandte sich um und versuchte, an der Frau vorbei und zum Ladenbesitzer zu gehen.
    »Das ist keine Art, Probleme zu lösen, Kommandant.« Die Maskenmacherin blockierte wie zufällig ihren Weg.
    Jerusha blieb stehen, ihre Beine schienen nachgeben zu wollen. »Was?«
    »Schlaftabletten. Sie verschlimmern die Probleme nur noch. Sie stehlen einem die Träume ... aber wir alle müssen hin und wieder träumen, sonst gehen wir an den Folgen zugrunde.« Sie deutete auf die Flaschen, die Jerusha hielt. »Finden Sie eine bessere Antwort. Es muß eine geben. Es wird vorübergehen. Alles

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