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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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war sie gealtert. Der Tod hatte sie passieren lassen, doch er hatte auf eine Gabe nicht verzichtet. Kummer hob sie in die Höhe und ließ sie wieder fallen, der Sturm ihrer Trauer war in einer Flasche gefangen. Hätte sie den Tod nicht willentlich herausgefordert, dann würde dieses Opfer jetzt nicht auf ihrer Seele lasten. »Wenn Elsevier mich nicht nach Tiamat zurückgebracht hätte, dann wäre sie immer noch am Leben. Wäre ich mit ihr auf Kharemough geblieben, wäre sie ... glücklich gewesen.« Plötzlich aber sah sie nicht mehr Elsevier, sondern Funke.
Keine Träume sind so wichtig wie die eigenen.
Ihre Beine zitterten.
    »Aber du wärst nicht glücklich gewesen.« Ngenet sah zu ihr herab und stützte sie mit seiner kräftigen Hand, als der Hang steiler wurde. »Und mit dem Wissen um dein. Unglücklichsein wäre auch sie unglücklich gewesen. Wir können nicht unser ganzes Leben lang für einen anderen in einer Lüge leben, das geht nicht. Du mußt dir gegenüber ehrlich sein. Sie wußte das, sonst wärst du jetzt nicht hier. Es war unvermeidlich. Und auch der Tod ist unvermeidlich, wir können ihn nicht bezwingen.« Sie sah prüfend zu ihm auf, sah ihn von ihrem tiefen Kummer berührt, blickte wieder weg. »Sie war nicht mehr dieselbe, nachdem TJ gestorben war. Mein Vater pflegte immer zu sagen, sie wäre eine Frau für nur einen einzigen Mann. Im Guten wie im Bösen.« Er steckte die Hände in die Taschen seiner Parka, dann folgte sein Blick der Küste nordwärts, wo in nebelverhangener Ferne Karbunkel lag. »Mond, alles hat Einfluß auf etwas anderes. Und wenn ich mein Leben lang nichts anderes gelernt habe, das ganz bestimmt. Nimm niemals alles für dich in Anspruch .. . auf gar keinen Fall die Schuld. Du trägst keine Schuld.«
    »Doch!« Sie schüttelte niedergeschlagen den Kopf.
    »Dann denke darüber nach, was du tun kannst, um es ihr zu vergelten!« Er betrachtete ihre fragenden Augen. »Laß es nicht zu, daß dein Kummer dich übermannt. Sei nicht so verdammt selbstsüchtig. Du hast selbst gesagt, ein Sibyl befahl dir, nach Tiamat zurückzukehren. Wie dein eigener Verstand auch.«
    »Um Funke zu helfen.« Auch sie richtete den Blick nach Norden.
Eine Frau für nur einen einzigen Mann .. .
    »Nur ein Bestandteil einer gewaltigen Maschinerie. Der Geist der Sibyllen sendet keine Botschaften über eine halbe Galaxis, nur um ein gebrochenes Herz zu trösten. Du mußt ein großes Schicksal vor dir haben.« Er blieb unvermittelt stehen und sah sie an.
    »Ich ... ich weiß.« Sie bewegte die Füße unsicher in den wogenden Grasteppich, und betrachtete plötzlich furchtsam ihren Schatten, der wie eine dunkle Wolke über dem Land lag. »Das begreife ich jetzt«, obwohl sie es nicht wirklich verstand oder glaubte. »Aber ich habe keine Ahnung warum, wenn nicht, um Funke zu helfen. Etwas sagte mir, zurückzukehren - aber den Grund verriet es mir nicht.«
    »Vielleicht hat es ihn dir erzählt. Was hast du durch deine Reise nach Kharemough gelernt, das du hier nicht hättest lernen können?«
    Sie sah überrascht auf. »Ich lernte ... was es heißt, eine Sibylle zu sein. Ich lernte, daß es verschiedene Dinge gibt, auf die wir ein Anrecht haben, die man uns aber trotzdem verweigert.« Ihre Stimme wurde so kalt wie der Wind. »Ich lernte begreifen, woran Elsevier geglaubt hat, und warum ... All das ist nun Teil von mir. Ich kann es nicht mehr vergessen. Und das will ich ändern.« Sie verzog die Lippen und ballte die Hände zu Fäusten. »Ich habe aber keine Ahnung, wie ich das bewerkstelligen soll.«
Funke. Vielleicht weiß Funke Bescheid .. .
    »Das wirst du herausfinden, wenn du in Karbunkel bist.« Sie lächelte. »Als wir uns das letztemal darüber unterhielten,
    wolltest du überhaupt nicht, daß ich dorthin gehe.«
    »Das gilt immer noch«, erwiderte er brummig. »Aber ich spreche nicht mehr zu derselben Frau. Wer bin ich, daß ich mit dem Schicksal hadern wollte? Mein Vater lehrte mich, an die Reinkarnation zu glauben - was wir in diesem Leben sind, ist die Belohnung oder Strafe für alles, was wir in unserem vorherigen Leben taten. Wollte ich den Philosophen spielen, dann würde
ich
dir nun erzählen, daß Elseviers Geist in dir neu geboren wurde, als sie starb. Draußen auf dem Meer.«
    »Das würde ich gerne glauben ... « Sie schloß die Augen, lächelte, öffnete sie wieder, während ihr Glaube daran wuchs. »Miroe, fragst du dich jemals, wer du gewesen sein könntest? Und ob es etwas ändern könnte,

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