Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
durfte, den Ort zu betreten, wo Arienrhod selbst im Mittelpunkt des Interesses stand.
    Noch als sie die Treppe hinanschritt, wurde die Musik unerwartet lauter, und sie sah einen schmalen Alkoven, von dem aus man die Halle überblicken konnte. Sie fragte sich, ob das ein Wachhäuschen war, konnte aber keine Wache erkennen. Sie ging auf Zehenspitzen bis zum Geländer und sah, geschützt von Schatten, hinunter, ihre Haut kribbelte vor Gewißheit, daß aller Augen dort unten wie Suchscheinwerfer auf sie gerichtet sein würden.
    Doch als die Halle sich ihrem Blick darbot, vergaß sie sich selbst, sie war kaum mehr als ein Insekt an der Wand verglichen den königlichen Gästen dort unten: bleiche Winteradlige und dunkelhäutige Kharemoughi bewegten sich frei untereinander, das augenbetörende Spektrum ihrer Kleidung verschleierte den Kontrast ihrer Herkunft. Sie standen scharenweise an den kalten Buffets herum, die sich unter der Last der Winterköstlichkeiten bogen, der Last einheimischer und importierter Genüsse. Mond schluckte, ihr lief plötzlich das Wasser im Mund zusammen. Sie erinnerte sich an die einzige, unzureichende Mahlzeit, die sie vor Stunden im Kasino zu sich genommen hatte. Riesige spiegelnde Facettenkugeln drehten sich über ihr in der Luft, die sich ständig drehten und so einen Schneefall aus Licht auf die Versammelten ergossen.
    Mond ließ ihren Blick schweifen, sah die große Zahl von Sicherheitsleuten von der Außenweltlerpolizei, die überall um die Halle herum postiert waren. Sie fragte sich, ob die Polizeikommandantin heute nacht hier anwesend sein mochte, und bedachte sie mit einem Fluch für das, was ihre unbeherrschte Gerechtigkeitssucht BZ angetan hatte, was sie ihr selbst und Funke angetan hätte. Einmal glaubte sie, den Ersten Sekretär Sirus zu sehen, doch sie verlor sein Gesicht wieder in der Menge, als einige der Gäste sich zu einem Trinkspruch zusammenfanden.
    Aber sie konnte nirgends in der Halle eine Frau ausmachen, die wie die Königin aussah – oder wie sie. Und auch nirgends einen Mann in Schwarz, der eine Maske wie ein Henker trug – oder einen rothaarigen Jungen, dessen Gesicht sie überall erkennen würde, so sehr es sich auch verändert haben mochte. War er denn nicht hier? Hatte er die Halle bereits verlassen, würde sie ihn in seinen Gemächern finden?
    Sie wich von der Balustrade zurück, ihr Herz klopfte wie ein aufgeschreckter Vogel im Käfig ihrer Brust.
Ich werde dich finden. Ich werde .. .
    »Hier steckst du also. Kannst du es nicht einmal heute lassen, deinen Gästen nachzuspionieren?« Es war die Stimme eines Mannes direkt hinter ihr, undeutlich und ätzend feindselig.
    Mond keuchte, ihr Gesicht wurde glühend rot vor verräterischer Schuld. Sie preßte die Lippen zusammen und biß auf ihre Zähne, um ihre Röte wie Zornesröte erscheinen zu lassen. Sie raffte ihr Kleid, drehte sich um, hielt den Kopf oben. »Wie können Sie es wagen ... « Doch ihr Zorn glitt ihr zwischen hilflosen Fingern hindurch. »Funke?« Sie schwankte.
    »Wer sonst?« Er zuckte die Achseln und lachte sarkastisch. »Dein gläubiger Schatten eines Mannes.« Er verbeugte sich vorsichtig.
    »Funke.« Sie hob die Hände und verschränkte sie ineinander, um nicht nach ihm zu greifen. »Ich bin's.«
    Er runzelte die Stirn wie jemand, der gerade einen geschmacclosen Witz hat anhören müssen. »Das hoffe ich doch verdammt, Arienrhod, sonst bin ich noch nicht betrunken genug, um mich vor echten Alpträumen zu schützen ...« Er stierte sie aus blutunterlaufenen Augen an, rieb sich die Arme unter den geschlitzten Hemdsärmeln.
    »Nicht Arienrhod.« Sie mußte alle Anstrengung aufwenden, um die Worte aus ihrem staubtrockenen Mund herauszupressen. »Mond. Ich bin Mond, Fünkchen ...« Endlich berührte sie ihn, spürte den Kontakt wie einen Schock im Arm.
    Er riß sich los, als würde die Berührung ihn verbrennen. »Verdammt, Arienrhod, laß mich zufrieden mit solchen Scherzen! Das ist ganz und gar nicht komisch, war es noch nie!« Er wandte sich ab und ging den Korridor hinab.
    »Funke!« Sie folgte ihm ins Licht und fummelte an ihrem Kollier. »Schau mich an!« Sie öffnete es, nahm es in die Hand. »Schau mich an!«
    Er schwenkte trunken herum; sie hob die Hand, um die Kehle zu berühren, hob den Kopf höher. Er kam blinzelnd zu ihr zurück, mit einemmal wich alle Farbe aus seinem Gesicht. »Nein! Götter, nein ... sie ist tot. Du bist
tot.
Ich habe dich getötet.« Er deutete selbstanklagend auf

Weitere Kostenlose Bücher