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Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin

Titel: Tiamat-Zyklus 1 - Die Schneekönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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zunickten und ihre Ehrerbietung bekundeten. Doch dann war ein Mann an sie herangetreten und hatte ihr eine Frage gestellt, und sie hatte sich krank vor Entsetzen abgewendet und sich geweigert,
geweigert.
Elsevier hatte ihn vertrieben, doch in diesem Augenblick hatte sie gewußt, daß sie nie mehr in der Lage sein würde, eine Frage zu beantworten ... »Wenn ... wenn ich wieder zu Hause auf Tiamat bin, werde ich wieder ganz die Alte sein.« Wo des Nachts Sonnen am Himmel erstrahlten, nicht diese entsetzliche, undurchdringliche Schwärze, die sogar die Lebenskraft eines Sterns vernichten konnte, wo selbst die Sterne zusammengeschrumpft und eisig und hoffnungslos alleine waren. Wo das einzige, was sie so stark bekümmerte wie das, was sie mit der Reise hierher zerstört hatte, immer noch darauf wartete, getan zu werden; herauszufinden, wo sich die einzige Person befand, die verstehen würde, was es hieß, den Wunsch ihres Lebens verloren zu haben. Funke ... sie mußte ihn finden. »Wie lange noch . ..?« Sie hatte versucht, die Frage nicht zu stellen, denn sie hatte Angst davor gehabt, und doch hatte es sie gedrängt, sie jede Stunde, jede Minute zu stellen.
    »Dann möchtest du also wirklich nicht hierbleiben? Auch jetzt nicht, wo du alles gesehen hast?« Die Tiefe enttäuschter Hoffnungen, die Mond aus Elseviers Stimme heraushören konnte, krampfte ihr das Herz zusammen. Sie hatte erkannt, wie sehr Elsevier darauf bedacht gewesen war, ihren Verstand mit den Wundern der Sternenstadt zu erfüllen, dieses Raumhafens, der, von unsichtbaren Banden mit der Welt unter ihm verknüpft, durchs All schwebte. Sie hatte zuerst geglaubt, Elsevier würde das nur tun, um ihr die Furcht zu nehmen, doch nun erkannte sie, daß auch noch andere Gründe mitspielten. »Möchtest du wirklich, daß ich die ... ganze Zeit bei dir bleibe, für immer?«
    »Ja. Das wünsche ich mir sehr, Liebes.« Elsevier lächelte zögernd. »Wir hatten nie Kinder, weißt du, TJ und ich ...«
    Mond senkte den Kopf, um weitere Enttäuschung zu verhindern. »Ich weiß. Und wenn es nur um mich ginge, dann würde ich gerne bei dir bleiben, Elsie.«
    Sie erkannte, daß es stimmte, obwohl sie nur ein Kind war, das sich während eines Balls hier in der unglaublichen Umwelt der Sternenstadt verlaufen hatte. Elsevier hatte versucht, sie an allem teilhaben zu lassen, was sie sah, bis ihr der achtlose Stolz der Außenweltler aufgefallen war, die ein Sternenschiff für ebenso natürlich wie ein Segelschiff hielten, die Dinge, die wunderbar und ehrfurchtgebietend waren, mit herablassender Gleichgültigkeit behandelten. Mit jedem kleinen technischen Wunder, das zu handhaben ihr Elsevier beibrachte, verflog ein Stück ihrer Ehrfurcht vor den größeren Wundern, bis sie auf dem Balkon vor ihrem Apartment stehen und den Diebsmarkt überblicken konnte, als wäre sie wahrhaftig eine Außenweltlerin, eine Bürgerin der Hegemonie, zu Hause in dieser interstellaren Gemeinschaft.
    Da erst kam ihr zu Bewußtsein, daß sie nun erst richtig verstand, was Funke ihr immer beizubringen versucht hatte, dann dachte sie daran, was es ihm bedeuten würde, jetzt hier an ihrer Stelle zu stehen – und dann fiel ihr ein, daß sie ihn im Stich gelassen hatte, wo er sie dringend brauchte. »Funke ist immer noch in Karbunkel. Ich muß zu ihm zurück. Ich kann ohne ihn nicht hierbleiben.«
Gestrandet auf einer Insel, die von todbringender Leere umgeben ist.
»Ich kann hier keine Sibylle sein.« Sie berührte die Kleeblattätowierung an ihrem Hals. »Ich habe meine Heimatwelt verlassen, obwohl ich hätte bleiben müssen.
    Ich habe meine Pflicht vernachlässigt, ich habe Funke vernachlässigt, ich habe ... Die Herrin hörte meine Gebete nicht, ich habe Sie verloren, darum hört Sie mich nicht.« Sie schwang ihre Füße aus dem Bett und stellte sie auf den kalten Boden. »Es ist falsch. Ich gehöre nicht hierher. Ich werde hier niemals glücklich werden. Ich werde auf Tiamat gebraucht ...« Gerade das spürte sie mit besonderer Intensität. Sie hielt dem Blick der Indigoaugen stand, um Elsevier von der Notwendigkeit ihrer Forderungen zu überzeugen, von ihrem Sehnen ... und ihrem Bedauern.
    »Mond.« Elsevier preßte die Hände zusammen, wie sie es immer tat, wenn sie im Begriff stand, eine Entscheidung zu fällen. »Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll ... Du kannst nicht zurück.«
    »Was?« Der Alpdruck ließ sie das Zimmer und Elseviers Gesicht nur noch verschwommen erkennen. »Doch!«

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