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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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geworden und hatte gemerkt, daß sie das Bett verlassen hatte. Sofort machte er sich auf die Suche nach ihr. Nie hätte er damit gerechnet, sie im Thronzimmer zu finden. »Mond ...«, sagte er noch einmal, zögernd, wie wenn er nicht sicher wäre, wen er vor sich hatte, ob Mond Dawntreader oder Arienrhod, die Schneekönigin. »Geht es ... geht es dir gut?«
    Sie wirkte erleichtert, als hätte sie eine andere Frage erwartet. Als sie nickte, fiel ihr das zerzauste, milchweiße Haar über die Schultern. Plötzlich sah er in ihr nur noch seine Gemahlin, ein junges Mädchen, dessen durchscheinende, blasse Haut vor Müdigkeit fleckig war. Ihre Hände ruhten auf der Wölbung ihres Bauches. »Mir fehlt nichts«, sagte sie matt. »Ich bin aufgewacht und konnte nicht wieder einschlafen ...« Sie strich sich das Haar aus der Stirn. »Die Babies geben mir keine Ruhe.« Sie lächelte, und etwas Farbe kehrte in ihre Wangen zurück.
    »Zwillinge«, flüsterte er und trat näher an sie heran. »Bei den Göttern – bei der Göttin ...« – erst im letzten Augenblick fiel ihm ein, daß er die Formulierung der Sommerleute benutzen mußte, und nicht die der Außenweltler. »Wir sind doppelt gesegnet.« Miroe Ngenet hatte ihm die Neuigkeit erzählt, nachdem er angeordnet hatte, Mond müsse ruhen und dürfe nicht gestört werden.
    »Ja.« Mit den Fingern machte sie das Triadenzeichen der Meeresmutter, dann ließ sie die Hand wieder sinken. Doch sie lächelte und strahlte vor innerem Glück. Er betrachtete die Sibyllentätowierung an ihrem Hals und legte die Hände auf die Wölbung ihres Leibs. Es hatte eine Zeit gegeben, da hielten es beide für ausgeschlossen, daß sie je ein gemeinsames Kind haben könnten. Denn das Sommervolk glaubte fest daran, es bedeute den Tod, eine Sibylle zu lieben. Die Furcht, die hinter dieser Überzeugung steckte, hatte ihn von Mond getrennt und in Arienrhods Arme getrieben.
    Aber der Glaube war falsch, den Beweis dafür fühlte er unter seinen Händen. Er spürte, wie sich etwas im Bauch bewegte, und Mond lachte leise, als er einen überraschten Ausruf von sich gab. Anmutig stand sie von dem Thron auf, obwohl ihr Leib sie behinderte. Ihre natürliche Grazie hatte ihn seit jeher fasziniert, gerade deshalb, weil sie sich ihres Liebreizes nicht bewußt war. Er erinnerte sich, wie sie an den Stränden ihrer Heimatinsel Neith entlanglief, und wie sie absolut trittsicher zerklüftete Felswände emporkletterte, um nach Vogeleiern und salzhaltigen Kräutern zu suchen. Geschwind und mit traumwandlerischer Sicherheit turnte sie über die Wälle aus Naturstein, die die Gehege der Kleys umgaben. Er entsann sich, wie er sie beim Tanzen in den Armen gehalten hatte, während Musiker die alten Weisen spielten. Sie war nicht groß und so schlank, daß ihre Großmutter zu sagen pflegte, sie würde nicht mal einen Schatten werfen, aber körperlich war sie genauso stark wie alle anderen Frauen, die er kannte. Kraft paarte sich bei ihr mit Anmut, und sie wußte, daß sie sich auf ihren Körper verlassen konnte.
    Ngenet hatte ihm gesagt, daß eine Frau, die Zwillinge austrug, stark belastet sei. Hinzu kam, daß Mond sich keine Ruhe gönnte. Er versuchte sie zu überreden, sich nicht so zu verausgaben, aber sie hörte nicht auf ihn. Unerbittlich gegen sich selbst verfolgte sie ihr Ziel, an das sie glaubte. Er hoffte, ihr Körper würde sie nicht im Stich lassen, und er wünschte sich, die Kinder würden in die neue Welt hineingeboren, an deren Erschaffung sie wie besessen arbeitete. Aber sie hatte einen eisernen Willen. Es war ihm nicht immer leicht gefallen, sie zu lieben, wenn ihr Eigensinn und sein aufbrausendes Temperament aufeinanderprallten. Um so zärtlicher war dann immer wieder ihre Versöhnung ausgefallen ... »Ich liebe dich«, flüsterte er. Als er sie umarmte, spürte er, wie die Schatten der Vergangenheit von ihm abfielen. Sie schloß die Augen und küßte ihn auf den Mund.
    »Was hast du in diesem Zimmer gemacht?« fragte er, indem er auf den Thron deutete. Vor der Antwort fürchtete er sich ein wenig.
    Sie schüttelte den Kopf, als sei sie sich selbst nicht sicher. »Ich wollte wissen, wie sie sich gefühlt haben mag, als
sie
Königin war.«
Arienrhod.
»Heute ... heute war ich wirklich die Herrin, Fünkchen.« Unbewußt benutzte sie den Kosenamen aus seiner Kindheit. Doch ihre Stimme klang absolut nicht kindlich, und ihm lief ein kalter Schauer über den Rücken.
    Die Herrin ist nicht die Königin.
Er sprach es

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