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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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stoppelige Kinn. »Ja«, sagte er, indem er ihre unausgesprochene Frage beantwortete. »Aber zuerst mußt du ein Glas mit mir trinken. Zum erstenmal hat Ravien mir einen Likör vorgesetzt, den ich ungern stehenlassen würde. Laß mich die Vorfreude ein bißchen auskosten.«
    Sie nickte und setzte sich auf einen Barhocker. »Du erweist mir eine große Ehre«, meinte sie, als sie sah, was er trank.
    »Die Ehre ist ganz meinerseits«, entgegnete er. Er war ein bißchen verlegen, weil er spürte, daß sie im Ernst gesprochen hatte.
    Sie kostete von dem bernsteinfarbenen Likör und schloß seufzend die Augen. Dann machte sie sie wieder auf und sah sich im Lokal um. »Heute ist eine ganz merkwürdige Nacht«, sagte sie wie zu sich selbst. »Es muß an der Mondpassage liegen. Siehst du den jungen Burschen dort drüben?« Sie hob die Hand. »Er war die ganze Zeitlang mit mir zusammen. Aber er wollte nur reden, nicht mal ausgezogen hat er sich. Ich mußte ihm etwas vortanzen, aber auch das hat ihn nicht erregt. Er war sehr höflich zu mir, aber er tat nichts als reden.« Sie schüttelte den Kopf. »Er kommt immer allein hierher, ohne Freunde. Vielleicht ist er in irgend einer Art pervers, ohne es zu wissen.«
    »Möglicherweise vermißt er auch nur seine Mutter«, erwiderte Kedalion, der ihrem Blick gefolgt war. »Er ist fast noch ein Kind.«
    Sie zuckte die Achseln, wobei ihr Schmuck klimperte. »Er sagt, er will Ondinee verlassen. Angeblich kommt er nur hierher, weil er jemanden sucht, bei dem er anheuern kann. Seit einer Woche sitzt er jeden Abend hier herum.«
    »Tatsächlich?« Kedalion behielt den jungen Mann im Auge. Seine Haut war genauso tiefschwarz wie die von Shalfaz, er trug eine lose sitzende Tunika und dunkle Pluderhosen. Sein langes, glattes, schwarzes Haar war zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden, und vor den Ohren baumelten dünne geflochtene Zöpfe. Er sah nicht viel anders aus als die meisten Einheimischen, die in dem Club herumlungerten – und die nach ihrem unbefangenen Umgang mit den Außenweltlern zu urteilen für irgendeinen Drogenboss arbeiteten.
    Befangen.
Das war es, darin unterschied sich der Junge von den übrigen Gästen. Er wirkte steif und verkrampft, wie wenn er sich in seiner Haut nicht wohl fühlte. Kedalion erfaßte das instinktiv.
    »Shalfaz«, sagte er und lehnte sich gegen den Tresen, »könntest du ihn vielleicht zu uns herüberbitten?«
    Sie sah ihn an und hob die Brauen. »Willst du ihn anheuern?«
    »Zuerst möchte ich mich mit ihm unterhalten.« Kedalion staunte über sich selbst, denn von Natur aus war er nicht impulsiv. »Vielleicht kann ich ihn wirklich brauchen, wir werden sehen.« Früher hatte er einen Partner gehabt, doch dann war jeder seiner eigenen Wege gegangen. Schmuggeln war ein nervenaufreibendes Geschäft, und nach einer gewissen Zeit hatten sie sich gegenseitig nicht mehr ausstehen können. Seitdem arbeitete er allein, doch das hatte auch seine Nachteile, vor allen Dingen wenn man so kleinwüchsig war wie er. Auf einmal wurde ihm klar, wie erschöpft er sich fühlte, und daß er eigentlich kein Einzelgänger war.
    In einer Wolke aus Musik verließ Shalfaz ihn. Er sah, wie sie den Raum durchquerte und zu dem Jungen ging. Sie sprach mit ihm, während sie auf Kedalion deutete. Der Junge hob ruckartig den Kopf, stand ohne zu zögern auf und folgte ihr an die Bar.
    Nur wenige Schritte von dem Tresen entfernt, packte ein jugendlicher Einheimischer Shalfaz' Kleidung und hielt sie fest. Sie versuchte, sich diskret aus dem Griff zu befreien, während sie leise murmelnd erklärte, sie habe bereits einen Kunden. Der Mann lallte eine vulgäre Antwort. Unschlüssig stand der Junge da, schaute kurz zu Kedalion hin, machte kehrt und sprach in ruppigem Ton mit dem Ondineaner, der im Kreis seiner Kumpel an einem Tisch saß. Gleichzeitig wollte er nach Shalfaz' Hand greifen und sie fortziehen. Doch einer der Männer stieß ihn zur Seite. Mit erstaunlicher Behendigkeit fand der Junge das Gleichgewicht wieder, und Kedalion sah, wie er vor Wut die Fäuste ballte. Aber anstatt nach seinem Messer zu greifen, das von seinem Gürtel herabhing, wartete er ab, bis der betrunkene Ondineaner aufsprang und eine Klinge zückte.
    Kedalion glitt von seinem Stuhl herunter und stellte sich zwischen die jungen Leute. »Meine Gäste möchten sich zu mir an die Bar setzen«, erklärte er mit sachlicher Stimme. »Es wäre mir sehr lieb, wenn ihr sie nicht daran hindern würdet.« Er hakte die Daumen in

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