Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
Lippen streifte sie sich einen dicken Pullover und eine lange Hose über die nasse Unterwäsche.
    Mißbilligend schüttelte Miroe den Kopf, sagte aber nicht. An der Nordküste verlief eine warme Meeresströmung direkt an Karbunkel vorbei, und deshalb war diese Gegend selbst im Winter bewohnbar. Mit dem Einzug des Sommers hatte sich die Wassertemperatur erhöht, obwohl der Ozean immer noch ungemütlich kalt war. Miroe spähte über die leere Bucht hinaus; auch er vermochte keine Mers zu entdecken. Selbst nach so langer Zeit des Forschens blieben ihre Wanderungen immer noch ein Geheimnis.
    »Hallo, Silky!« Eine Melodie pfeifend, ging Jerusha in die Hocke und breitete die Arme aus; Silky schwamm zu ihr hin. Der junge Merling schob den Kopf zwischen die Geländersprossen und ließ sich von Jerusha streicheln. Ob naß oder trocken, das Fell fühlte sich immer an wie dicker Samt und verströmte den sauberen, frischen Duft des Ozeans.
    Miroe kniete neben ihr nieder. Zögernd machte Jerusha ihm Platz, als Silky ihm einen feuchten, ausgiebigen Kuß verpaßte; ihre Barthaare kitzelten ihn, bis er lachte. Der Merling blickte von einem zum anderen, friedlich vor sich hinbrabbelnd, und in dem Gesumme entdeckte Jerusha Fetzen einer Melodie, die sie ihm vorgesungen hatte, als sie ihn noch auf den Armen trug.
    Mittlerweile war Silky zu groß und zu schwer geworden, um sie mit sich herumschleppen zu können, obwohl die Mers nicht schneller heranreiften als Menschen. Doch noch war sie von ihren Pflegeeltern abhängig wie ein kleines Kind; jeden Abend quälte sie sich den Hügel hinauf zum Haus und schlief auf ein paar Kissen am Fuß der Treppe, die sie nicht hinaufklettern konnte. Der Merling war für sie zu einem Kindersatz geworden, während sie ihm die Eltern ersetzten. Jerusha wußte natürlich, daß Silky eines Tages nicht mehr zum Haus emporwatscheln würde; eines Tages würde sie sie verlassen und für immer in den Schoß des Ozeans zurückkehren – was auch richtig war, wie sie sich immer wieder sagte. Jedes Kind wurde einmal flügge.
    Schon längst hätte Silky sie verlassen können. Vor etlichen Jahren hatte sich eine Kolonie von Mers in diesen Naturhafen gewagt, und bereits einen Artgenossen angetroffen, der mit den Menschen in einer sonderbaren Symbiose lebte. Aber als die Kolonie weiterzog, blieb Silky zurück. Die anderen Mers tauchten immer wieder in einer weiter nördlich gelegenen Bucht auf, wo einst eine Winterkolonie zu Hause gewesen war. Sie nahmen Silky in ihre Gruppe auf, und nun lernte sie, in deren individuellem Dialekt zu singen. Sie verbrachte immer mehr Zeit bei ihnen, doch zu Jerushas Erleichterung war ihre Bindung an die Menschen noch stärker als die Bande des Bluts. Die Kolonie schien das zu begreifen, und man duldete die Menschen, die in Tauchanzügen und mit Recordern ausgerüstet, in ihre Welt eindrangen.
    Aber eines Tages würde Silky dieser Zustand nicht mehr genügen, und so mußte es auch sein. Am Ende des Winters waren nicht mehr viele Merskolonien übriggeblieben, sie hatten Glück, daß diese sich ausgerechnet an ihrem Strandabschnitt niederließ. Viel zu lange waren diese Gewässer leer gewesen, bis diese Gruppe auf ihrem Weg in Richtung Norden die Dinge geändert hatte.
    Und nun kamen die Außenweltler zurück, und das Abschlachten würde von neuem beginnen.
Mindestens einmal am Tag dachte sie daran, und jedesmal wurde ihr eiskalt vor Angst. Sie rieb sich die Stirn, als könne sie dadurch die Altersfalten vertreiben wie Spinnweben. Die Hegemonie, der sie einst den Rücken gekehrt hatte, war auf dem Weg hierher, und BZ Gundhalinu war der Anführer – jedenfalls hatte er es Mond gesagt. Welche Folgen das für sie alle haben würde, konnte sie noch nicht wissen.
    Ariele kam zurück, kauerte sich neben den Merling und begann trillernd zu pfeifen. Jerusha verdrängte ihre Besorgnis und beobachtete das Mädchen mit liebevollem Staunen; Ariele war ein Naturtalent, sie konnte die Gesänge der Mers besser imitieren als jeder andere. Darüber hinaus erahnte sie instinktiv, wie andere Geschöpfe die Welt sahen. Sie spürte ihre Ängste, ihre Freuden, ihre Interessen, und das mit einer Präzision, die schon beinahe unheimlich war.
    Nachdem man Silky am Strand gefunden hatte, ließ sich Ariele nicht mehr von ihr trennen, bis sie wußte, daß sie überleben würde. Mit rührender Zärtlichkeit kümmerte sie sich um sie, und nun verbrachte sie so viel Zeit wie möglich mit den Mers im Ozean.
    »Die Mers

Weitere Kostenlose Bücher