Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt
haben deine Mutter einmal vor dem Ertrinken gerettet«, erzählte Miroe. »Das heißt aber noch lange nicht, daß du zuviel riskieren darfst.«
Ariele sah ihn an. »War das, als sie noch auf der Insel wohnte? Ist sie vielleicht aus einem Boot gefallen?« Sie stieß ein merkwürdiges Lachen aus.
»Nein ... so war es nicht. Als die Techschmuggler, die sie in die Außenwelt mitgenommen hatten, meine Plantage erreichen wollten, wurde ihr Raumschiff von den Truppen der Hegemonie abgeschossen. Es stürzte ins Meer. Die Mers fanden deine Mutter und sorgten dafür, daß sie nicht ertrank, bis ich sie aus dem Wasser holen konnte.«
»Wirklich?« Ariele, schlaksig und sommersprossig, lehnte sich zurück und winkelte die Knie an. Plötzlich mußte Jerusha an Arieles Mutter denken, die damals, als diese Geschichte passierte, nicht viel älter war als ihre Tochter jetzt. »Warst du auch ein Techschmuggler, Onkel Miroe?« Ihre Augen glänzten. »Ich dachte, du hättest meine Mutter durch Tante Jerusha kennengelernt. War es sehr aufregend?
»Hat deine Mutter dir nie etwas davon erzählt?« wunderte er sich.
Sie zuckte die Achseln. »Nicht, daß ich wüßte ... Sie redet nur immerzu davon, daß sie bestimmte Dinge tun muß, weil sie eine Sibylle ist, und nicht Arienrhod. Ich mag das schon gar nicht mehr hören.« Ihre Miene verfinsterte sich. »Und Da schweigt sich über frühere Zeiten aus.« Trotzig warf sie den Kopf in den Nacken. Silky drückte ihr Kinn gegen Arieles bloßen Fuß und glitt mit einem Abschiedsgeträller ins Wasser zurück.
»Nun ja, ich hatte mich tatsächlich mit Techschmugglern eingelassen, und auf diese Weise lernte ich Jerusha kennen. Um ein Haar hätte sie mich verhaftet, aber ich konnte sie mit meinem Charme becircen.« Lächelnd sah er seine Frau an, und die lachte überrascht und vergnügt auf. »Eine andere Erklärung für dein Verhalten gibt es nicht«, scherzte er. »Du hattest mich ja überführt.« Er wandte sich wieder Ariele zu. »Ich nahm deine Mutter in meinem Fahrzeug mit, als sie sich entschloß, deinen Vater in Karbunkel zu suchen. Ich war unterwegs, um verbotene Waren zu kaufen; es gab ein ziemliches Durcheinander, und anstatt nach Karbunkel zu kommen, landete deine Mutter auf Kharemough ...«
Er schüttelte den Kopf, als noch mehr Erinnerungen auf ihn einstürmten. »So weit ich weiß, kehrte sie nach Tiamat zurück, weil das Sibyllennetz es so wollte, aber um ein Haar hätte die Hegemonie uns allen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Daß deine Mutter noch lebt, hat sie nur den Mers zu verdanken. Leider konnte sie sie dann nicht vor Arienrhod schützen. Das ist mit ein Grund dafür, weshalb sie sich jetzt so sehr für sie einsetzt. Sie will sichergehen, daß die Hegemonie nach der Rückkehr nicht wieder mit der Abschlachterei beginnt.«
»Und Arienrhod hat dieses Gemetzel geduldet?« fragte Ariele halb mürrisch, halb fasziniert.
»Arienrhod war ein schwieriger Mensch«, warf Jerusha ein.
»Arienrhod ist tot!« sagte Ariele und sprang ärgerlich auf die Füße. »Sie starb bereits lange vor meiner Geburt. Wieso redet alle Welt noch von ihr?«
»Weil das Andenken an sie noch sehr lebendig ist; sie lebt weiter ... zumindest in unseren Gedanken. Auch du kannst dich nicht gänzlich von ihrem Einfluß freisprechen«, erklärte Miroe leidenschaftslos. »Arienrhod machte uns zu dem, was wir sind. Sie ließ nichts unversucht, um unseren Willen zu brechen und uns zugrunde zu richten. Sie verfolgte Jerusha und mich, weil wir deine Mutter vor ihr in Schutz nahmen ... und deine Eltern haßte sie, weil sie ihr trotzten. Um ein Haar hätte sie Jerushas berufliche Karriere zerstört, und um mich zu treffen, ließ sie die Mers töten, die auf meiner Plantage lebten. Sie befahl den Winterleuten, deine Mutter in die Grube zu werfen, und als sie dann selbst ertränkt werden sollte, versuchte sie, euren Vater mitzunehmen ...«
»Da ...« Ariele blickte erschrocken drein. »Aber war es nicht der Starbuck, den sie zusammen mit ihr ertränkten – den Außenweltler, der die Mers tötete?«
»Natürlich«, mischte sich Jerusha unvermittelt ein und drückte Miroes Arm. »So war es.«
Aride schaute in Miroes verschlossenes Gesicht. »Da erzählte mir, er hätte am Hof der Königin Flöte gespielt.«
»Ja, das stimmt«, bestätigte Jerusha.
»Und er hat auch mit ihr geschlafen.«
Jerusha senkte den Blick. »Davon weiß ich nichts.«
»Er sagt es doch selbst«, flüsterte das Mädchen. »Ist das
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