Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt
wenn sie sich entschuldigen wollte; doch als er sich zu ihr umdrehte, verschwand sie schon in der Menge und ging nach draußen.
Stirnrunzelnd beobachtete er Danaquil Lu und Clavally, die die Köpfe über dem Holo ihrer Tochter und seines Sohnes zusammensteckten; dann gab Tor ihnen ein Bild, auf dem sie selbst zu sehen waren. Plötzlich verspürte Funke keine Lust mehr, sein eigenes Hologramm anzuschauen, und er entfernte sich von der Gruppe.
Das Orchester am anderen Ende des Saales stimmte eine neue Volksweise an, und er griff nach seiner Flöte, die in einem Beutel an seinem Gürtel hing. Er hatte Ariele die Flöte wieder abgenommen, weil sie kein rechtes Interesse daran zeigte. Jetzt, da er die Kapelle aufspielen hörte, bekam er Lust, mitzumachen. Eines der wenigen Privilegien seiner Stellung, das ihm wirklich etwas bedeutete, war die Tatsache, daß ihm keine Kapelle das Mitspielen verweigern würde. Und er fand, auf seine Musizierkunst könne er mit Recht stolz sein.
»Da ...«
Überrascht drehte er sich um, als hinter ihm Ariele seinen Namen rief. Ihre Gewänder wiesen alle Regenbogenfarben auf, und das lange Haar hatte sie hochgesteckt, in dem Versuch, eine raffinierte Außenweltlerfrisur zu kopieren. Immer, wenn er seine Tochter anschaute, fühlte er sich auf eine schmerzliche Weise an Mond erinnert; doch heute fiel ihm zum erstenmal auf, wie sehr sie
Arienrhod
glich. Blinzelnd zwang er sich dazu, in ihr nur seine Tochter zu sehen, die verrückt nach der Hinterlassenschaft der Außenweltler war – so wie er in seiner Jugend. »Was gibt's?« fragte er.
»Wo ist Mutter hingegangen?«
»Sie trifft sich mit Capella Goodventure.«
Ariele schnitt eine Grimasse und seufzte. »Wo bleibt Gran? Tammis sagte, sie würde mit Borah zum Fest kommen. Sie wollte mir ein paar Tillermuscheln mitbringen, damit ich mir Kämme daraus machen kann. Ist sie noch nicht hier?«
Er blickte in die Runde, denn er konnte sich nicht entsinnen, sie bereits gesehen zu haben, obwohl man ihre Ankunft erwartete. »Ich weiß es nicht«, antwortete er.
»Sie hätten halt eher aufbrechen müssen«, kommentierte Ariele und schüttelte ungeduldig den Kopf. »Sie versäumen ja alles.«
»Vielleicht sind sie durch ein Gewitter aufgehalten worden.« Elco Teel Graymount pirschte sich von hinten an das Mädchen heran, umarmte sie vertraulich und blickte dabei Funke mit hämischem Grinsen ins Gesicht.
Funke runzelte die Stirn, sagte jedoch nichts, als Ariele sich lächelnd gegen den jungen Mann lehnte. Zum Glück schien sie sich weder für ihn noch für einen anderen Burschen besonders zu interessieren; aber Elco Teel scharwenzelte ständig um sie herum, wie ein Insekt eine Blume umkreist. Mehr als einmal hatte sich Funke gefragt, ob Elco Teel seine Tochter genauso hofieren würde, wenn sie nicht die Tochter der Sommerkönigin und somit deren unmittelbare Nachfolgerin wäre. Die Aussicht, Kirard Sets einzigen Sohn zum Schwiegersohn zu bekommen behagte ihm ganz und gar nicht. »Was redest du da für einen Unsinn?« unterbrach er ihn barsch. »Im Wetterbericht hieß es, das Wetter längs der Küste sei schön.«
Elco Teel hob die Schultern. »Trotzdem könnte es ein Gewitter gegeben haben. Gewitter treten mitunter ganz plötzlich auf und können kleine Boote zum Sinken bringen. Besonders, wenn die, die sie segeln, schon alt sind ...«
Funke starrte ihn wütend an und wollte ihn maßregeln, weil er Unglück über eine Reise herbeiredete. Doch dann kam Merovy auf sie zu, mit Blumenkränzen im Haar, und schaute sich suchend um. Funke lächelte sie mit demselben Ausdruck an, mit dem ihr Vater vorhin ihr Bild betrachtet hatte. Ariele und Elco Teel machten unergründliche Gesichter. »Habt ihr Tammis irgendwo gesehen?« fragte Merovy.
Funke wollte den Kopf schütteln. »Nicht, seit ich ...«
»Ich habe ihn gesehen«, mischte sich Elco Teel ein. Funke glaubte, aus seiner Stimme eine Spur von Bosheit herauszuhören. »Er ging nach oben, Brein wollte ihm zu eurer Hochzeit gratulieren.« Elco Teel hob die Augenbrauen und schmunzelte in sich hinein, während Merovys Gesicht einen gespannten Ausdruck annahm.
Ariele sah Elco Teel an, doch dieses Mal erwiderte sie sein Lächeln nicht. Sie befreite sich aus seiner Umarmung. »Das interessiert mich nicht«, sagte sie. »Ich will jetzt tanzen.« Sie ging fort und ließ ihn einfach stehen. Elco Teel wieselte ihr hinterher zu der freien Fläche, wo bereits getanzt wurde – Volkstänze und Tänze der
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