Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
auch auf Kharemough. Vielleicht schafft er es, nach Tiamat zurückzukommen ...« Doch in ihrer Stimme schwangen Zweifel mit.
Mond dachte an die verschiedenen Grade innerhalb der Survey-Loge, und an die Cliquen innerhalb der Organisation, die alle ihre eigenen Ziele verfolgten. Nach außen hin erschien der Survey als Einheit, innerlich war er tief zerspalten. »Möglicherweise bringt Funke Kullervo und Ariele zurück; Kullervo könnte der Schlüssel zur Lösung des Problems sein ... Er ist das Feuer, mit dem man Feuer bekämpft.«
»Um dieses Feuer für immer zu löschen, brauche ich Wasser.« Mond massierte ihre Arme, wie wenn sie fröre.
Abermals schritt sie kräftig aus, und sie spürte, wie ihr Verstand allmählich aus seiner Starre erwachte und wieder zu arbeiten begann. »So oder so kann es Wochen, vielleicht sogar Monate dauern, bis wir Bescheid wissen. Und derweil sterben die Mers. Mit jedem Mer, der getötet wurde, starb auch das Bewußtsein der Sibyllen ein bißchen mehr ab, Stück für Stück ... Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß, daß du recht hast; mir bleibt ja gar nichts anderes übrig als abzuwarten, wie die Dinge sich entwickeln. Trotzdem kann ich aktiv werden. BZ wollte die Daten analysieren, die Funke über die Gesänge der Mers zusammengetragen hat. Jetzt könnte ich die Arbeit übernehmen.«
»Deine Systeme sind doch an das Computernetz der hegemonischen Regierung angeschlossen, nicht?« vergewisserte sich Jerusha.
»Ja. Warum fragst du?«
»Wir stehen unter Kriegsrecht. Es könnte sein, daß man dir den Zugang zum Computer sperrt. Wenn Vhanu dir das Leben schwermachen will, kann er es dir verbieten, das Regierungssystem zu benutzen. Wahrscheinlich ist er ohnehin in der Lage, dein Terminal.zu überwachen.«
Mond blickte zur Seite und berührte das Kleeblattmedaillon, das sie um den Hals trug. »Ich habe Zugang zu einem viel besseren System als jenem, das sich in der Stadt befindet; Vhanu hat keinen Einfluß auf das Sibyllennetz. Und ich glaube, ich kenne jetzt die Fragen, die ich stellen muß, um die richtigen Antworten zu bekommen. Ich werde eine Zusammenkunft des Sibyllen-College anberaumen und die gegenwärtige ... Situation erklären.« Vor innerer Anspannung schnürte sich ihre Kehle zusammen. »Jerusha, was geschieht mit BZ, wenn sie ihn ...«
Jerusha sah sie an. »Die Hegemonie verhängt keine Todesstrafen«, sagte sie. »Aber es gibt Gefängnisse, in denen sich die Insassen wünschen, es wäre so. Er hingegen käme natürlich nie in ein solches Camp«, setzte sie hastig hinzu. »Schließlich hat er immer noch eine Menge Einfluß.«
»Und er hat viele Feinde«, ergänzte Mond leise. Über die Schulter schaute sie die Blaue Allee entlang. »Ich hole ihn zurück! Bei der Herrin und all ihren Göttern! Dafür werden sie büßen, und wenn ich den Rest meines Lebens darauf verwenden muß.« Sie blickte wieder geradeaus. »Aber wenn ich scheitere, werden es alle zu spüren bekommen ...«
Jerusha blickte sie an und sagte nichts mehr.
Sie erreichten das Ende der Blauen Alle, wo ihre Eskorte von Konstablern auf sie wartete. Sie setzte sie davon in Kenntnis, daß Jerusha von jetzt ab wieder zu ihnen gehörte, und die Nachricht wurde lächelnd und mit beifälligem Nicken aufgenommen. »Jetzt haben wir wenigsten wieder jemand, der sich mit den Blauen in ihrer eigenen Sprache unterhalten kann«, murmelte der Konstabler mit Namen Clearwater. »Für mich ist das alles Sandhi, Kommandantin«, sagte er zu Jerusha und lachte.
Ihre Mundwinkel hoben sich zu einem Lächeln. Sie wandte sich an Mond. »Kann ich irgend etwas für dich tun, da ich jetzt wieder in deinen Diensten stehe, Herrin?«
Mond zögerte und überlegte, ob es einen Punkt gab, wo sie etwas ändern konnte. »Ja«, sagte sie dann. »Ich möchte, daß du Kirard Set Wayaways verhaftest.«
Jerusha erschrak, doch sie nickte. »Ich kümmere mich darum, jetzt gleich. Wenn es dir recht ist, nehme ich Konstabler Clearwater mit.«
Mond nickte. Sie streckte die Hand aus, und Jerusha schüttelte sie in der traditionellen Weise. »Willkommen daheim.« Endlich lächelte auch sie.
Jerusha ging zu Kirard Set Wayaways Stadthaus, gefolgt von Clearwater, der zwar keine Fragen stellte, aber vor Neugier fast platzte. Sie war sicher, daß Wayaways sich in der Stadt aufhielt; erst tags zuvor war sie ihm begegnet, wie er an den Geschäften im Labyrinth vorbeiflanierte und sich Schaufenster ansah.
Sie klopfte an die vordere Tür und wartete;
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