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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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er diese Tracht mit Ondinee. Auf dieser Welt verhüllten die Frauen ihr Gesicht, wenn sie sich unter Fremden befanden, aber nicht die Männer; und diese Person hier war eindeutig gekleidet wie ein Mann. Allerdings hatte er von einem freidenkerischen Kult gehört, der der auf Ondinee herrschenden Theokratie die Stirn bot; in dieser Gemeinschaft gingen die Frauen unverschleiert und wurden nicht wie Sklavinnen behandelt, die Männer hingegen bedeckten ihre Gesichter, nicht nur, um ihre geistige Freiheit zu demonstrieren, sondern auch um sich vor Verfolgung durch die Regierung zu schützen.
    Als der Mann merkte, daß Gundhalinu ihn beobachtete, wandte er jählings das Gesicht ab und beschäftigte sich angelegentlich mit einem Gegenstand auf dem Kaminsims.
    Gundhalinu kam zu dem Schluß, daß er es sich wahrscheinlich nur eingebildet hatte, der Mann würde ihn anstarren; vermutlich waren seine Nerven überreizt.
    Vhanu unterhielt sich mit YA Tilhonne, Pernattes Großneffen. Mithra Kitaro, die Polizei-Inspektorin, die er zum erstenmal bei KR Aspundh getroffen hatte, kam zu ihm und fragte ihn nach seinen Wünschen. Er verlangte Lilander, weil er fand, er dürfe sich diesen Genuß ruhig gönnen. Dann setzte er sich auf eine Bank und aktivierte den Spieltisch; eigentlich hatte er keine Lust zum Spielen, doch er wollte so tun, als ob er sich beschäftigte, um eine Weile ungestört nachdenken zu können.
    Er war sich nicht sicher, was Kirard Set Wayaways mit ihrem unverhofften Zusammentreffen bezwecken wollte, aber seine Absichten waren gewiß nicht harmlos. Er nahm sich vor, am nächsten Tag mit Jerusha PalaThion unter vier Augen darüber zu sprechen.
    Nach einer Weile ertappte er sich dabei, wie er immer wieder Ausschau nach dem Ondineaner hielt. Der war ein paar Schritte weitergegangen und unterhielt sich mit einem Kharemoughi, der Gundhalinu den Rücken zukehrte. Der Ondineaner spähte über die Schulter seines Gesprächspartners, wie um zu prüfen, ob er immer noch beobachtet würde.
    Kitaro kam und brachte ihm ein hohes, lilagetöntes Glas mit Lilander. Als sie ihm das Getränk reichte, berührte er leicht ihren Arm. Unauffällig deutete er auf den Ondineaner und fragte: »Kennen Sie diesen Mann?
    Kitaro warf einen flüchtigen Blick auf ihn. »Ich weiß nur, daß er ein Fremder, fern von seiner Heimatwelt, ist.«
    »Sind Sie sicher?«
    Überrascht sah sie ihn an. »Aber natürlich, Richter. Sonst wäre er nicht hier.« Dafür sorgte nicht nur menschliche Überwachung sondern auch ein verdecktes Prüfverfahren. »Außerdem habe ich ihn schon früher hier gesehen. Stimmt irgend etwas nicht?«
    »Es ist alles in Ordnung. Ich war nur neugierig. Wahrscheinlich habe ich diese Uniform zu lange getragen.« Er zeigte auf Kitaros blauen Rock. »Ein Mann, der sein Gesicht nicht zeigen will, macht mich nervös.« Doch in seinem Innersten wußte er, daß die Dinge nicht so einfach lagen. Nicht das verhüllte Gesicht des Fremden bereitete ihm Sorgen. Seine Körperhaltung, seine Art, sich zu bewegen, kamen Gundhalinu vertraut vor. Er erkannte Körpersprache, wie er das Werk eines bestimmten Künstlers erkennen würde. Doch der Teil seines Unterbewußtseins, der die Information längst verarbeitet hatte, gab die Signale noch nicht an den bewußten Verstand weiter.
    An dem Lilander nippend, kostete er das süße Aroma aus und beruhigte seine Nerven. Vielleicht spielte ihm seine Phantasie auch nur einen Streich – kein Wunder, nach einem aufreibenden Tag voller Debatten und einem Abend, an dem sich die unerquicklichen Begegnungen zu häufen schienen. Trotzdem stand er wieder auf und steuerte diskret auf den Ondineaner zu, der es immer wieder schaffte, ihm auszuweichen ... oder bildete er sich das etwa auch nur ein? Aber sein Instinkt sagte ihm, daß er diesen Mann von irgendwoher kannte.
    Er erreichte den Kamin mit den schwungvoll geschnitzten Pfeilern und der Kollektion von Kuriositäten auf dem Sims. Vorsichtig nahm er das Objekt in die Hand, mit dem der Ondineaner sich so ausgiebig beschäftigt hatte. Es war eine silberne Phiole, ähnlich einer Parfumflasche. Er betrachtete sie eine Weile und überlegte, wo er so etwas schon einmal gesehen hatte. Plötzlich ging ihm ein Licht auf: Dieses Fläschchen war ein Gefäß für das Wasser des Lebens; nicht der Likör war gemeint, sondern das echte Elixier, das aus dem Blut der Mers gewonnen wurde.
    Er drehte es zwischen den Fingern und behandelte es mit äußerster Vorsicht. Vor ein paar Tagen

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