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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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Orbit angreift!«
    Das können Sie nicht tun!
Der Mann war von Sinnen. Sie verbiß sich die Bemerkung, als sie den Ausdruck von Panik auf seinem Gesicht erkannte. »Das geht nicht ...«, versetzte sie statt dessen; es sollte kein Protest sein, sondern eine Drohung.
    Die wütende Antwort blieb ihm in der Kehle stecken. »Wie meinen Sie das?« brüllte er, während er sie heftig schüttelte. Plötzlich begann die Stadt zu schwanken, kaltes Wasser kroch an ihren Beinen hoch und zog sich wieder zurück, ein Wirrwarr von Treibgut hinterlassend.
    »Weil Ihre Waffen nicht funktionieren werden«, sagte sie und starrte ihn entschlossen an. »Sie würden ihr Ziel verfehlen. Wenn Sie auf Karbunkel schießen wollen, könnte der Schlag daneben gehen und statt dessen den Sternenhafen und Ihre eigenen Schiffe treffen ...«
    Er fluchte. Unvermittelt holte er aus und schlug ihr ins Gesicht; sie stürzte nach draußen auf das wind- und regengepeitschte Pflaster.
    Ohne Hilfe rappelte sie sich hoch; vor Schmerzen war sie wie betäubt, und der nächste Windstoß warf sie wieder um. Hinter ihr erhob sich ein heftiger Wortwechsel.
    Plötzlich knieten zwei Polizisten neben ihr und bugsierten sie in das relativ geschützte Wachhäuschen zurück.
    Während die beiden Männer sie stützten, japste sie nach Luft; in ihrem Mund schmeckte sie Blut. Zwei andere Polizisten hinderten Vhanu daran, sich abermals auf sie zu stürzen. Die Stadt wankte unter dem nächsten Schlag. Beschwörend sprach ein Offizier in Sandhi auf Vhanu ein; was er sagte, konnte sie nicht verstehen, doch allmählich schien sich Vhanu zu beruhigen. Die beiden Polizisten ließen ihn los und rückten ein Stück von ihm ab. Sein wahres Gesicht war zum Vorschein gekommen: ein erbärmlicher, feiger Bürokrat, dessen Spielchen mit der Macht plötzlich zu scheitern drohten. Die nackte Angst höhlte ihn aus. Er war am Ende –und das machte ihn gefährlich. Finster starrte er Mond an, wie wenn er sie mit seinen Blicken ermorden wollte, während er nervös am nassen, steifen Stoff seines Uniformrocks zupfte. »Bringt sie weg!« befahl er mit tonloser Stimme. »Sperrt sie ein!«
    Drei Polizisten brachten sie zum Hovercraft, und sie flogen die Straße zurück zum Polizei-Hauptquartier. Man sprach zwar nicht mit ihr, behandelte sie jedoch rücksichtsvoll, beinahe zuvorkommend. Abgekämpft und benommen lehnte sie sich gegen das Fenster und vermied es, die Männer anzusehen.
    Die Straßen waren wie ausgestorben. Sie fragte sich, ob es am Kriegsrecht lag oder an dem Sturm, der an den transparenten Wällen am jeden Straßenende rüttelte. Gern hätte sie gewußt, was die Leute gesagt hätten, könnten sie ihre Königin in diesem Zustand sehen ... Doch rasch ließ sie diesen Gedanken wieder fallen. Hinter den reflektierenden Scheiben des Poizeivehikels war sie ohnehin vor Blicken verborgen.
    Endlich erreichten sie die Blaue Allee. Man lotste sie durch das Präsidium, vorbei an staunend gaffenden Leuten, bis sie tief im Innern des Gebäudes in einer Zelle landete. Rings um sie her waren noch weitere Arrestzellen, und sie hielt Ausschau nach Jerusha. Doch sie schien die einzige Gefangene zu sein. Die Wächter entfernten die Fesseln von ihren schmerzenden Handgelenken und ließen sie allein; die Zellenwände bestanden aus einem durchsichtigen Material, das Funken versprühte, wenn sie es anfaßte.
    In der Zelle war es kalt; sie begann zu zittern, als Reaktion auf das Erlebte, und weil sie in ihrer nassen Kleidung fror. Mit der Hand wischte sie sich das Blut von einem Mundwinkel; dann starrte sie unschlüssig auf den klebrigen roten Fleck. An einer Wand stand eine schmale Pritsche, darauf lag eine einzige, zusammengefaltete Decke. Sie wickelte sich darin ein und legte sich hin, vor Erschöpfung wie benebelt, der Verstand genauso leer wie die Zelle, in die man sie verfrachtet hatte. Dann schloß sie die Augen und schlief ein.
    Nach einem unruhigen, von Alpträumen geplagten Schlummer wachte sie auf und schälte sich aus der Decke; ein paar Träume später wurde sie wieder wach, vor Kälte bibbernd, und deckte sich von neuem zu. Die Zeit, die verging, ließ sich nicht messen; allmählich wurde ihr Schlaf tiefer und friedvoller, die bösen Träume hörten auf.
    Als sie dann aufwachte, war ihr Kopf klar. Sie setzte sich hin und streifte die Decke ab; doch sie war so schwach, daß sie sich gegen die Wand lehnen mußte. Ihr Mund war ausgedorrt, und sie merkte, daß ihre Schwäche teilweise von Hunger

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