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Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition)

Titel: Tief durchatmen, die Familie kommt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Sawatzki
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mein Atem bildete kleine Nebelwölkchen vor meinem Gesicht.
    »Gerald!«
    Zum Glück war um diese Uhrzeit keiner mehr auf der Straße. Wenn mir jemand entgegenkäme, würde ich einfach sagen, ich suchte nach meinem kleinen braunen Hund. Ich meine, welche erwachsene Frau rennt schon am Heiligen Abend und bei strömendem Regen auf der Suche nach ihrem entlaufenen Mann durch die Straßen?
    »Gerald!«
    Ich näherte mich dem Einkaufszentrum. Keine Menschenseele weit und breit. Die Straßenlaternen tauchten den leeren Parkplatz in fahles Licht. Wenn ich nicht auf der verzweifelten Suche nach meinem Mann gewesen wäre, hätte ich mich spätestens jetzt zu Tode gegruselt. Kein Geräusch außer meinem keuchenden Atem und dem Prasseln des Regens auf dem Metalldach des Gebäudes.
    Ich lief einmal um das Einkaufszentrum herum und dann auf die einzige Kneipe in unserem Viertel zu, den »Bierpinsel«. Ich weiß auch nicht, warum, es war schon von Weitem zu sehen, dass sie geschlossen hatte, aber irgendetwas zog mich an.
    Und wirklich. Als ich mich näherte, sah ich eine dunkle Gestalt vor der Eingangstür der Kneipe kauern.
    »Gerald?«
    Ich näherte mich vorsichtig. Die Gestalt bewegte sich.
    »Gerald, bist du’s?«
    »Ja, wer sonst. Der Weihnachtsmann vielleicht?« Er hatte seinen Humor nicht verloren.
    »Was machst du da?«
    »Ich denke nach.«
    »Wieso denn hier draußen?«
    »In meinem Haus ist kein Platz für mich.«
    »Gerald, komm jetzt nach Hause. Hier kannst du nicht bleiben, wir holen uns beide den Tod.«
    »Du musst nicht hierbleiben.«
    »Ich lass dich doch hier nicht allein.« Ich setzte mich neben ihn auf den Türvorleger. »Was machst du hier?«
    »Ich versuche, einen klaren Gedanken zu fassen.«
    Ich sah ihn an. »Worüber denn?«
    »Über uns.«
    Stille.
    »Und?«
    »Was?« Er sah unendlich traurig aus.
    »Was ist mit uns?«
    »Vielleicht ist unsere Ehe wirklich am Ende. Vielleicht … Also manchmal weiß ich mir keinen Rat mehr, und vielleicht wäre es besser für alle, wir würden …«
    »Hast du eine andere?« Ich sah plötzlich Heerscharen von Frauen mittleren Alters mit Plakaten vor unserem Haus auf und ab gehen. Auf den Plakaten waren ihre vergrößerten Gesichter abgebildet, und darunter stand in Leuchtschrift: »Ich kann kochen!«, »Ich bin eine gute Mutter!«, »Ich bin immer ausgeglichen«, »Ich liebe täglichen Sex«, und alle skandierten im Chor: »Wir wollen Gerald, wir wollen Gerald!«
    Er sah mich von der Seite an und sagte: »Gundula, findest du nicht, du machst es dir ein bisschen einfach, wenn du jetzt die eifersüchtige Ehefrau spielst?«
    Ich musste an die Sexgöttinnen mit dem Plakat denken. »Wir hatten vor genau 1497 Tagen das letzte Mal Sex«, platzte es aus mir heraus.
    »Was?«
    »Ich sagte, wir hatten vor genau …«
    »Das habe ich schon verstanden, aber wieso weißt du das so genau?«
    »Weil ich jeden Morgen und Abend deinen Kalender vor der Nase habe. Du zählst das Ende deiner beruflichen Laufbahn und ich das Ende meiner Weiblichkeit.«
    »Du übertreibst, Gundula. Es waren höchstens zwei Jahre.«
    »Ach, wenn es nur zwei Jahre wären, dann wäre es ja nicht so schlimm …« Ich musste plötzlich lachen, und Gerald lachte ein bisschen unsicher mit. Dann sahen wir uns an.
    »Was ist bloß mit uns passiert?«, fragte ich.
    »Ich weiß es nicht. Das ist es eben. Es ist nicht deine Art, dich über etwas zu beschweren. Das finde ich ja auch so toll an dir. Ich habe einfach das Gefühl, dass ich euch allen zu wenig biete. Und dass ich langweilig und uninteressant bin. Du lässt mich das schon manchmal spüren.«
    »Dabei würde ich so gern mehr mit dir reden.« Ich sah ihn mit großen Augen von unten an.
    »Meine Arbeit interessiert dich doch gar nicht.«
    Und plötzlich sah ich es in Geralds Augen verdächtig glänzen.
    »Was ist mit dir, Gerald? Warum guckst du so komisch?«
    »Ach, nichts.« Er wischte sich mit dem regennassen Ärmel über die Augen.
    »Du weinst ja!«
    »Du warst immer mein Ein und Alles. Aber gerade habe ich das Gefühl, dass du dich überhaupt nicht mehr für mich interessierst, dass es dir egal ist, ob ich da bin oder nicht …«
    »Aber Gerald! Du redest nie mit mir. Alles, was ich sage, scheint dich nicht zu interessieren.«
    Gerald atmete tief ein. »Wenn wir nur die Zeit zurückdrehen könnten.«
    »Weißt du noch«, sagte ich, »wie sehr wir uns früher an den Kindern gefreut haben? Als sie noch klein waren?«
    »Wir können uns doch jetzt auch an

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