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Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Titel: Tief im Herzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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müssen, dachte Cam. Aber das leise Knarren des Schaukelstuhls erinnerte ihn immer wieder an den Nachmittag. »Hast du schon mal geträumt, obwohl du hellwach warst?« Er konnte Ethan diese Frage stellen, denn sein Bruder würde darüber nachdenken und ihm eine ernsthafte Antwort geben.
    Nachdem Ethan das fast leere Glas neben den Schaukelstuhl auf die Veranda gestellt hatte, betrachtete er seine Zigarre. »Nun … ich schätze ja. Die Gedanken schweifen gern in die Ferne, wenn man es zuläßt.«
    Das konnte es gewesen sein, sagte sich Cam. Er hatte seine Gedanken schweifen lassen, und nur so ließ es sich erklären, weshalb er geglaubt hatte, seinen Vater im Schaukelstuhl sitzen zu sehen. Das Gespräch? Wunschdenken, entschied er. Mehr nicht.
    »Weißt du noch, als Dad immer seine Geige mit rausbrachte? An heißen Sommerabenden saß er dort, wo du jetzt sitzt, und spielte stundenlang. Er hatte so große Hände.«
    »Jedenfalls konnte er die Geige richtig zum Schluchzen bringen.«
    »Du konntest ziemlich gut mithalten.«
    Ethan zuckte die Achseln und paffte träge seine Zigarre. »Zum Teil.«
    »Du solltest sie nehmen. Er hätte gewollt, daß du sie bekommst.«
    Ethan hob seinen Blick und schaute Cam ruhig und unverwandt an. Keiner von beiden sagte zunächst etwas,
und das war auch nicht nötig. »Das werde ich irgendwann tun, aber jetzt noch nicht. Ich bin noch nicht soweit.«
    »Ja.« Cam blies den Rauch aus.
    »Hast du noch die Gitarre, die sie dir damals zu Weihnachten geschenkt haben?«
    »Ich hab’ sie hiergelassen. Ich wollte sie nicht überall mit mir herumschleppen.« Cam schaute auf seine Finger und bewegte sie, als wolle er sie auf die Saiten legen. »Ich hab’ seit mehr als einem Jahr nicht gespielt.«
    »Vielleicht sollten wir Seth ein Instrument lernen lassen. Mom schwor darauf, daß Musik Aggressionen abbaut.« Er wandte den Kopf, als die Hunde zu bellen begannen und seitlich ums Haus herumliefen. »Erwartest du jemanden?«
    »Phillip.«
    Ethan blickte erstaunt. »Ich dachte, der kommt erst am Freitag.«
    »Sagen wir, es ist ein familiärer Notfall eingetreten.« Cam drückte den Zigarrenstummel aus, ehe er aufstand. »Ich bete zu Gott, daß er etwas Anständiges zu essen mitgebracht hat, und nicht diesen widerlichen Erbsenbrei, den er so gern ißt.«
     
    Phillip kam mit langen Schritten in die Küche. Er trug eine große Tüte und einen ebenso großen Eimer mit Hähnchenstücken, wobei seine Gereiztheit stark zu spüren war. Er stellte die Lebensmittel auf den Tisch, strich sich durchs Haar und blickte seine Brüder finster an.
    »Da bin ich«, fuhr er sie an, als sie durch die Hintertür hereinkamen. »Was gibt’s denn für Probleme?«
    »Wir haben Hunger«, sagte Cam ungezwungen, zog den Deckel vom Eimer und nahm sich eine Keule. »Du hast da einen Schmutzfleck auf deiner Yuppie-Hose, Phil.«
    »Mist.« Phillip wischte ungeduldig auf seiner Hose herum, um die Abdrücke der Hundepfoten loszuwerden. »Wann werdet ihr diesem stupiden Hund endlich beibringen, daß er die Leute nicht anspringen soll?«
    »Wenn du Brathähnchen mit dir herumträgst, versucht der Hund natürlich, ein Stück davon zu ergattern.« Ungerührt ging Ethan zu einem der Küchenschränke, um Teller zu holen.
    »Hast du auch Fritten da?« Cam griff in die Einkaufstüte und stibitzte eine. »Kalt. Die sollte einer von euch lieber noch mal aufbacken. Wenn ich das übernehme, werden sie nur platzen oder zu Brei zerkochen.«
    »Ich mach’ das schon. Hol mal einen Teller, auf dem ich das Weißkraut servieren kann.«
    Phillip holte mehrere Male tief Luft. Die Fahrt von Baltimore nach Hause war lang, und der Verkehr mörderisch gewesen. »Wenn ihr beiden Mädchen keine Lust mehr habt, Haushalt zu spielen, weiht ihr mich ja vielleicht ein, warum ich die Verabredung mit einer scharfen Steuerberaterin absagen mußte, übrigens die dritte, und zwar ein Abendessen bei ihr, mit der Aussicht auf Sex zum Nachtisch. Warum ich mich statt dessen stundenlang durch den schlimmsten Verkehr quälen mußte, um einen blöden Eimer mit Hähnchenstücken bei zwei Spinnern abzuliefern.«
    »Zunächst mal bin ich es leid zu kochen.« Cam häufte Krautsalat auf seinen Teller und nahm einen Keks. »Und es ärgert mich, daß ich immer wegwerfen muß, was ich gekocht habe, weil nicht mal der Hund das Essen will. Aber das nur nebenbei.«
    Er biß noch einmal herzhaft von der Hähnchenkeule ab, ging dann zur Tür und rief nach Seth. »Der Kleine muß auch

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