Tief im Herzen: Roman (German Edition)
frisch gemacht, die schlichte grüne Tagesdecke profimäßig glattgezogen und die Kissen aufgeschüttelt waren, wußte er, daß ein paar von den Laken, die draußen an der Leine hingen, seine waren.
Heute nacht würde er auf frischen, sauberen Laken schlafen, die er nicht einmal selbst hatte waschen müssen. Dadurch wurde die Aussicht, allein zu schlafen, ein wenig erträglicher.
Die Oberfläche seiner alten Eichenkommode war nicht nur staubfrei, sie funkelte. Die Bücherregale, auf denen immer noch die meisten seiner Pokale und einige seiner Lieblingsromane standen, waren aufgeräumt, und der Polstersessel, den er als Zwischenlager für alles mögliche benutzt hatte, war jetzt leer. Er hatte zwar keine Ahnung, wo sie seine Sachen im einzelnen verstaut hatte, konnte sich jedoch denken, daß sie sich dort befanden, wo sie hingehörten.
Vermutlich war er nur verwöhnt, weil er in den letzten Jahren größtenteils in Hotels gelebt hatte. Doch es tat ihm gut, in sein Zimmer zu kommen und nicht auf den ersten Blick ein halbes Dutzend lästiger Pflichten wahrzunehmen, die noch erledigt werden mußten.
Es ging entschieden aufwärts. Cam ließ sich aufs Bett fallen und griff nach dem Telefon.
»Anna Spinelli.« Ihre Stimme klang gedämpft, geschäftsmäßig nüchtern. Er schloß die Augen, um sie besser vor sich sehen zu können. Es gefiel ihm, sie sich an ihrem Schreibtisch sitzend vorzustellen, in dem engen, knappen blauen Fähnchen, das sie gestern abend getragen hatte.
»Ms. Spinelli. Was halten Sie von Krebsen?«
»Hmm …«
»Lassen Sie es mich anders ausdrücken.« Er machte es sich auf seinem Bett bequem und spürte, daß er ohne große Mühe innerhalb von fünf Minuten einschlafen könnte. »Was halten Sie von gedünsteten Krebsen?«
»Sehr viel.«
»Gut. Wie wär’s dann morgen mit einem Abendessen?«
»Cameron …«
»Hier«, führte er aus. »In unserem Haus. Dem Haus, in dem man nie allein ist. Morgen beginnt die Krebssaison. Ethan wird einen Schwung mit nach Hause bringen, und wir kochen sie. Sie können mit eigenen Augen ansehen, wie die Quinns – wie würden Sie es nennen? – miteinander umgehen. Sie können sich ein Bild davon machen, wie Seth zurechtkommt, sich in seinem häuslichen Umfeld einlebt.«
»Hört sich sehr gut an.«
»Hey, ich hatte schon früher mit Sozialarbeitern zu tun. Natürlich nie mit einem Exemplar, das blaue High Heels trug, aber …«
»Ich hatte eine private Verabredung«, rief sie ihm in Erinnerung. »Jedenfalls halte ich diese Idee für ausführbar. Wann?«
»Halb sieben oder um den Dreh.« Er hörte Papierrascheln
und ärgerte sich, daß sie in ihrem Terminkalender nachschlug.
»In Ordnung, das geht. Halb sieben.«
Ihre Stimme klang immer noch sehr geschäftsmäßig. »Sind Sie allein?«
»In meinem Büro? Im Augenblick schon. Warum?«
»Nur so. Ich habe den ganzen Tag an Sie denken müssen. Warum erlauben Sie mir nicht, morgen in die Stadt zu kommen und Sie abzuholen. Später könnte ich Sie auch nach Hause bringen. Wir könnten zwischendurch anhalten und – ich würde gern sagen, auf den Rücksitz klettern, aber der Corvette hat keinen. Trotzdem denke ich, daß wir es schaffen könnten.«
»Davon bin ich überzeugt. Und genau deshalb werde ich selbst fahren.«
»Ich muß dich unbedingt spüren.«
»Ich zweifle nicht daran, daß es dazu kommen wird. Irgendwann. In der Zwischenzeit …«
»Ich will dich.«
»Ich weiß.«
Da ihre Stimme jetzt längst nicht mehr so kühl klang, lächelte er. »Wie wär’s, wenn ich dir erzähle, was genau ich gern mit dir tun würde? Ich kann Schritt für Schritt vorgehen. Du kannst dir sogar Notizen in deinem kleinen Buch machen, um sie später zu überprüfen.«
»Ich … glaube, das verschieben wir besser. Zu einem späteren Zeitpunkt komme ich gern darauf zurück. Leider habe ich in wenigen Minuten einen Termin. Ich sehe Sie und Ihre Familie ja dann morgen abend.«
»Gib mir zehn Minuten mit dir allein, Anna.« Er flüsterte jetzt. »Zehn Minuten, um dich zu berühren.«
»Ich – wir können ja morgen versuchen, es einzuschieben. Ich muß Schluß machen. Auf Wiedersehen.«
»Tschüs.« Zufrieden, weil er sie aus dem Konzept gebracht hatte, legte er den Hörer auf die Gabel und hielt ein wohlverdientes Nickerchen.
Gut eine Stunde später wurde er vom Krachen der Haustür und Phillips lauter, ungehaltener Stimme geweckt.
»Trautes Heim«, murmelte Cam und rollte vom Bett. Er wankte zur Tür und von
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