Tief im Herzen: Roman (German Edition)
langgezogen.«
Er mußte lächeln. »Ich erinnere mich noch gut – das war Ihre Spezialität.«
Jetzt lachte sie, es klang wie ein fröhliches Wiehern. »Ihnen hab’ ich sie auch langgezogen, als Sie damals um meine Caroline herumgestrichen sind. Glauben Sie, ich hätte nicht gewußt, was Sie im Sinn hatten, mein Junge?«
»Caroline war das hübscheste Mädchen in der Klasse.«
»Sie ist immer noch bildschön. Es ist ihr Junge, mit dem ich heute losziehe. In diesem Sommer wird er vier. Und mit ihrem zweiten ist sie jetzt im sechsten Monat schwanger. wie schnell die Zeit doch vergeht.«
Cam dachte noch an das Gespräch mit Mrs. Wilson, als er wieder zu Hause war und die Tüten mit Lebensmitteln hineinschleppte. Ihm war klar, daß sie es im Grunde nur gut gemeint hatte, aber es war ihr gelungen, ihn zu deprimieren.
Wenn schon treue Freunde seiner Eltern solch dreiste Lügen zu hören bekamen, dann machten sie schneller die Runde und zogen weitere Kreise, als er gedacht hatte. Wie lange konnte sie dies alles ignorieren, bevor sie öffentlich dementieren mußten? Jetzt, fürchtete er, hatten sie keine andere Wahl, als Phillips Rat zu befolgen und nach Seths Mutter zu suchen.
Dem Kleinen würde das ganz und gar nicht gefallen. Und was wurde aus dem Vertrauen, das er in Seths tränennassen Augen gesehen hatte?
»Ich schätze, du brauchst Hilfe mit dem Zeug.« Phillip
kam in die Küche. »Ich war am Telefon. Der Anwalt. Die vorläufige Vormundschaft ist durch. Das wäre schon mal der erste Schritt.«
»Toll.« Er wollte das Gespräch im Lebensmittelgeschäft wiedergeben, entschied sich jedoch, es an diesem Tag nicht noch mal aufzuwärmen. Verdammt, heute hatten sie zwei Schlachten gewonnen. Er würde sich den Rest des Abends nicht durch hirnlose Klatschbasen verderben lassen.
»Im Wagen ist noch mehr«, sagte er zu Phillip.
»Mehr wovon?«
»Tüten.«
»Noch mehr?« Phillip starrte auf die sechs vollgestopften braunen Papiertaschen. »Himmel, Cam, ich habe nicht mehr als zwanzig Artikel auf die Liste geschrieben.«
»Ich hab’ sie eben ergänzt.« Er holte eine Schachtel heraus und warf sie auf den Küchentisch. »Hier wird vorerst niemand mehr unter Hunger leiden.«
»Du hast Twinkies gekauft? Twinkies? Gehörst du etwa zu den Leuten, die glauben, das weiße Zeug, mit dem sie gefüllt sind, sei eines der vier Grundnahrungsmittel?«
»Der Junge ißt sie bestimmt gern.« »Na klar. Dann kannst du auch seine nächste Zahnarztrechnung bezahlen.«
Cam wirbelte herum. Er stand dicht vor der Explosion. »Hör zu, Kumpel: Wer ins Geschäft geht, kauft ein, was ihm gefällt. Diese Regel gilt ab jetzt. Also, willst du das Zeug jetzt aus dem Wagen holen oder soll es dort verrotten?«
Phillip hob nur eine Braue. »Da Einkaufen dich offensichtlich in fröhliche Stimmung versetzt, werde ich diese Aufgabe von heute an lieber selbst übernehmen. Und wir sollten eine Haushaltskasse einrichten.«
»Fein.« Cam scheuchte ihn weg. »Mach das.«
Als Phillip hinausging, fing Cam an, Schachteln und Dosen zu verstauen, wo gerade Platz war. Sollten sich über Ordnung doch die anderen den Kopf zerbrechen. Ja,
ihm war egal, wer sich darum kümmerte. Er hatte vorerst genug.
Er wollte nach draußen gehen, doch als er zur Haustür kam, sah er, daß Seth nach Hause gekommen war. Phillip reichte ihm Tüten, und die beiden unterhielten sich, als hätten sie keine einzige Sorge auf der Welt. Also würde er den Hinterausgang nehmen, beschloß er, und die beiden allein den Laden schmeißen lassen. Als er sich umdrehte, kläffte der Welpe, um gleich darauf den Teppich naßzumachen.
»Du erwartest wohl von mir, daß ich das saubermache.« Als Foolish mit dem Schwanz wedelte und die Zunge aus dem Maul hängen ließ, konnte Cam nur die Augen schließen.
»Ich finde trotzdem, daß der Aufsatz ein schlechter Tausch war«, beschwerte sich Seth, als er das Haus betrat. »So was ist doch Schwachsinn. Und ich verstehe nicht, warum …«
»Du wirst ihn schreiben.« Cam nahm ihm die Tüten ab. »Und ich will kein Gemecker mehr hören. Du kannst gleich anfangen, nachdem du den Dreck weggemacht hast, den dein Hund auf dem Teppich hinterlassen hat.«
»Mein Hund? Er gehört nicht mir.«
»Von nun an gehört er dir, und du sorgst gefälligst dafür, daß er stubenrein ist, oder er bleibt in Zukunft draußen.«
Cam ging in die Küche, gefolgt von Phillip, der sich alle Mühe gab, nicht zu lachen. Seth dagegen blieb stehen und starrte Foolish
Weitere Kostenlose Bücher