Tief im Hochwald - Kriminalroman
für jeden Hinweis dankbar, der zur Ergreifung des Täters führt, aber darum haben wir Sie nicht hergebeten. Vielmehr gehen wir neuen Hinweisen nach –«
Der Pastor lachte laut und etwas hölzern auf. »Sie haben mich im Verdacht, den Weg des Metzgers zum Herrn beschleunigt zu haben? Das ist absurd. Jeder wird Ihnen bestätigen können, dass ich in der Kirche war.«
Sein Lachen war eine Spur zu laut und zu unnatürlich, er wirkte nervös. Vanessa holte tief Luft und wollte sich erklären, als hinter dem Rücken des Pastors die Stimme ihres Kollegen drohend ertönte: »Josef, wir wissen alles über dich. Sag, was du zu sagen hast, und spiel hier nicht den Unschuldigen. Ich hab so die Schnauze voll von deinem frommen Getue.«
Erschrocken fuhr der behäbige Geistliche herum und starrte sein Gegenüber an. »Heiner, was ist in dich gefahren? Die Tode haben dich wirklich sehr mitgenommen, du scheinst nicht ganz bei Sinnen zu sein«, versuchte er zu beschwichtigen, machte es damit aber nur schlimmer.
Landscheid war aufgesprungen, und Vanessa hatte Angst, er würde sich auf den Pastor stürzen. Sie blickte Gunter an, der sprungbereit auf der Kante seines Stuhles saß, als wolle er jeden Moment den Kollegen zurückhalten. Sie ahnte, dass besänftigende Worte keinerlei Einfluss auf den wütenden, hilflosen Vater haben würden, als der er Pastor Feldmann nun gegenüberstand, die Hände drohend in die Seiten gestemmt.
»Herr Landscheid, bringen Sie bitte Ihren Stuhl mit und setzen Sie sich mit uns an einen Tisch«, ließ Vanessa keine Widerrede zu und zeigte neben sich. Nur zögernd hielt der Polizist inne und griff nach dem Stuhl, den er polternd hinter dem Schreibtisch abstellte.
»Nein, Herr Feldmann, wir gehen Hinweisen nach, dass die Mordserie, denn als solche müssen wir sie inzwischen betrachten, indirekt mit Ihnen zu tun hat.« Vanessa ließ ihre Worte wirken, aber der Pastor sah sie offenbar ahnungslos an.
»Ich verstehe nicht, wovon Sie sprechen, mein Kind. Ich bin ein alter Mann, erläutern Sie mir bitte, was Sie meinen«, erwiderte er.
»Du schleimiger Heuchler, jetzt tu nicht so«, fuhr sein Skatkumpel wiederum dazwischen, aber Gunter brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen.
»Pastor Feldmann, uns liegen Aussagen vor, die Sie der sexuellen Annäherung an Kinder und Jugendliche bezichtigen und den Verdacht nahelegen, jemand möchte mit den Morden auf diese Vergehen hinweisen. Könnten Sie dazu bitte ehrlich und aufrichtig Stellung nehmen?«
Der Pastor war sichtlich verblüfft und starrte sie sprachlos an. Seine Hände, die bislang ruhig in seinem Schoß gelegen hatten, verkrampften sich ineinander. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder wie ein Fisch auf dem Trockenen.
Heiner Landscheid sprang auf, schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und schrie: »Josef, was hast du mit meinen Jungen gemacht?« Die Stimme versagte ihm, und er sackte wieder auf seinen Stuhl zurück.
Der Pastor wurde weiß wie die Wand. Das Telefon klingelte, aber Vanessa ignorierte den Anruf. »Herr Feldmann, solange wir keine Beweise oder ein Geständnis von Ihnen haben, gilt grundsätzlich für Sie die Unschuldsvermutung«, erklärte Vanessa. »Wir erwarten aber für heute Nachmittag einen Zeugen, der Sie ersten Andeutungen nach schwer belasten wird. Sie hätten aber noch die Möglichkeit, sich selbst anzuzeigen. Das würde es Ihnen ersparen, dass wir uns bei sämtlichen Einwohnern und bei ehemaligen Hellersbergern umhören müssen, wer alles möglicherweise von Ihnen sexuell missbraucht wurde. Das wird viel Staub aufwirbeln. Mit Ihrer Aussage könnten Sie das verhindern.«
»Außerdem könnte es sich positiv auf das Strafmaß auswirken«, ergänzte Gunter.
»Was soll ich mir unter ›sexuellen Annäherungen‹ vorstellen?«, brauste der Pastor auf.
»Genau das wollten wir von Ihnen wissen«, erwiderte Vanessa.
»Ich kann Ihnen aber nichts zu diesen haltlosen Vorwürfen sagen«, gab Feldmann zurück.
»Sind Sie da sicher?«, fragte Vanessa. »Ich gebe zu, es wird viel falsches Zeug geredet, aber seien Sie sicher, es fällt niemandem leicht, über sexuellen Missbrauch zu reden. Erzählen Sie mir, warum sich das jemand ausgedacht haben sollte.«
»Nicht nur die Wege des Herrn sind unergründlich.«
»Herr Feldmann, können wir uns mal von diesen Floskeln wegbewegen und Klartext reden?«, forderte Gunter.
Der Pastor sah ihm nicht in die Augen, sondern ließ den Blick auf seinen Händen ruhen und schwieg.
»Herr
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