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Tief im Hochwald - Kriminalroman

Tief im Hochwald - Kriminalroman

Titel: Tief im Hochwald - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moni
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Muster, aber dieser ist irgendwie anders. Normalerweise hängt das Kreuz an einer kurzen Schnur, auf der eine große und drei kleine Perlen aufgefädelt sind. Hier fehlen aber zwei kleine Perlen. Das kam mir seltsam vor. Erst auf den zweiten Blick habe ich gesehen, dass ein komplettes Gesätz fehlt, also statt fünf sind es bei der Kette nur vier.« Er schüttelte abermals den Kopf.
    »Vier was?«
    »Jede Perle steht für ein Gebet. Zehn kleine Perlen und eine große sind ein Gesätz, davon gibt es immer fünf. Aber hier sehe ich nur vier.«
    Landscheid sagte: »Herr Pastor, es sind aber keine zehn kleinen Perlen zwischen zwei großen, sondern nur neun.«
    Der Pastor zählte nach. »Sie haben recht. Bestimmt gehört die Kette einem Kind, das von den Eltern zur Strafe einen Rosenkranz aufgebrummt bekommen hat und sich die Arbeit ein wenig erleichtern wollte. Wer käme normalerweise schon auf die Idee, die Perlen an einem Rosenkranz nachzuzählen? Ich habe ein fotografisches Gedächtnis, was einem sehr hilft, wenn man mit so vielen Menschen zu tun hat. Und irgendetwas an dieser Kette entsprach nicht dem Bild, das in meinem Kopf von einer solchen Kette abgespeichert ist. Aber das erscheint mir im Moment unwichtig, ich komme eigentlich aus einem ganz anderen Grund.« Fast schien er das Bedürfnis zu haben, sich zu entschuldigen, aber Vanessa war ihm für den Hinweis außerordentlich dankbar. Sie hatte sich gefragt, warum der Rosenkranz um den Finger des Toten gewickelt gewesen war, aber langsam beschlich sie die Erkenntnis, dass diese schlichte, nein diese hässliche Kette an sich eine Bedeutung hatte, die sich ihr momentan nicht erschloss.
    »Am 7. Oktober ist übrigens Rosenkranzfest«, unterbrach der Geistliche ihre Gedanken. »Genau eine Woche nach dem Todestag des armen Herrn Jungblut.«
    Womit Vanessas Vermutung fast schon zur Gewissheit wurde, aber sie hatte im Moment keine Zeit, sich darum Gedanken zu machen. Sie musste Pastor Lämmle loswerden, so leid es ihr auch tat.
    »Pastor Lämmle, vielen Dank für die wichtigen Hinweise, ich sehe die Kette dadurch mit ganz anderen Augen. Aber wir haben Ihren Zeitplan sowieso schon völlig durcheinandergebracht, und ich weiß, dass Sie ein vielbeschäftigter Mann sind. Was führt Sie eigentlich zu uns?«
    Der Geistliche wirkte fast ein wenig verlegen. »Na ja, ich sagte eben schon, ich habe ein außerordentlich gutes fotografisches Gedächtnis. Ich habe mir einmal überlegt, wer bei der Trauerfeier von Frau Jungblut auf jeden Fall dabei war oder ob mir etwas Besonderes aufgefallen ist.«
    Er räusperte sich und nahm aus seiner Jackentasche drei Zettel, die er mehrfach gefaltet hatte. Diese legte er vor die Polizeibeamten auf den Tresen und faltete sie auseinander, sodass sie beide die akkurate Handschrift darauf lesen konnten. Eine Auflistung von sicherlich über hundert Namen lag vor ihnen, wobei hinter vielen Namen »Ehepaar« oder »ganze Familie« stand oder auch Angaben wie »rechte Nachbarin von Frau Fickert« oder »Untermieterin von Familie Marx«.
    »Herr Pastor, das ist absolut beachtlich, vielen Dank«, sagte Vanessa anerkennend. »Das wird uns eine wahnsinnige Hilfe sein, wenn wir versuchen, verschiedene Hellersberger als Mörder auszuschließen. Haben Sie auch ein Bild vor Augen, wen Sie nicht gesehen haben?« Vanessa stolperte über ihre eigene Formulierung und blickte den Pastor hoffnungsvoll an.
    »Ich bin mir nicht ganz sicher. Vielfach merke ich mir Personen auch anhand ihrer Kleidung, aber bei Beerdigungen ist das naturgemäß schwierig. Da beide Veranstaltungen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen stattfanden und ich beim ersten Mal natürlich keine Ahnung hatte, dass das später einmal wichtig werden würde, habe ich nur die aufgeschrieben, von denen ich mit Sicherheit sagen kann, dass sie anwesend waren. Ich möchte auf gar keinen Fall einen falschen Verdacht auf jemanden lenken. Ich kann Ihnen nur mit Sicherheit sagen, dass Ruth Eiden beide Male nicht da war, den alten Schreiner habe ich gesehen, aber seinen Sohn nicht. Aber ein Schafhirte achtet nur auf seine Schafe, nicht auf die anderen Weidetiere, die nicht zu seiner Herde gehören«, erklärte der Geistliche philosophisch. »Ich kann Ihnen sicher nicht alle nennen, die gefehlt haben. Mir ist aufgefallen, dass das Ehepaar Stüber erst erstaunlich spät auf der Empore zum Chor gestoßen ist, weil ich auf die beiden warten musste. Das heißt, Herr Rommelfanger, der Organist, war auch noch nicht da,

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