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Tief im Hochwald - Kriminalroman

Tief im Hochwald - Kriminalroman

Titel: Tief im Hochwald - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moni
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immer schon gewusst. Das ist reiner Selbstschutz, damit ihr Weltbild wieder stimmt«, meinte Charlotte.
    Vanessa nickte. »So wie Frau Eiden das geschildert hat, schien es ein offenes Geheimnis zu sein, über das im Dorf niemals gesprochen wurde. Für mich klang es, als habe jeder es gewusst, aber gehofft, wenn man es verdrängen würde, könne man es damit auch ungeschehen machen.«
    »Ich verstehe nicht, warum Sie und Hajo von alldem nichts mitbekommen haben wollen«, stichelte Charlotte.
    »Um ehrlich zu sein, verstehe ich es auch nicht«, verteidigte sich Landscheid. »Hajo und ich sind durchaus angesehen im Dorf, glaube ich zumindest. Sonst hätte ich vermutet, sie werfen uns einfach mit dem Pastor in einen Topf und reden nicht mit uns darüber. Aber ich weiß es auch nicht. Andererseits haben Sie ja selbst gerade gesagt, fast jeder scheint es gewusst oder geahnt zu haben, aber niemand hat jemals darüber gesprochen.«
    »Wie konnten bloß alle den Pastor dreißig Jahre lang als einen der Ihren behandeln, wenn sie gleichzeitig wussten, was er den Kindern angetan hatte? Warum hat denn niemand etwas unternommen?«, fragte Vanessa fassungslos.
    »Ich glaube, das ist jemandem aus der Stadt schwer zu erklären. Bei uns war es bis vor nicht allzu langer Zeit so, dass der Pastor, der Arzt und der Lehrer immer recht haben. Daran wurde gar nicht gezweifelt. Und außerdem gibt es in unserer gut katholischen Ecke einfach Themen, die noch immer tabu sind, über die spricht man halt nicht, nicht einmal hinter vorgehaltener Hand. Aber ich glaube, das ist bei der nächsten Generation schon anders, und vielleicht ändert sich das ja auch bei den Älteren in Zukunft«, hoffte Landscheid.
    »Hajo hat gestern mitangehört, wie einige Männer lautstark darüber diskutierten, warum der Mörder wohl alle möglichen Leute ermorde, statt sich direkt den Pastor zu holen. Es wurden anscheinend auch Stimmen laut, eine Bürgerwehr zu gründen, den Pastor aus dem Dorf zu jagen und Ähnliches. Ich habe das Gefühl, der Mörder hat genau sein Ziel erreicht, das Dorf lebt in Angst und Schrecken. Wenn er Glück hat, nimmt ihm sogar die aufgebrachte Menge den letzten Mord ab, und wir tappen weiter im Dunkeln. Jetzt müssen wir sehr zügig arbeiten, um das Schlimmste zu verhindern.«
    Inzwischen war auch Bernadette eingetroffen. Als Cacheerfahrene glaubte sie, dass die Anzahl der Perlen des Rosenkranzes, insgesamt zweiundvierzig Stück, einen weiteren Teil der Endkoordinaten darstellten, die sich auch mit den Koordinaten in der Gegend deckten, sodass nur noch die letzten drei Ziffern fehlten. Sie konnten nicht auf gut Glück die ganze Region absuchen, dafür gab es auf jeden Fall zu viele Möglichkeiten, aber sie konnten bereits das Gebiet erheblich einschränken. Sie überlegten, ob sie den Pastor zu dessen eigenem Schutz auf der Wache in Gewahrsam nehmen sollten, aber sie hatten keinen separaten Raum, in dem er sich aufhalten konnte, ohne jedes Wort mitzuhören. Gunter überlegte laut, ob er ihn zu erkennungsdienstlichen Zwecken nach Trier schicken konnte, um ihn aus der Schusslinie zu haben, sagte jedoch dazu, dass ihm das selbst albern vorkäme, da die halbe Kriminaltechnik sowieso gerade zu Ermittlungen in Hellersberg sei.
    Drei der Trierer Kollegen und Kevin Wahlen beschäftigten sich mit der Liste der Teilnehmer der beiden Beerdigungsgottesdienste, die sie mit Hilfe der Aufzeichnungen von Pastor Lämmle und des Kondolenzbuches sowie ihrer eigenen Notizen erstellt hatten. Sie versuchten gemeinsam mit Heiner Landscheid, der sich im Ort natürlich am besten auskannte, zu rekonstruieren, wer nicht die Gottesdienste besucht hatte.
    Charlotte hatte sich ein Flipchart aufgebaut und versuchte, auf dem großen weißen Papier ein Täterprofil zu erstellen:
    Intelligent, geschickt, aber nicht zwangsläufig stark, aufgrund der gewählten Todesarten eher männlich als weiblich, wobei die Pilzvergiftung nicht unbedingt in dieses Schema passte. Vergiften war eher eine Frauendomäne. Die Polizeitechniker und Mitarbeiter der Gerichtsmedizin hatten sich alle Mühe gegeben, konnten aber aufgrund der Mordwerkzeuge keine Aussage darüber machen, ob es sich um einen Rechts- oder Linkshänder handelte. Auch Körpergröße oder Alter ließen sich bislang nicht näher bestimmen. Sie tappten im Dunkeln und mussten in Windeseile alle losen Enden miteinander verknüpfen, um den oder die nächsten Morde zu verhindern. Einerseits erweckte der Täter oder die Täterin

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