Tief im Hochwald - Kriminalroman
da sitzen sehen und danach das orange Ding auf dem Weg. Ich wollte es ihm zurückgeben und hab ihn gefragt, ob er cachen wolle, aber er hat mir selbstverständlich nicht geantwortet.«
»Moment mal, wovon sprechen Sie überhaupt?«, hakte Vanessa nach. »Was ist das für ein Gerät, und was ist Cachen?«
Hajo schien zu überlegen, wie er das erklären könnte. »Bevor der Jonas nach Amerika ist, hat er mir gezeigt, wie Cachen geht. Er hat es eine ›elektronische Schnitzeljagd‹ genannt. Man hat so ein Gerät, gibt darin bestimmte Koordinaten ein und sucht damit nach einem Schatz, den man sich vorher im Internet rausgesucht hat. Ich mache das auch immer auf meinen Wanderungen, da bekommt man Ecken zu sehen, von denen man nicht einmal wusste, dass es sie gibt.«
Völlige Ahnungslosigkeit schlug ihm entgegen.
»Du machst so was auch? Wie kommst du denn an die nötigen Informationen?«, erkundigte sich Landscheid.
»Na, deswegen gehe ich doch immer zu Ursula. Da kann ich E-Mails von Jonas lesen. Mit dem Schreiben tue ich mich noch immer schwer, ich brauche Ewigkeiten zum Tippen. Der Jonas sieht für mich ins Internet und sucht mir da Caches in der Nähe raus. Danach schickt er mir so einen Link. Ich brauche da nur draufzuklicken und kann die Cachebeschreibung bei Ursula ausdrucken. Die nehme ich zu meiner Wanderung mit, und wenn ich Glück habe, finde ich einen Schatz.«
»Welcher Art sind diese Schätze?«, fragte Vanessa.
»Na ja, ›Schatz‹ ist nicht ganz die richtige Bezeichnung. Manchmal ist der Schatz nur ein Filmdöschen, manchmal findet man eine Kunststoffdose, in der ein paar Kleinigkeiten sind, die man durch eigene Kleinigkeiten austauschen und mitnehmen kann. Ich selbst nehme selten etwas mit, darum geht es mir auch gar nicht. Ich trage mich nur mit meinem Cachernamen, dem Datum und der Uhrzeit im Logbuch ein.«
»Wie sieht so ein Logbuch aus?«, fragte Vanessa. Vielleicht konnte der Rentner ihnen doch nützlich sein, er schien Wissen beisteuern zu können, das ihr und Landscheid fehlte.
»Das hängt unter anderem von der Größe der Dose ab. Manchmal ist es nur ein kleiner Papierstreifen, vielfach ist es aber auch ein Vokabelheft«, erklärte Hajo. »Ich schicke dem Jonas eine Nachricht, und der trägt mich zusätzlich im Internet ein, das habe ich bisher nicht so richtig verstanden.«
»Und was sind das für Kleinigkeiten, die Sie erwähnt haben?«, fragte Vanessa.
»Das kann alles Mögliche sein. Manchmal ist nur Mist drin, ein Plüschtier, eine Figur aus einem Überraschungsei oder ein Chip für den Einkaufswagen. Aber manchmal ist auch ein Kugelschreiber drin oder etwas anderes Praktisches.«
»Wie ein Teelicht zum Beispiel oder ein Schlüsselband?«
»Genau, Frau Kommissarin, Sie haben das aber schnell verstanden.« Hajo strahlte.
»Und dieser Mann war demnach Cacher?«, fragte Landscheid.
»Ich denke, das würde die Utensilien im Rucksack erklären«, meinte Vanessa.
»Was war denn im Rucksack?«, fragte Hajo interessiert.
Landscheid zählte die Dinge auf und erläuterte, dass sie sich gewundert hätten, wieso er keine Verpflegung, sondern stattdessen seltsame Dinge dabeigehabt hatte.
»Und wozu braucht man eine Stirnlampe, ein Taschenmesser und Latexhandschuhe?«, fragte Vanessa.
»Na, ganz simpel: Manche Caches sind gut versteckt, in Höhlen, in Felsspalten, in Bächen oder Brunnen. Da ist man ganz froh, wenn man Handschuhe und eine Taschenlampe dabeihat. Oder eben eine Stirnlampe, damit man die Hände frei hat. Es gibt schon mal Caches, bei denen man etwas aufschrauben muss oder aushebeln, da ist es sehr hilfreich, wenn man ein Taschenmesser benutzen kann. Das gehört quasi zur Grundausstattung. Hatte der Tote keine Cachebeschreibung bei sich?«
»Wie würde die aussehen?«, wollte Vanessa wissen.
»Ich selbst drucke mir das immer auf normalem Papier aus und habe die Blätter immer dabei. Kommt natürlich auch darauf an, ob man einen Traditional oder einen Multi sucht«, erläuterte Hajo, was in Vanessas Ohren sehr erfahren klang.
»Hajo, wovon sprichst du?«
»Ach so, das kennt ihr ja auch nicht. Also, es gibt sogenannte Traditionals, da gibt man seine Koordinaten ins Navi ein und findet dort den Cache. Damit ist die Aufgabe gelöst, was einfacher klingt, als es manchmal ist, weil man schließlich nicht nur am Boden etwas finden kann, sondern wie gesagt auch in richtig guten Verstecken. Es gibt auch Rätselcaches, bei denen man zu Hause erst Aufgaben lösen muss, um danach
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