Tief im Hochwald - Kriminalroman
sinnierte Rolf Trost. »Den hatte ich auch als Klassenlehrer. Damals herrschte einerseits Zucht und Ordnung, aber er konnte auch mal fünfe gerade sein lassen.«
Am Tisch saßen außerdem der Metzger Thomas Jungblut, Karl-Josef Lehnen, der Kunstschmied Franz Schuster und Friedhelm Stüber, die alle nickten.
»Ich glaube, er hat ganze Generationen von Hellersbergern durch die Schule gebracht«, sagte Jeremy Wahlen, der sich jetzt mit an den Tisch der Grundschulveteranen setzte. »Mein Bruder Kevin war der Letzte, den er unterrichtet hat. Als Kevin die Schule gewechselt hat, war Scherers Verabschiedung. Ich bin zwei Jahre jünger und hatte ihn nur mal als Vertretungslehrer. Wir hatten damals die alte Frau Geiben als Klassenlehrerin, erinnert sich jemand an die?« Damit hatte Jeremy Wahlen ein angeregtes Gespräch über die Grundschulzeit losgetreten.
»Bevor der Bürgermeister loslegt, gehe ich mal eben auf die Toilette«, entschuldigte sich Rommelfanger.
Trost, der für ihn aufstehen musste, beschloss, die Gelegenheit ebenfalls wahrzunehmen. Als sie am Tisch der Ermittler vorbeigingen, warf Rommelfanger einen Blick auf ein Foto des Toten und erstarrte.
»Darf ich mal?«, fragte er und griff nach dem Foto. Auch Trost blieb stehen und sah neugierig auf das Bild.
»Ist das nicht …?« Rommelfanger stockte. Alle sahen ihn gespannt an.
»Sie kennen den Toten?«, fragte Vanessa erwartungsvoll.
»›Kennen‹ wäre zu viel gesagt, aber er kommt mir irgendwie vertraut vor. Wissen Sie vielleicht …?« Er hielt Trost das Bild hin.
»Könnte das Martin Marx sein, der Neffe der Bäckersfrau?«, überlegte dieser laut.
»›Martin‹ stimmt, aber Martin Winter«, widersprach Vanessa. »Es sei denn, er hat einen neuen Namen angenommen. Landscheid, sind seine Papiere auf der Wache?«
Während Vanessa, Heiner und Hajo zum Ausgang eilten, bat Bürgermeister Justinger alle um Aufmerksamkeit, um die heute zu erledigenden Aufgaben zu besprechen.
Die drei traten in die muffige Polizeiwache. Die Luft roch verbraucht vom vorigen Abend, und die nasse Kleidung machte das Raumklima nicht angenehmer. Hajo riss zwei Fenster auf.
»Kann mal bitte jemand den Computer anmachen? Während ihr die Identität prüft, könnte ich herausfinden, auf welcher Seite wir wegen der Caches nachsehen müssen. Für den Rest brauche ich eure Hilfe. Leider kenne ich niemanden in Hellersberg, der auch cacht, sonst könnten wir uns Unterstützung holen, aber ich bin sicher, wir werden das auch so schaffen.«
Während der Computer hochfuhr, sahen sich Vanessa und Landscheid im Büro nebenan die Personalien des Verstorbenen näher an. Tatsächlich war Martin Winter vor einundvierzig Jahren als Martin Marx in Hellersberg geboren.
»Lassen Sie mich das mal auf meine Art machen«, sagte Landscheid und wählte die Telefonnummer der Bäckerei.
»Tatsächlich, Martin Marx ist nach der Schule von Hellersberg weggezogen, weil er irgendwo eine Lehre als Elektriker angefangen hat. Er hat geheiratet und den Namen seiner Frau angenommen. Wo er heute wohnt oder was er macht, wusste Cordula Marx allerdings nicht, sie hat zu der Seite der Verwandtschaft keinen Kontakt«, berichtete Landscheid kurz darauf.
»Ich hab was«, ertönte Hajo aus dem Nebenraum, und alle drei drängten sich gespannt vor den Computer und sahen sich die Seiten an, auf denen Caches verzeichnet waren.
»Kannst du nicht den Jonas in Amerika anrufen, damit er uns hilft?«, fragte Landscheid.
»Ich könnte mir vorstellen, dass mein Enkel nicht gerade begeistert ist, wenn wir ihn morgens um halb fünf aus dem Bett werfen, damit er euch Schatzsuchen beibringen kann. Aber die junge Kommissarin ist bestimmt ganz findig am Computer«, schmeichelte Hajo der noch immer regennassen Vanessa, die unauffällig an ihn herangerückt war, um nicht allzu sehr zu frieren.
Nach einem Blick in Hajos Mails von seinem Enkel Jonas, von denen eine den Link zur richtigen Webadresse enthielt, reichten Vanessa einige Klicks, um zu finden, wonach sie suchten. Am Grenzweg war erst vor zwei Tagen ein neuer Cache gelegt worden, darum hatte Jonas diesen Hajo sicher bislang nicht vorgestellt. Er hieß schlicht nur »Grenzweg«. In der Beschreibung stand, dass hier Grenzen überschritten wurden und man bei den dort angegebenen Koordinaten nach dem Cache suchen sollte. Es war eindeutig ein Traditional, was erklärte, warum der Tote keine Cachebeschreibung mit sich geführt hatte.
»Demnach werden wir wohl diesen Felsenweg
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