Tief im Hochwald - Kriminalroman
möchte, wird der schneller schlecht, als sie ihn verkaufen kann.«
»Man müsste mal einen genauen Plan machen, wie so ein Handwerkermarkt traditionell aufgebaut war. Im Mittelalter gab es da ganz klare Richtlinien, je nachdem, welcher Zunft die Leute angehörten. Haben Sie da einmal Erkundigungen eingeholt?«
»Nein, Herr Trost, das ist auch nicht meine Aufgabe. Ich bin Schmied, ich schmiede. Ich glaube, es gibt keinen hauptberuflichen Planer für diesen Markt, sondern nur ein paar Menschen, die sich sehr engagieren und sich Mühe geben, ihren Teil zum Erscheinungsbild unseres schönen Hellersberg beizutragen. Wo werden Sie überhaupt Ihren Stand haben?«
Trost schnaubte verächtlich. »Ich bin Künstler, kein Straßenhändler. Ich werde meine Werke an einigen Stellen im Ort ausstellen, aber ich werde nicht mit meinen Werken hausieren. Ich habe nicht monatelang an einer Skulptur gearbeitet, damit ein dahergelaufenes neureiches Paar aus Düsseldorf sich die in ihr Wohnzimmer stellt. Eine Skulptur hat schließlich auch eine Seele, eine Aussage.«
Der bodenständige Schmied lächelte den jüngeren Eiferer belustigt an. »Und wovon leben Sie, wenn Sie Ihre Werke nicht verkaufen?«
»Es ist schrecklich profan, Kunst zu kommerziellen Zwecken herzustellen«, belehrte ihn Rolf Trost.
»Es freut mich, dass Sie sich das leisten können, so zu denken. Verraten Sie mir Ihr Geheimnis, wie Sie sich mit dieser Einstellung über Wasser halten«, forderte Franz Schuster ihn amüsiert auf.
»Ich lebe von Ersparnissen. Nicht in Kommerz umgewandelte Ersparnisse!«
»Sie sind doch gerade mal Mitte vierzig, schätze ich; wenn man davon ausgeht, dass Sie weitere vierzig Jahre leben, sind das große Worte. Wie konnten Sie diese Ersparnisse überhaupt anhäufen?«
»Ich nicht, mein Vater hat mit seiner Fensterfabrik –« Der Rest des Satzes ging im kehligen Lachen des Schmieds unter.
»Bitte entschuldigen Sie«, brachte er prustend hervor, »es ist selbstverständlich leicht, über Kommerz zu schimpfen, wenn man ein Leben als reicher Erbe führt.«
Trost wandte sich ab und stapfte zum Bürgermeister, um mit ihm die genauen Standorte für seine Skulpturen erneut durchzusprechen.
Hajo wandte sich vom Treiben auf dem Kirchplatz ab und ging auf den Gasthof zu. Viel Zeit war seit seinem Frühstück nicht vergangen, aber das Mittagsangebot, Sülze mit Kartoffelsalat oder Kappesmengsel, wäre heute genau nach seinem Geschmack.
In der Wirtsstube war es deutlich leerer geworden als noch am Vormittag. Ruth hatte Zeit, mit Karl-Josef zu plaudern, und es schien, als kämen die beiden sich immer näher. Im Moment hatte Hajo den Eindruck, als würde Karl-Josef seit dem Tod seiner Frau endlich wieder mehr Energie entwickeln, es musste sich nur erst zeigen, ob er einen Konkurrenzbetrieb eröffnen wollte oder ob er mit Ruth zusammenarbeiten würde. Es war jedenfalls unterhaltsam, mit anzusehen, wie sich zwischen den beiden Menschen Mitte fünfzig eine Beziehung anzubahnen schien.
Als Hajos Essen gerade serviert wurde, betraten auch die beiden Ermittler das Lokal. Vanessa rümpfte die Nase, als sie das Durcheinander auf Hajos Teller sah.
»Was ist denn das?«, erkundigte sie sich leicht angewidert.
»Kappesmengsel, so ähnlich wie euer Teerdich in Trier, also Kartoffelpüree mit Sauerkraut und Kassler. Statt mit Kassler kann Ruth Ihnen das auch mit gebackener Blutwurst machen, echt lecker.«
Die Kommissarin schüttelte sich. Ruth trat an den Tisch und erkundigte sich, ob sie etwas essen wolle.
»Haben Sie eventuell einen Salat?«
»Sicher, wie wäre es mit einem Fitnesssalat? Der ist mit Roastbeefstreifen, dauert aber ein bisschen.«
»Gern, und dazu ein stilles Wasser.«
»Still haben wir nicht, nur medium. Heiner, möchtest du auch essen?«
Heiner schüttelte den Kopf. »Gabi hat sicherlich einen Eintopf gemacht, es ist Samstag. Ich geh mal nach Hause, ihr wisst ja, wo ihr mich findet. Heute Nachmittag komme ich noch mal vorbei.«
Vanessa bestellte ihr Wasser medium und sah Hajo beim Essen zu, während sie auf ihren Salat wartete. Als Hajo fertig war, wischte er sich den Mund ab, faltete die Serviette und bestellte einen Schnaps zur Verdauung. Vanessa wartete nach wie vor auf ihr Essen, während verführerische Küchendüfte immer mehr den Raum füllten.
»Erzählen Sie mir von Hellersberg«, bat Vanessa. »Natürlich kannte ich den Ort dem Namen nach, aber ich bin nicht sicher, ob ich je zuvor hier gewesen bin.«
Hajo lehnte
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