Tief im Hochwald - Kriminalroman
Nähe des Tores zu lassen. Vanessa fiel erst in dem Moment auf, dass die Kriminaltechnikerin sie noch immer siezte, weil sich bislang keine Gelegenheit zum Du ergeben hatte.
»Nicht, dass es mir grundsätzlich unangenehm wäre, aber ich habe den Eindruck, wir beide arbeiten viel häufiger zusammen, als mir lieb ist. Ich bin Vanessa«, sagte sie zu der jüngeren Kollegin. Danach bat sie Bernadette und Dr. Breuer, der sich konsequent von allen Kollegen siezen ließ, ihr baldmöglichst ihre Erkenntnisse mitzuteilen, bei Bedarf komme sie natürlich gern auch nach Trier, wobei sie hoffte, eine Übermittlung der Ergebnisse per E-Mail oder am Telefon würde völlig ausreichen. Vanessa ging neben dem Leichenwagen her, als dieser vom Gelände fuhr, und schloss das Tor von außen. Lässig lehnte ein hünenhafter Blonder an einem Steinfindling, mit einem großen schwarzen Hund an der Leine, der gefährlich bellte.
»Hallo, Sie müssen Ingo sein, ich bin die abgeordnete Kollegin Ihrer Freundin, Vanessa Müller-Laskowski«, rief sie dem jungen Mann zu.
»Hi«, grüßte der Mann lächelnd zurück und hielt seinen Hund an der kurzen Leine. »Bärchen, mach Platz«, wies er seinen Hund an, der sich gehorsam hinlegte und mit dem Schwanz wedelte. Vorsichtig näherte sich Vanessa und reichte dem jungen Mann die Hand.
»Zu Ihnen kann ich ruhig sagen: ›Der tut nichts, der will nur spielen‹, aber den Schaulustigen gegenüber macht er einen auf mordende Bestie. Haben wir noch eine Chance auf Wochenende?«, erkundigte sich dieser auf eine sehr sympathische Art.
»Ich denke, wir sind gleich fertig, aber die nächste Woche dürfte mit viel Arbeit verbunden sein. Ich habe gehört, Sie wollen cachen gehen?«
Ingo hockte neben seinem Hund und kraulte dessen Ohren. »Ach ja, ich erinnere mich, Ihretwegen sind wir ursprünglich heute zum Cachen gefahren. Bernadette sagte, es gebe in der Gegend jede Menge Caches, und anscheinend hängen die irgendwie mit diesen Morden zusammen oder umgekehrt. Können wir vielleicht behilflich sein?«
»Welche Caches hatten Sie sich denn für heute rausgesucht?«, fragte Vanessa. »Ich wollte mich morgen noch einmal auf den Weg machen und einige aktuelle Caches in der Nähe suchen. Vielleicht können wir die Caches in dieser Gegend untereinander aufteilen.«
Ingo zog sein Handy hervor und ging damit ins Internet. Er zeigte Vanessa einige der Caches, die er ausgesucht hatte, wobei sich das teilweise mit Vanessas Plänen überschnitt.
»Wie viele Caches schaffen Sie denn so an einem Tag, was ist realistisch?«, erkundigte sich Vanessa. »Ich habe da bisher gar keine Vorstellung.«
»Das kann man so auch gar nicht sagen. Es gibt Multicaches, für die man einen ganzen Tag einplanen muss. Andererseits gibt es Drive-in-Caches, von denen kann man schon mal ein Dutzend am Tag schaffen. Es hängt immer davon ab, wie weit die Caches von der Parkmöglichkeit entfernt sind, wie kniffelig die Aufgaben sind oder wie schwierig das Terrain ist. Aber wir haben morgen ebenfalls nichts vor; was wir heute nicht schaffen, werden wir morgen halt dranhängen. Wann wollten Sie cachen gehen?«
»Lassen wir das Sie ruhig weg, ich heiße Vanessa. Meine Pläne für das Wochenende scheinen sich gerade mal wieder zu ändern. Ich wollte ursprünglich morgen Vormittag mit einem Bekannten los, aber wie es aussieht, wird diese Beerdigung morgen nachgeholt, was ich grundsätzlich sehr vernünftig finde, aber da darf ich nicht fehlen. Wir sollten sicherstellen, dass die morgige Beerdigung wirklich ohne Zwischenfälle über die Bühne geht. Demnach werden wir erst frühestens nach dem Gottesdienst losziehen können, das dürfte Mittag werden.«
»Okay, ich sims dich an, gib mir mal deine Handynummer. Vielleicht können wir auch ein paar Caches gemeinsam machen«, schlug Ingo vor.
»Grundsätzlich gern, ich könnte sicher noch eine Menge lernen, aber wichtiger ist für uns, dass wir so viele Caches wie möglich in kurzer Zeit finden, weil uns vermutlich nur zwei weitere Caches fehlen, bis wir die Finalkoordinaten zusammenhaben. Und falls tatsächlich jede Koordinate mit einem Mord verbunden ist, müssen wir uns beeilen, um dem Täter zuvorzukommen. Wir können nur hoffen, dass die Caches schon veröffentlicht und wirklich bereits platziert wurden und nicht erst in unmittelbarem Zusammenhang mit den Morden gelegt werden. Wie ist euer Cachername?«
Ingo zeigte auf seinen beeindruckenden Hund, der tatsächlich auf den Namen »Bärchen«
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