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Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde

Titel: Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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angeschaltet; allesamt kleine Leuchten, die nur schummriges Licht verbreiteten, aber trotzdem ausreichend waren. Seite an Seite hatten sie unter einer Decke im Bett gelegen, den nassen Schnee gegen die Scheibe klatschen gehört und sich von dem gleichmäßigen Geräusch einlullen lassen. Auch Anouschka wäre beinahe eingeschlafen. Als jedoch Neles Atem so ruhig geworden war, dass sie ihn nicht mehr hören konnte, war sie plötzlich wieder hellwach. An Schlaf war nicht mehr zu denken gewesen, also hatte sie sich leise aus dem Bett gestohlen, war durch die Wohnung getigert, hatte aus dem Fenster gesehen, sich davon überzeugt, dass ihre Bewacher noch da waren, und war schließlich auf der Couch gelandet.
    Aus Rücksicht auf Nele hatte sie den Fernseher nicht einschalten wollen. Also saß sie da und lauschte. Die Stille war tief. Im Krankenhaus hatte sie es in dieser Form nicht gegeben. Dort war auch in der Nacht eine stetige Geräuschkulisse normal gewesen; leise zwar, aber vorhanden.
    Die Stille in ihrer Wohnung ließ die Erinnerung an die Wartezeit in Murows Versteck aufleben. Anou begann zu zittern. Sie rollte sich wie ein Fötus zusammen und zog die Wolldecke eng um den Körper. Obwohl es nicht sein konnte, meinte sie, den widerlichen Geruch des Matratzenlagers riechen zu können.

    Würde sie das alles je wieder vergessen können?
    Nein, ganz sicher nicht, aber sie hatte dennoch die Hoffnung, die Erinnerung in einer Ecke ihres Verstandes deponieren zu können, die die allermeiste Zeit verschlossen bliebe. Doch das würde dauern. Bis es so weit war, würde sie sich zusammenreißen müssen. Auf Nele konnte sie sich verlassen, das wusste sie, dennoch wollte sie ihrer Freundin nicht zu viel abverlangen. Auf so viel Hilfe angewiesen zu sein fühlte sich irgendwie nicht gut an, es offenbarte ihr selbst ihre Verletzlichkeit und nagte nicht zu knapp an ihrem Verständnis von Unabhängigkeit. Natürlich war sie froh und dankbar, Nele an ihrer Seite zu haben, und irgendwann würde sie über alles mit ihr sprechen können. Sich zu offenbaren würde helfen, aber nicht in dem Ausmaß, wie Nele sich das anscheinend vorstellte. Damit Anouschka ihr inneres Gleichgewicht wiederfinden würde, dafür würde etwas ganz anderes nötig sein.
    Und sie wusste auch, was das war.
    Murows Tod. Dass sie den miterleben oder sogar selbst herbeiführen würde, war leider mehr als unwahrscheinlich. Ihre Chance hatte sie in den Katakomben vertan.
    In der Küche sprang der Motor des Kühlschranks an. Anouschka erschrak ob des leisen Geräusches. Erst als es zu einem Bestandteil der Stille wurde, konnte sie sich wieder entspannen.
    In ihrem Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander. Die Gedanken unter Kontrolle zu bringen war genau das, was sie am Einschlafen hinderte. Sie hatte während ihres Studiums mal gelesen, dass sich das Gedächtnis wie ein Schrank mit Schubladen organisieren ließ. Man musste sich nur vorstellen, wie man bestimmte Erinnerungen oder Empfindungen in eine Schublade steckte und diese fest verschloss.

    Als wenn das so einfach wäre!
    Wenn sie es versuchte, war die Schublade entweder schon voll, oder aber sie klemmte, ließ sich nicht schließen oder sprang sofort wieder auf. Auch waren ihre Gedanken so groß und sperrig, dass sie nicht in die engen Laden passen wollten.
    Es war zwecklos. Sie gab es auf.
    Um sich abzulenken stand Anouschka auf und schlich erneut durch die Wohnung. Ein Blick aus dem Fenster. Es hatte aufgehört zu schneien. Der Wagen stand noch auf dem Parkstreifen.
    Passt bloß gut auf, Jungs.
    Sie ging in die Küche, öffnete die Kühlschranktür und goss sich ein Glas Milch ein. An die Arbeitsplatte gelehnt trank sie in kleinen Schlucken. Währenddessen kristallisierte sich aus dem Gedankenwust in ihrem Kopf eine Frage heraus, die sie selbst erschreckte.
    Wie kann ich es bewerkstelligen, Karel Murow eigenhändig zu töten?
    Die Frage war konsequent – gleichzeitig war sie aber auch töricht und gefährlich. Sie durfte sie nicht weiterverfolgen, durfte es nicht dazu kommen lassen, dass ihre Rachegefühle zu viel Raum einnahmen.
    Verdammt, das tun sie doch bereits! Und ich will es so!
    Hatte sie da unten nicht geschworen, Tims Tod zu rächen?!
    Und war dies nicht die einzige Möglichkeit für sie, mit ihrem Leben weiterzumachen?
    Nele wird da niemals mitspielen.
    Nicht wenn sie so ehrlich war, ihr zu gestehen, dass sie Murow töten wollte. Wenn aber seine Verhaftung das Ziel war, nicht irgendwann, sondern

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