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Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde

Titel: Tief im Wald und unter der Erde - Winkelmann, A: Tief im Wald und unter der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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Tratschtante des Ortes, einfach jeden nach diesem Wagen. Vielleicht ist er noch jemandem aufgefallen, jemandem, der sich ein Kennzeichen merken kann.«
    »Das kann dauern.«
    »Sag du mir jetzt bitte nicht auch noch, dass wir keine Zeit haben.«
    »Wollte ich ja gar nicht. Ich hab mich nur gefragt, ob wir nicht zusätzlich noch ein paar Kollegen in Uniform damit losschicken sollten?«

    »Du weißt ja selbst, wie beliebt solche Arbeiten sind und wie sie deshalb durchgeführt werden. Nein, lass es uns selbst machen, dann haben wir wenigstens Gewissheit. Etwas anderes können wir im Augenblick sowieso nicht tun.«
    »Zusammen oder getrennt?«, fragte Anou.
    »Getrennt schaffen wir das Doppelte.«
    »Okay. Aber wir sehen uns dann heute Abend, ja!«
    »Genau, heute Abend.«
     
    Er lag zusammengekrümmt auf dem kalten, feuchten Boden und wartete. Anfangs auf den Tod, und als der nicht kam, darauf, dass er sich erholen würde. Nur ganz wenig Atemluft floss durch seine geschwollene Kehle, gerade genug, dass er nicht erstickte. In den ersten Sekunden nach dem heimtückischen Schlag hatte er überhaupt keine Luft bekommen, und in dieser Zeit war er sich sicher gewesen, hier unten zu sterben. Ein friedliches Gefühl hatte ihn dabei erfüllt. Einzig von dem Bedauern darum getrübt, dass er die dunkle Schönheit nun nicht mehr bekommen würde. Insofern war sein Plan, sie sich nicht zu holen, bevor er mit der anderen nicht fertig war, falsch gewesen. Aber die Minuten verrannen, und er starb nicht. Das friedliche Gefühl verschwand, machte Schmerz und Wut Platz.
    Diese Schlampe, diese gottverdammte Schlampe!
    Er hätte es doch besser wissen müssen. Niemals durfte er einer Frau trauen. Wieso war er wieder auf ihre Beteuerung hereingefallen, wo das Leben ihn doch bereits gelehrt hatte, wie heimtückisch sie waren. Für seine Dummheit hätte er es verdient gehabt, durch diesen Schlag zu sterben.
    Aber sie war schwach gewesen, hatte nicht weit ausholen können und seinen Kehlkopf zudem nicht richtig getroffen. Er hatte den Schlag nicht kommen sehen, aber im letzten
Moment etwas geahnt und es gerade noch geschafft, den Kopf ein wenig zu drehen. Möglich, dass ihm dieser Zentimeter das Leben gerettet hatte.
    Es spielte keine Rolle. Nicht mehr lange, dann würde er sich so weit erholt haben, dass er sie verfolgen konnte. Er hatte keine Eile, denn es bestand nicht die Gefahr, dass sie hier herausfand. Sie hatte ihre Chance nicht genutzt, nicht kräftig genug zugeschlagen, war danach weggelaufen, statt sich eines seiner Werkzeuge zu nehmen und zu Ende zu bringen, was sie begonnen hatte. Er würde keine Gnade kennen, würde ihr genau das antun, was er ihr prophezeit hatte.
    Sein Hals schmerzte entsetzlich, vielleicht würde er nie wieder richtig sprechen können, vielleicht würde er sich die nächste Zeit von Flüssigkeiten ernähren müssen. All das war aber nichts im Vergleich zu dem, was er in seinem Leben bereits durchgestanden hatte. Schmerz war immer ein Bestandteil seines Lebens gewesen. Er würde dies hier überstehen, würde die Schlampe finden und sie vernichten. Und dann würde er sich die dunkle Schönheit holen, die ihn wie keine andere Frau zuvor in ihren Bann gezogen hatte.
    Seine Fantasie half ihm, die Zeit zu überbrücken, bis sein Körper wieder einsatzbereit war. Die Minuten verstrichen, während er auf dem kalten Boden lag, flach atmete und sich abermals die dunkle Polizistin in seinen Ketten vorstellte. In Öl getränkt, duftend, voller Angst um ihr Leben …
    Irgendwann konnte er wieder normal atmen. Er stand auf, legte den Dildo ab und zog sich an. Die Kehle schmerzte zwar noch, und sprechen würde er nicht können, aber das war auch nicht nötig, um sich die alte Hexe zu holen, die sicher völlig verängstigt durch sein unterirdisches Labyrinth
irrte. Ein Lächeln umspielte seine vollen Lippen, als er sich seinem Werkzeugtisch näherte und die längste aller Klingen nahm. Alle Schneiden waren von ihm selbst geschärft worden, sie schnitten ebenso mühelos durch festes Muskelfleisch wie durch ein Blatt Papier.
    Mit diesem Schlachterwerkzeug in der rechten Hand und einer um den Kopf geschnallten Stirnlampe ging er los. Er hätte den Weg ohne weiteres auch im Dunkeln gefunden, wollte es aber so schnell wie möglich hinter sich bringen. Für die Suche benutzte er seine Nase. Er hatte sie mit seinem Öl eingerieben, und den Duft, den sie verströmte, würde er jederzeit und überall herausfiltern können. Schnuppernd

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